Die Quelle
die Dusche kommst?“
Loodera musste lächeln. Natürlich wusste sie
das noch. Ein merkwürdiges Verhalten, wie sie fand. Leathan fuhr fort:
„Nun, da wo ich herkomme, nennt man das Privatsphäre. Ich glaube, das ist
der Grund, weshalb meine Gedanken sich automatisch verschließen. Ich
brauche Privatsphäre.“
Loodera konnte es ansatzweise verstehen. Sie hätte
auch nicht gewollt, dass Leathan all ihre Gedanken las. Vor allem nicht die,
die sie sich selbst nur zögerlich eingestehen mochte. Ihre wirre
Gefühlswelt war im Volk der Wächter etwas Verpöntes... Und dann
war da noch ihr Wunsch, Alienta wäre in diesen schweren Zeiten noch immer
der Regent: Sie hatte stets mehr Vertrauen in seine Fähigkeiten als in die
von Mehana gehabt…
Diesen Wunsch musste sie tief in sich verbergen.
„Ich glaube, ich verstehe, was du meinst.“, gab Loodera
schließlich zu. „Du solltest aber wissen, dass ich es eigentlich nicht
verstehen dürfte. Seine Gedanken nicht vollständig öffnen zu
wollen oder Geheimnisse zu haben, betrachten wir als den ersten Schritt zum
Verrat. Wir sind alle ein Volk, eine Einheit. Das ist es, was uns stark macht.
Wenn wir sprechen, schotten wir alles ab, um eine deutliche telepathische
Verbindung herzustellen, aber danach, öffnen wir unsere Gedanken wieder
vollständig oder zumindest fast. Wir akzeptieren, dass jemand
vorläufig seine Gedanken alleine ausreifen lassen möchte, selbst
über etwas nachdenken möchte. Aber wir akzeptieren nicht, dass er sie
niemals teilt. Mehana hat gerade ihre Gedanken vollständig abgeschottet.
Ich weiß nicht, was für ein Problem sie zu lösen hat. Wenn sie
jedoch mit ihren Überlegungen zu einem Schluss gekommen ist, wird sie sich
wieder öffnen. Wir sind ein Wir, kein Ich.“
Leathan hatte nicht nur die Worte gehört, sondern
auch die Gedanken und Gefühle dazu gelesen, so wie es hier der Art der
Kommunikation entsprach, so wie Leathan es von Serfajs Erinnerungen gelernt
hatte und so wie Loodera es gerade erklärt hatte…
Doch etwas lief hier anscheinend völlig falsch.
Loodera hatte mehr Privatsphäre zu verbergen, als es
eigentlich erlaubt war. Loodera glaubte auch an ein Ich, obwohl sie das
Gegenteil behauptete. Sie litt darunter und vermochte es nicht, ihr Leiden zu
verbergen.
„Das klingt alles sehr harmonisch, aber du glaubst selbst
nicht wirklich daran, oder? Du kannst nicht nur verstehen, was es heißt,
Privatsphäre zu brauchen, du lebst es.“
Loodera erschrak. Sie hatte zu viel offenbart. Sie hatte
ihre verräterischen Gedanken mitgeteilt! Leathan versuchte mitfühlend
zu klingen, doch was dachte er nun wirklich über sie?
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass du die einzige bist,
die so denkt. Was hier anscheinend Gesetz ist, ist unnatürlich. Denk nicht
mehr daran, es könnte ja noch jemand außer mir in dir lesen wollen.“
Loodera konnte kaum fassen, was er gesagt hatte. „Du
wirst es nicht weiter erzählen?“
Mit einem Lachen antwortete Leathan und er fühlte
sich dabei mehr wie Lisa. „Natürlich nicht! Wozu hat man Freunde? Ich kann
Geheimnisse für mich behalten. Aber du solltest es auch schnell lernen.“
Beide schwiegen für einige Augenblicke. Die Stille
nutzte Leathan, um die Stadt zu betrachten. Selten hatte er sich irgendwo so
heimisch gefühlt. Er sah die Berge im Hintergrund und hatte fast das
Gefühl, ein Teil der Landschaft zu sein. Nun musste er sich nur noch daran
gewöhnen, Leathan zu sein. Ein Mann. Er musste über seine eigenen
Gedanken lächeln. Loodera sah ihn fragend an und er erklärte sich
bereitwillig.
„In eurer Welt fühle ich mich heimisch, aber nicht
in diesem Körper. Ich musste nur darüber lächeln, dass ich mich
der Landschaft näher fühle als meinem eigenen Körper.“
Loodera dachte kurz nach.
„Vielleicht hast du schon irgendwann hier gelebt?“
Leathan nickte. Dessen war er sich sicher. Ob er schon
jemals in einem männlichen Körper gelebt hatte, bezweifelte er
jedoch. Um diese Aufgabe zu bewältigen, musste er sich an Serfajs
Erinnerungen klammern. Im Grunde war auch das recht einfach.
Alles erstaunlich einfach…
Kapitel 12
Mehana wusste, dass Loodera mit Serfaj im Garten des
Refektoriums war. Sie hätte sich gerne dazu gesellt, um Loodera nicht
alleine mit der Last des ersten Gespräches zu lassen. Sie hatte jedoch
keine Zeit, sich darum zu kümmern, sie hatte nicht einmal Zeit, sich kurz
dorthin zu denken, um die Gedanken der beiden zu erfassen.
Ihre Armee war nun
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