Die Rache-Agentur
besucht hatten. Sie fragte ihn, wo er aufgewachsen war, und er erzählte vom Gymnasium und College in Kendal und davon, dass seine Mutter Lehrerin und sein Vater Baustatiker waren.
«Sind sie stolz auf Sie?»
«Schwer zu sagen», antwortete er und sah sie an, als hätte er sich diese Frage noch nie gestellt. «Meine Brüder sind Arzt und Rechtsanwalt geworden, ich vermute, dass meine Eltern dies als ehrbare Berufe ansehen, wohingegen ich bloß ein geldgieriger Kapitalist bin. Doch in den seltenen Fällen, wenn ich sie herlocken konnte, um ihnen ein Projekt zu zeigen, dann kamen Kommentare, die typisch für die ältere Generation sind – Sie wissen schon, ‹Halte dich nicht für was Besseres, Sohn!›»
«Sehen Sie sich oft?»
«Nicht oft genug. Sie mögen … nun, Alison versteht sich nicht besonders gut mit ihnen, und dann wird es recht schnell ungemütlich.» Die nächsten Meilen schwiegen sie.
«Haben Sie schon immer Architekt werden wollen?», fragte Flick, als sie die Ausfahrt nach Bath nahmen.
«Eigentlich wollte ich immer Graphikdesigner werden, aber ich bin zu sehr Kaufmann – und ich liebe die Herausforderung der Zahlen und bringe gern Dinge ins Rollen, da wäre ich nicht gut am Zeichenbrett gewesen.»
Ben redete nicht weiter, als sie durch den dichten Verkehr fuhren, dann setzte er Flick in der George Street im Stadtzentrum ab und fuhr weiter zu seinem Meeting. Er lächelte und winkte zum Abschied. Flick genoss den Tag und schlenderte zwei Stunden durch die Läden, kaufte einen Roman und probierte Schuhe an, die sie nicht brauchte. In einer Seitenstraße stieß sie auf ein Geschäft, das herrliche selbstgemachte Pralinen verkaufte, und dort erstand sie für Georgie und Jo eine Schachtel mit vier Florentinern, in Zellophan verpackt und mit einer Schleife versehen, und, spontan, eine kleine Schachtel mit Trüffeln für Ben. Als Dankeschön.
Er rief sie genau in dem Augenblick an, als ihr Magen anfing zu knurren, und sie besprachen, wo er sie abholen sollte. Flick bewunderte gerade ein paar Aquarelle im Schaufenstereiner Galerie, als er pünktlich am Straßenrand anhielt. Ben führte sie in ein kleines französisches Restaurant aus, wo er sie dazu überredete, Schnecken zu probieren (die sie eklig fand). Sie unterhielten sich bei einem Glas Wein. Flick gab die skurrilsten Geschichten ihrer Kunden zum Besten – wobei sie die Geschichte mit Mrs Hallimans Hamster gnadenlos ausschmückte –, und er berichtete von seinen Plänen für zukünftige Bauprojekte.
«Lieber Himmel, Sie sind ja wirklich überall auf der Welt vertreten!», staunte Flick und kam sich ganz klein vor. «Ich fahre nicht mal freiwillig nördlich der Themse!»
Um vier waren sie wieder auf der Autobahn, und mit jeder Meile wurde Flick deprimierter – konnten sie nicht eine Reifenpanne haben? – und überlegte während ihres einträchtigen Schweigens, welchen Vorwand sie hervorbringen könnte, damit er noch auf einen Schluck mit hochkam, wenn er sie absetzte.
«Hätten Sie noch Lust auf einen Kaffee?», fragte sie mit einem nervösen Lachen, als sie in die Tiefgarage fuhren.
«Hätte ich, aber wir sind heute Abend zum Essen eingeladen, und ich muss dringend weiter.»
Wir
sind zum Essen verabredet. «Oh. Ein nettes Restaurant?»
«Regent’s Park. Mit dem Cousin meiner Frau. Es ist eher geschäftlich.»
«Verstehe. Danke für den schönen Tag.» Sie schlüpfte aus dem Wagen.
«Danke fürs Mitkommen.» Er lächelte und fuhr davon.
Kapitel 25
«Sieh es einfach als Chance deiner persönlichen Weiterentwicklung, Ed», meinte Georgie schnippisch und fuhr sich kräftig mit der Bürste durchs Haar. «Du kümmerst dich wirklich sehr wenig um Libby, also tu jetzt nicht so, als hättest du es besonders schwer. Ihre Tennisstunde morgen ist um vier zu Ende, danach geht sie noch mit zu Annabel. Ich schreibe dir die Adresse auf. Wenn du sie also spätestens um halb sieben abholst, bist du gegen sieben zu Hause. Ich taue eine Lasagne auf, die du dann bloß noch in die Mikrowelle schieben musst. Und die Zeiten schreibe ich dir auf, sodass du keine einzige Gehirnzelle anstrengen musst.»
Ed blickte mürrisch drein. «Schön und gut, wenn du plötzlich meinst, dich so aufsässig benehmen zu müssen, aber die Eröffnung –»
«Ja, ja, die Eröffnung – ich weiß, dass es nicht mal mehr zwei Wochen sind. Aber es ist wohl kaum zu viel verlangt, wenn du mal einen Abend deiner Familie widmest. Ich muss ja jetzt mehr arbeiten, da
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