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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
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Palast. Was dort mit ihr
geschieht, weiß niemand. Wir sollten uns nun die Frage stellen, ob
Balderia von uns erwartet, dass wir uns um sie kümmern oder nicht.“
    Die Priester nickten bedächtig und Gordin, einer
beider Männer, erhob das Wort. Ausnahmsweise klang er zunächst
zögerlich.
    „Ein anderer Gedanke lässt mir keine Ruhe. Dieser
Leathan… Wie du weißt habe ich ihn bis zu den Gardisten begleitet, ich
habe gesehen, wie Balderia seinen Körper benutzt hat, um uns ihre
Botschaft zu vermitteln. Als er wieder er selbst war, konnte er sich an all die
Worte erinnern, die Balderia gesprochen hatte. Ich habe versucht, von ihm zu
erfahren, wie sich die Präsenz unserer Göttin angefühlt hat…
Wisst ihr, was er geantwortet hat?“
    Natürlich wusste es keiner, da er noch nie
erwähnt hatte, dass er es gewagt hatte, denjenigen zu befragen, der die
Göttin in sich empfangen hatte. Er fuhr fort in dem Wissen, die volle
Aufmerksamkeit seiner Zuhörer zu genießen.
    „Er sagte, es gäbe keine Worte, die das Gefühl
beschreiben konnten. Er sagte, er hätte sogar den Versuch einer
Beschreibung als lästerlich empfunden! Solche Worte, kann nur jemand
aussprechen, der Balderia zutiefst verehrt… Ich habe ihn auch gefragt, weshalb
Anthalion ihn zu sich befohlen hat. Und wisst ihr was?“
    Inzwischen fühlten alle, wie die Erzählweise
Gordins zutiefst an ihren Nerven zerrte, doch sie waren zu begierig seine
Geschichte zu hören, um sich ihre Ungeduld anmerken zu lassen. Sie
schüttelten wie von ihnen erwartet wurde verneinend den Kopf, damit er
endlich die Antwort auf seine eigene Frage verriet. Seine Stimme wurde leiser,
er beugte sich vor, als seien seine Worte laut ausgesprochen etwas
Gefährliches.
    „Er hat versucht Anthalion zu töten.“
    Nun lehnte sich Gordin zurück, zufrieden über
die Wirkung seiner Worte, die sogar die Hohepriesterin Lilldaye verstummen
ließ. Minuten verstrichen und es waren wahrscheinlich die längsten
Minuten, die in diesem Tempel jemals verstrichen waren. Lilldaye schenkte sich
ein Glas Wasser ein und nippte mehrmals daran, ehe sie endlich die Stille
durchbrach, mit einem verzweifelt klingenden Versuch die Situation
zusammenzufassen, um sie besser zu verstehen.
    „Anthalion ist unser Hohepriester, Balderias Bruder… Er
ist das wahre Oberhaupt unseres Tempels, ich nur seine Stellvertreterin… Auch
wenn ich befugt bin, denselben Titel zu tragen, wissen wir alle, wie es um die
Lebenserwartung der Hohepriester in Anthalia steht… Anthalion war es, der mich
auf diesem Altar zur Hohepriesterin erwählt hat, er wird es sein, der bei
meiner ersten Verfehlung, ohne zu zögern, mein Urteil fällen wird…
Und doch können wir nicht ignorieren, dass unsere Göttin in dem
Körper des Mannes erschienen ist, der nach seinem Leben trachtete… Um uns
zu sagen, dass Anthalia einen neuen Weg einschlagen muss…“ Ein Schauder
erfasste sie… Sie hatte in den wenigen Jahren als Hohepriesterin, schon
mehrmals um ihr Leben gebangt und vieles erleiden müssen. Ihre Priester
wussten es und sie wussten auch, um die prekäre Lage ihrer geliebten
Lilldaye.
    Besira, die jüngste der Priesterinnen doch auch die
furchtloseste, brach die Stille. Sie vervollständigte Lilldayes
Ausführung.
    „Den Weg der Liebe sollen wir einschlagen. Liebe die
unserem Volk dient und unseren Feinden vergibt. Liebe, die den Hass
bekämpft, der sinnlos Leben in Anthalia auslöscht… Balderias
Botschaft ist eindeutig. Anthalion ist auf einem Irrweg… Unsere Aufgabe ist, es
ihm zu sagen, denn hätte er auf Balderia gehört, hätte sie sich
nicht an uns und an das Volk gewandt, um uns zu bestärken.“
    Lilldaye zuckte erschrocken zusammen, obwohl Besira nur
ausgesprochen hatte, was sie alle bereits wussten.
    „Wie sollen wir das bloß durchstehen…“
    Ihre Frage war keine, sie war nur der Ausdruck ihrer
Verzweiflung. Sie, als Hohepriesterin, würde das Leid tragen müssen,
obwohl Balderia sie nicht für würdig gehalten hatte, ihr zu
erscheinen.
    *
    Stunden waren verstrichen, als Lilldaye aus dem Tempel
trat. Fackeln erhellten sowohl die Innenräume des Gebäudes als auch
den Weg durch den Park hinaus zu den anderen Tempelanlagen. Lilldaye freute
sich, einige Schritte alleine machen zu dürfen. Sie ließ sich Zeit,
als sie auf dem sandigen Weg zwischen den Lavendelpflanzen die Richtung zum
Außentor einschlug.
    Sie hatten soeben gemeinsam eine Entscheidung getroffen,
die unumkehrbar war. Sie hatten Balderia gerufen, obwohl

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