Die Quelle
ihr den Krieg
verliert. Ich möchte, dass durch uns euer König eine zusätzliche
Überlebenschance erhält und einen Weg findet, seinen Fluch
aufzuheben, um eines Tages Ker-Deijas wieder zu neuem Glanz zu führen.“
Ungläubig schüttelte Mehana den Kopf. „Wenn wir
siegen, ist dein Volk in unserer Stadt willkommen. Wenn wir jedoch verlieren,
wird die Quelle versiegen und ohne ihre Macht werden wir uns nicht wehren
können. Auch wenn unser König dank der Erinnerungen, die dein Kind in
sich tragen würde, überleben kann, was soll er ohne Volk und ohne die
Macht der Quelle in dieser Welt noch ausrichten? Das Volk der Baseff
könnte mit deiner und Krials Hilfe unser Gedankengut weiter tragen. Das
wäre uns eine Ehre. Doch bitte versuche nicht, unsere Bürde und unseren
Fluch mit uns zu teilen.“
„Das schöne an deinem Volk ist, dass ihr nichts
befehlt, sondern nur wünscht. Ich werde deinen Wunsch nicht erfüllen.
Ich werde meinem Instinkt gehorchen und nach Ker-Deijas gehen. Mein Kind wird
dort geboren werden, wo auch sein Vater geboren wurde. Danach wird Krial sich
unser annehmen und wir werden mein Kind in Sicherheit bringen.“
Mehana blickte wieder in die Ferne. „Esseldans Sohn
sollte nicht unbedingt Esseldans Schicksal folgen. Ich kann darin nichts
Schönes sehen.“
Ethira legte eine Hand auf Mehanas Schulter.
„Dann schließ die Augen und deinen Geist. Hör
endlich auf, dich selbst mit Visionen zu strafen.“
*
Die Boten kamen gleichzeitig an.
Einer von ihnen war durch die Sümpfe bis zu
Isentiens Lager gelangt, doch was er vorfand, hatte er nicht erwartet.
Nur wenige alte Männer und Frauen bewohnten noch
Anthalions Sumpfgebiete. Isentien war dennoch bereit, seinen Treueschwur
gegenüber Anthalion einzuhalten. Er hatte seine Aufgabe angenommen, ohne
auch nur einen einzigen Augenblick lang zu zögern. Mit der Handvoll alter
Krieger die zu ihm gehalten hatten, als Sihldan sich von seinem Clan getrennt
hatte, postierte sich der Clananführer an der Bergflanke, die zum Meer
führte. Hier wollte er warten. Er hatte dem Boten Anthalias sein Wort
gegeben. Das Wort eines Nomadenanführers. Isentien wollte jeden
töten, der versuchen würde, über den Weg entlang der Küste
aus dem Gebiet von Ker-Deijas zu fliehen. Der Bote hatte vor seiner Abreise
Isentiens Befehl an seine Krieger gehört.
„Falls mein Verrätersohn unter den Flüchtlingen
zu finden ist, überlasst ihn mir. Ich möchte eigenhändig den
Pfeil abschießen, der seinem Verrat ein Ende setzt.“
Der zweite Bote war durch die Weiten der Prärie
geritten und hatte Sulidians Lager ausfindig gemacht. Auch Sulidian hatte
seinen Treueschwur wiederholt und kaum da er die Botschaft aus Anthalia
bekommen hatte, seine Krieger zusammengerufen und sie angewiesen, sich auf den
Krieg einzustellen. Zufrieden war auch dieser Bote, als er abreiste. Er
bemerkte nicht den nachdenklichen Blick Sulidians, der ihm zusah, wie er am
Horizont verschwand. Er bemerkte nicht, wie Sulidians Krieger sich um ihren
Anführer versammelten und nun, da der Spion aus Anthalia nicht mehr unter
ihnen war, zu jubeln aufgehört hatten und zu trauern begannen.
Nicht einmal ein Jahr war vergangen, seit Sulidians Clan
als Sieger des Turniers Anthalia verlassen hatte. Sulidian konnte sich noch
genau an den Freudentaumel erinnern, der seinen Clan damals erfasst hatte. Wie
fern dieser Tag jetzt schien! Nicht einmal ein vollständiges Jahr des
Friedens war seinem Clan gegönnt! Einige seiner jüngeren Krieger
hatten zum ersten Mal erfahren dürfen, was es hieß zu leben, ohne
ständig um den Tod geliebter Menschen trauern zu müssen, ohne
ständig um das eigene Leben fürchten zu müssen.
*
Sulidian ritt über die Prärie, an seiner Seite
seine Krieger, hinter ihnen die vierhundert Mann starke Armee Anthalias. Sie
waren auf dem Weg zum Pass, der angeblich zur legendären Stadt Namens Ker-Deijas
führte. Sulidians Krieger sollten einmal mehr als Vorhut dienen, einmal
mehr die größten Verluste erleiden. Hatte er die gefährlichen
Gebiete im Osten und ihre Fronten verlassen dürfen, nur um jetzt seine
Krieger einem noch mächtigeren Gegner auszuliefern, den Hexern von
Ker-Deijas?
Er musste an Leathan denken.
Wenn alle so mächtig waren wie er, dann würde
eine Handvoll von ihnen ausreichen, um sowohl Anthalions Armee als auch seine
Krieger auszulöschen. Er hatte eine Woche Zeit, um sich zu überlegen,
auf welche Seite er seine Männer stellen wollte. Inzwischen ritt er
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