Die Quelle
Gewand der
Stadtwache.“
„Ja. Doch dies ist nun vorbei, oder?“
Mayendrik nickte zustimmend. „Wir müssen weg… Lass
uns zu Iridiens Tempel gehen.“
„Nein...“, widersprach Terian ohne zu zögern, obwohl
er kurz zuvor noch Mayendrik einen Herrn genannt hatte. „...Jeder hat dich
gesehen, dort werden sie als erstes nach uns suchen. Wir müssen zum
Händlerviertel oder zum Bettlerviertel. Lilldaye hat viele Freunde dort.“
Er sah zu Lilldayes nacktem Körper herab. „Wir brauchen Kleidung.“
Mayendrik musste dem Jungen zustimmen und sogar sein Leibwächter
schien Terian als Befehlshabenden anzusehen. „Wartet hier, ich besorge etwas
aus dem Tempel, nach mir sucht vermutlich niemand.“
Terian sah zu dem kräftigen Mann, der sich ihnen unverhofft
angeschlossen hatte.
„Wie ist dein Name?“, fragte Terian.
„Jiardil.“
„Jiardil, wir sind zusammen aus Balderias Tempelanlage
geflohen, auch du wirst gesucht.“
Bitter lächelte der Leibwächter. „Nein, niemand
beachtet einen Leibwächter.“
Er verschwand mit diesen Worten und Terian blieb alleine
mit Mayendrik und der bewusstlosen Lilldaye zurück. Ohne sich abgesprochen
zu haben, zogen beide ihre Tuniken aus, um zumindest etwas von Lilldayes
Blöße zu bedecken.
„Traust du ihm?“, wollte Terian wissen.
„Ich denke schon, weshalb hätte er sich sonst den
Gefahren ausliefern sollen?“ Mayendrik dachte kurz über seine Antwort
nach. Verrat hatte viele Gesichter, seine Antwort befriedigte nicht mal ihn
selbst. „Haben wir eine andere Wahl, als ihm zu trauen?“, fügte er hinzu.
Sie hatten keine Zeit, länger darüber
nachzudenken, denn etwas raschelte in den Büschen. Terian hielt sein
Schwert bereit, auch als er Jiardils Stimme hörte.
„Ich bin’s, Jiardil.“
Ein Ast wurde bei Seite geschoben und Jiardil erstarrte
kurz als er Terians Schwert auf seine Brust gerichtet sah. In seinen Armen
hielt er ein Bündel und Terian senkte verlegen seine Waffe. Jiardil nickte
verständnisvoll und ließ das Bündel zu Boden fallen. Es
öffnete sich und offenbarte Kleidung. „Misstrauen hat auch mir schon oft
das Leben gerettet.“, bemerkte er und die Angelegenheit schien für ihn
erledigt zu sein.
Mayendrik verspürte etwas Unbehagen, als sein schlechtes
Gewissen sich meldete. Wie hatte er seinem eigenen Leibwächter in der
Vergangenheit so wenig Beachtung schenken können? Nicht einmal seinen
Namen hatte er bis zum heutigen Tage gekannt… Er musterte die Gewänder,
die Jiardil gebracht hatte und nun wusste er, weshalb sein Leibwächter so
rasch zurückgekehrt war. Er hatte einem wahrscheinlich toten Soldaten die
Kleidung entwendet.
„Damit kann Terian rasch die Brücken passieren. Er
braucht nur vorzugeben, einen verletzten Kollegen zur Heilstätte ins Händlerviertel
bringen zu wollen.“
Mayendrik entfaltete die Gewänder und begann damit
Lilldaye einzukleiden, während beide anderen Männer sich respektvoll
abwandten.
Terian dachte laut über Jiardils Plan nach. „Das
wird uns keiner glauben. In jedem Tempel hier gibt es eine Heilstätte.
Verletzte könnte man überall hier behandeln lassen.“
„Nein, jetzt nicht mehr. Hier wird in jeder Straße
und in jedem Tempel gekämpft.“
Mayendrik hielt erschrocken inne. „Das kann doch nicht
sein!“
„Leider doch, mein Herr. Das Tempelviertel brennt.
Soldaten sind ausgerückt und die Gardisten haben Stellung auf den
Palastbrücken eingenommen. Ich glaube nicht, dass es noch lange dauert,
bis die gesamte Stadt sich anstecken lässt.“
Mayendrik war froh, dass er schon auf dem Boden saß,
denn seine Kraft hätte ihn jetzt verlassen.
„…das ist unsere Schuld…“
Jiardil antwortete bestimmt und widersprach ihm. Die
Zeiten waren vorbei, wo er eine Aufforderung seines Herrn abwarten musste, um
sprechen zu dürfen und das wusste er anscheinend auch.
„Nein Herr. Die Schuld trägt derjenige, der Lilldaye
auf diese Art und Weise hinrichten lassen wollte und das warst sicherlich nicht
du.“
„Aber verhindern konnte auch ich es nicht… und deshalb
werden viele Menschen sterben.“
Er sah voller Zärtlichkeit auf den geschundenen,
halb angezogenen Körper Lilldayes und erst jetzt bemerkte er, dass sie
wach war und zugehört hatte. Sie hatte Tränen in den Augen, doch
lächelte sie schwach. Ihre Stimme war kaum ein Flüstern.
„Die Götter haben entschieden. Wie könnten wir
da von Schuld sprechen?“
Kapitel 14
Wie lange er schon wach war, wusste Leathan nicht,
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