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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
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er aus der Dusche herauskam und sie warm anlächelte. Sein Blick, sein
Gang, seine Körperhaltung… Die Dusche hatte Wunder vollbracht und sie
ertappte sich bei dem Gedanke, diesen Serfaj weitaus anziehender zu finden, als
den doch leicht überheblichen Krieger und Beschwörer, der zuvor in
diesem Körper gewesen war. Sie lächelte zurück und
überdachte etwas beschämt, was der Fremde zuvor gesagt hatte.
    Er war weiblich gewesen!
    Loodera tadelte sich selbst für den unpassenden
Gedanken, der in ihr aufgeflackert war. Es war definitiv auch ein Vorteil, dass
er keine Gedanken lesen konnte oder wollte!
    Loodera hätte lieber Stille gewahrt, als sie an
seiner Seite entlang der Straßen in Richtung des Refektoriums ging, doch
der neue Serfaj atmete selbstbewusst und zufrieden durch, ehe er das Wort
ergriff und sie aus ihren Gedanken riss.
    „Ich habe eine Entscheidung getroffen. Ich möchte
einen neuen Namen. Die Gedanken, die ich von Serfaj geerbt habe, fühlen
sich fremd an. Ich würde nie solche Dinge denken, wie er… Ich kann aber
auch nicht einen meiner alten Namen verwenden, ich meine, Lisa oder Elena, das
sind Frauennamen! Ich möchte einen männlichen Namen, der mir dabei
hilft, meine Rolle anzunehmen, mich zu akzeptieren.“
    Zufrieden über die offensichtliche Veränderung
seines Gemüts, lächelte Loodera ihn an. „Du bist ein erstaunlicher
Mensch. Ich bin froh, dass ich dich schon so früh aus dem Schlaf geholt
habe. Einen Körper zu tauschen ist keine leichte Sache und doch nimmst du
es erstaunlich leicht. Hast du so etwas schon mal getan?“
     
    Die Erinnerungen von Elena waren es, die die Antwort auf
diese Frage am ehesten bieten konnten. Elena hatte Giorgio gebraucht, um zu
lernen, wie sie mit ihrem Körper, mit ihrer Existenz umzugehen hatte.
    „Etwas Ähnliches habe ich erlebt, aber den Grund
dafür habe ich nie verstanden. Das war damals viel schwieriger. In Serfajs
Erinnerungen sehe ich, dass ich hierher gerufen wurde, um etwas zu erledigen,
dann kann ich wieder zurück. Zurück in mein Leben als Lisa. Daher
scheint mir, dass es eher wie ein Abenteuer ist. Am Anfang, als ich geschlafen
habe, hatte ich ständig Angst davor, zu vergessen, wer ich bin… Das war
furchtbar und ich bin froh, dass ich jetzt wach bin. Inzwischen genieße
ich es fast, in diesem Körper zu sein… Ich würde jetzt nicht
unbedingt gleich zurück wollen…“
    Lisa konnte nicht aufhören zu sprechen, denn indem
sie ihre Gedanken formulierte, wurden sie klarer, greifbarer.
    „…Es ist eine sehr merkwürdige Erfahrung, in diesem
Körper… Ich versuche jetzt einfach meine Rolle zu spielen… Hast du schon
Vorschläge für einen neuen Namen, das würde helfen, nicht mehr
wie eine Lisa zu denken und endlich den Namen Serfaj abzulegen.“
     
    Loodera bog in eine kleinere Gasse ein, in der eine Reihe
von Treppen zum unteren Teil der Stadt führte. Sie ging nur langsam die
Stufen herunter, während sie überlegte. Sie hatte auch keine
große Sympathie für Serfaj gehabt, daher konnte sie Lisas Abneigung
gegen den Namen verstehen. Es stand ihr jedoch nicht zu, Namen zu geben, das
war eine Angelegenheit der Visionären, von der es derzeit nur einen gab:
Mehana… Vielleicht würde Mehana sie dafür rügen, denn obwohl sie
ihr Mut für die verantwortungsvolle Aufgabe gemacht hatte, Serfaj zu
betreuen, hatte in der Vergangenheit Mehana doch auch immer wieder harte Worte
für sie gefunden. Es schien, als ob sie es der Regentin nie recht machen
konnte. Ihre Bewunderung für Alienta, ihren Mangel an Macht oder an
Selbstbewusstsein… Vieles an ihr hatte Mehana gestört. Serfaj blieb neben
ihr am unteren Treppenabsatz plötzlich stehen und hielt sie an der
Schulter fest, um sie am Weitergehen zu hindern. Loodera zuckte bei der
Berührung kurz zusammen, doch sie hielt inne, um ihm zuzuhören.
    „Mütter sind immer so. Sie scheinen immer mehr von
einem zu erwarten, als man geben kann, dennoch lieben sie uns meistens
bedingungslos. Ich weiß, dass ihr versucht, Familienbande nicht entstehen
zu lassen, aber das finde ich falsch. Mehana ist deine Mutter und ich finde,
das solltest du wissen. Das ist die Erklärung für ihr Verhalten dir
gegenüber.“
    Loodera konnte nicht anders, als Serfaj ungläubig
anzustarren. Sie wusste nicht, worauf sie als erstes reagieren sollte. Mehana
war ihre Mutter… Das sollte bei ihrem Volk keine Bedeutung haben und doch
wusste sie, dass bei allen Völker über den Bergen Familien als etwas
Besonderes

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