Die Quellen Des Bösen
wurde getäuscht und hereingelegt, was aber keine Entschuldigung sein soll. Ein Dieb ist ein Dieb.«
Mühsam entledigte er sich seiner Rüstung, zog den Waffenrock aus und ließ das Leinenhemd so weit herabhängen, dass man das Brandzeichen des Kabcar erkennen konnte.
»Ich wurde von Nerestro von Kuraschka aufgenommen, weil er mich von früher kannte, als ich noch in den Diensten des Kabcar stand.« Er ließ den Blick in der Runde schweifen. »Vom Großmeister erhielt ich eine neue Gelegenheit zu beweisen, dass ich mehr als nur ein Verbrecher bin. Und ich denke, den meisten des Ordens habe ich gezeigt, dass ich würdig gewesen wäre.« Tokaro holte Luft. »Ich verbarg mein Brandzeichen aus Angst, ich könnte von den Hohen Schwertern verstoßen werden. Meine Vergangenheit hat sich nun gerächt.«
»Ihr habt gesehen, welche Mühe er sich gab und welche Anstrengungen er auf sich nahm, um einer von uns zu werden«, sprach der Großmeister eindringlich. »Seine Taten liegen weit zurück und haben nichts mit dem Menschen gemein, der vor uns steht. Ich bitte die Ritterschaft, eine Ausnahme zu gewähren.«
Kaleíman von Attabo trat vor. »Habt Ihr von seiner Vergangenheit als Dieb und verurteilter Verbrecher gewusst, Großmeister?«, erkundigte er sich neutral.
»Ich kenne den Jungen, bevor er zum Gesetzesbrecher wurde, und sah ihn stets als aufrichtigen Menschen, dem Unrecht zuwider lief und der sich nicht unterdrücken ließ«, lautete die Antwort des Ordensführers. »Deshalb, und wegen der Fürsprache von Rodmor von Pandroc, entschloss ich mich, über die Fehler Tokaros hinwegzusehen und ihn aufzunehmen. Würde ich einen nichtsnutzigen Verbrecher als Sohn annehmen, Kaleíman von Attabo?«
Der Glaubenskrieger lächelte schwach. »Nein, Großmeister. Ihr würdet keinen Gauner an Eurer Seite dulden. Ich weiß das, und die übrigen von uns wissen es. Aber es wird andere geben, die aus den Taten Eures Ziehsohnes, mögen sie auch noch so lange zurückliegen, einen willkommenen Strick drehen werden, sobald sie die Gelegenheit dazu erhalten. Nachdem Ihr die Treue zum Hause Bardri¢ aufgekündigt habt, müssen wir umso vorsichtiger sein. Unser Gönner Lodrik Bardri¢ ist tot, und damit, so hatte es beim Ball den Anschein, starb das letzte Fünkchen Anstand und Verstand auf dem Thron.« Er trat an Tokaro heran und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Niemand macht dir aus der Vergangenheit einen Vorwurf. Wir alle haben deine ehrlichen Bemühungen gesehen. Doch bleiben kannst du nicht, Tokaro, und du hast es bereits selbst erkannt. Auch das spricht für dich.«
Tokaro senkte den Kopf. »Ich habe verstanden, dass ich zu leicht zu einer Gefahr für Euch werden kann. Ich werde deshalb, wenn man mich fragt, sagen, dass ich Euch vorsätzlich täuschte, um aufgenommen zu werden und meiner Verurteilung zu entkommen.« Er schluckte. »Ich werde die Zeit bei den Hohen Schwertern niemals vergessen.«
Kaleíman sah ihn an, aufrichtige Anerkennung spiegelte sich in seinen Augen. »Auch wir werden dich in bester Erinnerung behalten, selbst wenn unsere Zungen vielleicht etwas anderes sagen werden, um den Schein zu wahren. Und Angor wird dich beschützen.«
Der Ritter reichte ihm die Hand und verließ den Platz. Nacheinander passierten die Ordenskrieger den jungen Mann und verabschiedeten sich von ihm.
Albugast beobachtete die bewegende Szene mit Neid. »Soll er denn ungestraft davonkommen?«, fragte er halblaut. »Er hat den Orden bewusst an den Rand eines neuen Abgrunds geführt, und nur der Schutz Angors hat uns davor bewahrt, dass man es entdeckte.«
»Ach, ja, der Haudegen mit den wachsamen Augen.« Nerestro fuhr herum. »Dir gebührt großer Dank, Albugast, dass du uns vor einem Hochstapler und Betrüger gewarnt hast. Wenn man uns fragt, wer diesen Schwindler entlarvte, sei gewiss, dass wir dich gebührend loben«, sprach er abfällig. »Er wird ein Andenken von mir erhalten, das er nicht mehr vergisst.« Seine Augen blitzen wütend auf. »Und du wirst als Nächster die Schwertleite erhalten, wie du es immer schon wolltest, nicht wahr, Albugast?« Er kam näher, der Knappe wich etwas zurück. »Aber nicht aus meiner Hand. Ich trage ebensolche Schuld an dem möglichen Ungemach wie Tokaro selbst. Weil ich ihn als Sohn annahm, werde ich das verantwortungsvolle Amt des Großmeisters an Herodin abgeben. Wenn ich mich morgen früh erhebe, will ich nur noch ein einfacher Ritter sein.« Breit baute er sich vor dem blonden Jüngling
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