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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
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versammelt. Sie stand stumm vor ihr,
in Lederrüstung unter den Gewändern, die Schwerter bereit zu
töten. Die Gedanken, die Mehana aus den Reihen ihrer Krieger ertappte,
wirkten trotz der kampfbereiten Haltung ein wenig verunsichert. Natürlich
würden sie ihre Waffen gegen ihre Feinde ziehen, doch wenn die Feinde im
eigenen Volk zu suchen waren, war diese Aufgabe nicht mehr so leicht zu
erfüllen. Das Zögern der Krieger war verständlich, doch musste
es rasch überwunden werden.
    Mehana hatte über den großen Saal in dem sie
sich versammelt hatten, einen magischen Schleier geworfen. Durch den ansonsten
stillen Saal hallte die leise Melodie, die sie gewoben hatte, um den Schutz zu
bilden, der sie wie eine unsichtbare Mauer umgab. Kein Gedanke konnte diesen
Raum verlassen oder hineinkommen.
    Sie waren vollständig abgeschottet. Mehanas Blick
blieb kurz auf Galtiria hängen. Die junge Kriegerin stand in der ersten
Reihe und hielt ihre Gedanken offen. Sie ahnte, dass nicht nur der Blick der
Regentin über die Krieger schweifte, sondern auch ihr Geist die Gedanken
der Versammelten zu erforschen begann. Mehana war dankbar, die Bereitschaft
Galtirias zu spüren, sie mit all ihren Kräften zu unterstützen.
Galtiria war zwar in den unteren militärischen Rängen, doch ihre
magische Kraft war stark und Mehana genoss es, sie in ihrer Nähe zu
wissen. Die Regentin warf einen Blick zur großen, noch offenen Tür
des Saals und hob eine Hand, um ihre Energie auf das glatte Holz zu richten.
Sie erspürte die einzelnen Fasern des warmen Materials, ließ ein
wenig ihrer Energie hineinfließen und zog sie Kraft ihrer Gedanken leise
zu. Dann erst widmete sie sich Esseldan, der in den hinteren Reihen auf dieses
Zeichen gewartet hatte. Er ging an seinen Kriegern vorbei, um sich neben sie zu
stellen.
     
    Esseldan, der Anführer ihrer Armee war nicht viel
jünger als sie, vielleicht um zehn Jahre, doch sein Alter hatte ihn
keineswegs geschwächt. Seine Narben trug er mit Stolz und seine Erfahrung
im Kampf hatte ihn nur noch stärker gemacht. Er hatte bereits seine
Pflicht unter der Regentschaft von Alienta erfüllt, doch Mehana hoffte,
seine Treue nicht in Frage stellen zu müssen. So wie sie ihn
einschätzte, würde er immer nur seinem Volk dienen, unbeachtet
dessen, wer die Befehlsgewalt trug. In seinen Gedanken las sie, wie auch ihm
missfiel, die Feinde innerhalb der Mauern ihrer Stadt suchen zu müssen,
denn wenn es Feinde in den eigenen Reihen gab, bedeutete es für ihn, dass
der Feind an Macht gewonnen hatte. Von allen beobachtet, wandten sich beide
zueinander.
    „Bist du bereit, Esseldan, Anführer unserer Armee?“,
hallte Mehanas Stimme laut durch den Saal.
    Nur mit einem Nicken antwortete er, mehr war nicht
notwendig. Mehana und er standen sich gegenüber, ihre Blicke wurden
trübe, während beide ihre Gedanken ineinander tauchten. Mehana
tastete sich in den Geist des Kriegers hinein und sie spürte, wie Esseldan
es ihr gleich tat. Tief drang sie in seinen Geist ein, um jedes Detail zu
erforschen. Sein Leben wurde ihr offenbart, jeder seiner Gedanken wurde
für einen kurzen Augenblick zu den ihren, ehe sie ihn verwerfen konnte. Es
war anstrengend, einen fremden Geist vollständig zu erforschen, doch unter
solchen Bedingungen war es erforderlich, einen nach dem anderen jeden Menschen
ihres Volkes genau zu überprüfen, um jeden noch so geringen Verdacht
ausräumen zu können. Sie empfand es als selbstverständlich, bei
sich selbst und Esseldan zu beginnen. Als ihre Anführer, mussten sie beide
den Kriegern ihres Volkes zu erkennen geben, dass auch sie sich in Frage
stellten. Nur so konnten sie das weitere Vorgehen rechtfertigen. Mehana
spürte, wie auch ihr Leben vollständig entblößt wurde und
sie, von Esseldan sorgfältig betrachtet, die Prüfung bestand.
    Beide entspannten sich nach langen Augenblicken und
nickten sich zustimmend zu, um den beobachtenden Kriegern den Erfolg der
Prüfung, der sie sich unterzogen hatten, zu bestätigen. Es war nicht
das erste Mal, dass Mehana diese vollständige Offenbarung ihrer Gedanken über
sich ergehen ließ, doch wie es stets danach der Fall war, musste sie
einen Augenblick lang gegen das Gefühl der Erniedrigung ankämpfen.
Sie wusste, es würde den meisten Kriegern in diesem Saal gleich ebenso
ergehen und sie bedauerte es, dennoch diese Prüfung anordnen zu
müssen. Sie bewunderte die Integrität Esseldans, die sie gerade zu
Gesicht bekommen hatte, doch vor allem seine

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