Die Quelle
befand sich nur noch wenige Meter von Alienta
entfernt, als dieser plötzlich seine Hand ausstreckte und mit aller Macht,
die er zuvor aufgerufen hatte, eine Faust ballte.
Der Versuch Esseldans zur Seite zu springen scheiterte,
denn die Wucht der Energie Alientas hatte bereits ihr Ziel erreicht. Esseldan
spürte, wie sich sein Herz plötzlich zusammenzog, als gäbe es
nicht mehr genug Platz in seiner Brust, um ihm das Schlagen zu erlauben. Er
krümmte sich schmerzerfüllt und ließ seine Waffe fallen. Seine
Augen waren auf Alienta gerichtet, der noch immer seine geballte Faust in seine
Richtung hielt, als würde er trotz dieser Distanz sein Herz auspressen.
Esseldan konnte nichts anderes tun, als die wenige Macht, die er in diesem
Augenblick aufrufen konnte, auf sein Herz zu richten, um nicht sofort den Tod
zu finden.
Galtiria hatte diesen Schlag vorausgesehen. Sie ignorierte
ihre Sorge um Esseldan und ließ die Klänge, die sie aufgerufen hatte
ihr Ziel finden. Ihr Gegenschlag galt nicht Alienta direkt, denn sie wusste,
sie hatte keine Möglichkeit, den mächtigen Heiler zu besiegen. Ihre
geballte Macht galt dem Berg. Sie hatte lose Felsbrocken gesucht und gefunden.
Zufrieden lächelte sie, als sie spürte, wie die Kraft ihres Willens
die Steine vom Abhang löste. Ein lautes Donnern und ein Vibrieren des
Bodens ließ Alienta erkennen, was auf ihn zukam. Er musste sich rasch
entscheiden. Eine Bewegung und er würde Esseldans Herz wieder frei geben
müssen. Doch konnte er die Felsbrocken aufhalten? Konnte er die Felsen zu
Staub spalten, ehe sie ihn erschlugen? Galtiria konnte im Antlitz Alientas
seine rasenden Gedanken regelrecht sehen.
Die Zeit schien für einige Sekunden still zu stehen.
Das Donnern der Felsen wurde lauter und Alienta sprang
plötzlich zur Seite, gerade rechtzeitig, um den fallenden Steinmassen
auszuweichen. Der erste Felsen prallte auf den Boden und hinterließ darin
ein tiefes Loch. Galtiria lachte laut, als sie noch mehr Macht in sich rief,
denn Alienta rannte los und würde so den Kontakt zu seiner Energie verlieren
und keine Möglichkeit mehr finden, sich zu wehren. Natürlich
würde er versuchen, etwas Macht in sich aufzurufen, doch viel
Konzentration würde er während der Flucht nicht aufbringen
können.
Galtirias Blick galt ihm allein. Sie hätte ihm
nachlaufen können, doch sie dachte nicht daran. Sie würde ihn mit
Magie besiegen können, ihn dadurch in seiner Niederlage erniedrigen, ihn,
Alienta, der Esseldan hatte töten wollen.
Sie hob langsam ihre Hand.
Vor Anstrengung perlte Schweiß von ihrer Stirn. Sie
hatte eine günstige Stelle gefunden… Weiche Erde, Wurzeln… die ideale
Kombination…
Sie verschmolz mit der Erde… Sie ließ ihren Willen
darin aufgehen und lächelte zufrieden, als eine neuerliche Woge der Macht
bereit war, ihren Gedanken zu folgen. Der Boden bäumte sich auf…
Natürlich würde Alienta hören, wie die
Klänge aus Galtirias Geist geboren, um ihn herum hallten. Doch was sie
vorhatte, konnte er unmöglich ahnen. Nur wenig Macht würde er in sich
tragen, würde sie für eine Abwehr reichen?
Als Alienta die Erde vor sich beben sah, wandte er sich
verächtlich zu Galtiria. ‚Zu leicht’, sandte er ihr seine abfällige,
telepathische Botschaft. Galtiria ließ sich nicht irritieren. Von ihrem
Willen getrieben, erhob sich die Erde vor Alienta, sprudelte aus sich selbst
heraus und gebar einen Hügel, so steil, dass es ihm den Weg versperrte… Er
hob lachend die Hand.
„Galtiria, du Nichtskönnerin! Ich erteile dir deine
letzte Lektion!“
Alientas Energiewelle traf die frische, dunkle Erde mit
all der Wut des Heilers, aus der sie geboren war. Erdbrocken flogen durch die
Luft und verstreuten sich durch das gesamte Areal. Alienta konnte weiter
rennen, Galtirias Hindernis war nicht mehr.
Die Kriegerin lächelte. Sie war sich sicher, dass
Alienta nicht mehr Macht in sich hatte aufrufen können, als die, die er
gerade verschwendet hatte. ‚Ablenkung ist alles, alter Mann.’, dachte sie,
während sie abermals ihre Hand ausstreckte.
Mit einem Wink würde sie siegen! Als Alienta die
aufgewühlte Erde passierte, erkannte er seinen Fehler, doch es war zu
spät. Wurzeln schossen aus dem Boden empor, Keimlinge wurden zu
mannshohen, jungen Bäumen, verflochten sich ineinander und um ihn herum.
Sie bewegten sich wie Schlangen, wuchsen in
atemberaubender Geschwindigkeit und wandten sich um seinen Körper, bis sie
seine Kehle zuschnürten. Er konnte sich um
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