Die Quelle
seinen wankelmütigen Herrscher zu warten... wie
so oft.
*
Anthalion war im Kerker und betrachtete einmal mehr
Leathan. Loodera stand bei ihm und versuchte offensichtlich den grauenvollen
Anblick zu verdrängen. Nicht einmal genau angesehen hatte sie Leathans
schlaffen, abgemagerten Körper. Anthalion legte seine Hand auf ihren
Nacken und sie lächelte ihn blass an, vermutlich missverstand sie seine
Geste als Trostversuch.
„Können wir nicht zumindest seine Schmerzen
lindern?“
Anthalion spielte ihr Mitleid vor.
„Nicht wenn unser Plan gelingen soll. Wir brauchen die Hilfe
der Kinder der Quelle und die werden sie uns vielleicht gewähren, wenn sie
Leathan, einen von ihresgleichen, leiden sehen.“
Loodera seufzte und fügte sich einmal mehr. Ihr
blieb nichts anderes übrig, als die Situation zu akzeptieren, wie sie war.
Anthalion hatte ihr erklärt, dass das Tor zwischen den Ebenen nicht sein
durfte und die Macht der Quelle den göttlichen Ebenen vorbehaltet sein
sollte. Die Kinder der Quelle verwendeten als Fenster zur materiellen Ebene,
was nicht sein durfte, und durch ihre Anwesenheit, bestärkten sie das Tor.
Das Gefüge des Universums wurde gestört.... lang hatte Anthalion ihr
eklärt, wie die Zeremonie verlaufen musste, um am Ende zu bewirken, dass
das Tor zur Quelle endlich geschlossen werden konnte. Von allen Ebenen gleichzeitig
musste die Energie umgelietet werden: von den Existenzebenen der Kinder der
Quelle, von denen der Götter und von der materiellen Ebene, in der die
Menschen lebten.
Die Götter waren bereit, immerhin warteten sie bereits
seit Jahrtausenden darauf, dies endlich zu vollziehen.
Die materielle Ebene, in der sie sich befanden, würde
von Anthalion selbst geschlossen werden.
Die Ebene der Kinder der Quelle konnten sie jedoch nicht
erreichen.
Ursprünglich hatte Anthalion vor, die
Gleichgültigkeit dieser geisterhafte Wesen mit dem Leid von Sterblichen zu
durchbrechen, doch nun hatte er eines von ihnen, um sie zu erpressen und
für Loodera war klar, dass Anthalion die Wahl zwischen dem Leid Leathans
oder dem Leid unzähliger Menschen hatte.
Leathan spürte nur undeutlich, wie sein Körper
weggetragen wurde. Er nahm seine Umgebung kaum wahr. Seine Augen blieben
geschlossen und er versuchte, sich dem süßen Vergessen des Wahns
hinzugeben. Er hatte es aufgegeben, auf Hilfe zu hoffen. Er hatte während
der unerträglichen Augenblicke des Bewusstseins versucht, Balderia um
Hilfe anzuflehen und auch darauf gehofft, dass König Leathan ihn
erspüren würde, und seinem Leid ein Ende setzen könnte. Er hatte
sogar in seinem anfänglichen Wahn nach Giorgio gerufen.
Irgendjemand, irgendetwas…
Er brauchte Hilfe…
Nun da sein Körper reglos in dem kleinen Boot lag,
das ihn an Land bringen sollte, offenbarte Anthalion ihm wieder für einige
Augenblicke seine Gedankenwelt. Das Leid verschwand für diesen kurzen
Moment... Leathan konnte durch den trüben Schleier des Wahns, in dem sein
Geist sich verborgen hatte, Anthalions Gedanken lesen. Er tat es jedoch erst,
als Anthalion ihm regelrecht seine Gedanken auferzwang...
Durch die Augen des Gottes sah er Loodera. Er konnte
sogar ihre Gedanken lesen, ihr Mitleid spüren, dem sie jedoch niemals
nachgeben würde. Zu sicher war sie sich, das Richtige zu tun, zu sehr
hatte sie ihr Gedankengut an Anthalions Grausamkeit angepasst.
Selbstzufrieden war Anthalion, als er Leathan abermals
offenbarte, welches Schicksal er für ihn bereithielt. Leathan wusste, dass
nun, da der Gott ihm alles Wissen offenbart hatte, womit er Leathan
zusätzlich quälen konnte, er ihn erneut in seine sterbende Hülle
zurückschicken würde... Gleich würde die Welt des Leidens auf
ihn einprallen... Leathan hatte Angst, unvorstellbare Angst... und er
verabscheute seinen Peiniger, er hasste ihn, wie er nicht gedacht hatte, hassen
zu können.
Leathans Prioritäten hatten sich geändert.
Er dachte nicht mehr daran, die Welt oder die Quelle oder
das Volk der Wächter zu retten, er dachte nicht mehr daran, sich mit dem
König zu vereinen, er hatte sogar jede Hoffnung auf den erlösenden
Tod verloren. Nur noch ein Gedanke kristallisierte sich in ihm.
Rache.
Trotz der Drogen und seiner Schwäche, vermochte
dieser einzige Gedanke Leathans Geist zu erwecken: Macht stömte in ihn,
ohne dass er sie rufen musste: Die Quelle kam ihrem Kind entgegen...
Als Anthalion sich bereits darauf freute, Leathans Geist
abermals zurück in seinen gebrochenen Körper zu schicken,
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