Die Rache-Agentur
Flick. Ja, ich finde ihn auch hinreißend – wir haben uns ein bisschen im Auto unterhalten, und er hat mir von seiner Exfrau erzählt. Aber mit den Altlasten wird alles gleich so kompliziert, stimmt’s? Ich habe jemanden geheiratet, der schon eine Ehe hinter sich hatte, und das war problematisch genug. Außerdem bin ich noch immer mit Ed verheiratet und stehe deshalb nicht zurVerfügung – ich habe auch keine Lust, mich wieder auf jemanden einzulassen. Abgesehen davon bin ich schwanger.»
«Ich weiß.» Flick begriff, dass sie das Thema nicht weiter verfolgen sollte. Sie hatte sich von der Begeisterung, dass Ed vielleicht bald für immer aus Georgies Leben verschwunden sein würde, hinreißen lassen. «Schieb ihn nur nicht weg, er ist ein echter Freund, in welchem Sinne auch immer, und er ist es wert, dass du an ihm festhältst.»
Georgie lächelte. «Ja, ich weiß. Er ist ein echter Freund.»
«Und attraktiv.»
Georgie seufzte. «Wie kompliziert das Leben doch sein kann!»
«Soll heißen?»
«Dass mein Ehemann mit einer anderen Frau schläft – es tut noch immer weh, das auszusprechen –, und du bist in einen Mann verliebt, der verheiratet ist.»
«Bin ich nicht!»
Georgie schnaubte und griff nach ihrem Stift. «Flick, altes Mädchen, ich denke, ich kenne dich mittlerweile ziemlich gut, und ich habe dich schon in allen möglichen Situationen erlebt, aber so wie gestern Abend noch nie.»
Flick zuckte zusammen. «O Gott, war es so offensichtlich?»
«Nein, ich will fair bleiben. Du warst ziemlich cool und hast nicht angefangen zu sabbern, aber ich habe es in deinen Augen gesehen.» Flick errötete. Ob es Ben auch aufgefallen war? Das wäre gar nicht gut. Sie blickte Georgie verlegen an.
«Ich muss zugeben, dass er eine ziemlich große Anziehungskraft auf mich ausübt.» Flick sah auf die Uhr, stand auf, schlüpfte in ihren Mantel und steuerte auf die Tür zu. «Bis später dann.»
Sie hörte Georgie noch «pass auf dich auf» sagen, dann hatte sie die Tür schon hinter sich zugezogen.
Georgie war schon seit zehn Minuten in einer Telefonschleife, drückte bestimmte Ziffern, wenn sie dazu aufgefordert wurde, und ließ sich von den Hits der Carpenters berieseln, während sie wartete. Erst als sich Joanna laut räusperte, merkte sie, dass sie wohl mitgesungen haben musste. Sie musste dringend zur Toilette, doch es kam überhaupt nicht in Frage, dass sie auflegte, bevor sie in Erfahrung gebracht hatte, wann sie ihren Wagen abholen konnte. Und wenn sie noch einmal anrief, würde es bei diesem Tempo bestimmt eine Stunde dauern, bis sie durchkam.
Außerdem musste sie einiges überdenken. Obwohl Georgie eher freundlich abgewunken hatte, so waren Flicks Aussagen über Tim doch bei ihr angekommen, wenn auch nicht so, wie Flick es gemeint hatte. Tim war nett und aufmerksam, keine Frage. Und in seiner Gesellschaft konnte man gut entspannen. Außerdem war er attraktiv. Eigentlich war er in jeglicher Hinsicht perfekt – für jemand, die
nicht
in Georgies Situation war. Verheiratet, wenn auch nicht mehr lange, schwanger und Mutter einer niedlichen kleinen Tochter, die alle Aufmerksamkeit verdient hatte, die Georgie ihr zu geben vermochte.
Sie verstand, was Flick meinte. Das hatte sie vorher schon an anderen Freundinnen festgestellt. Zur Hölle, vielleicht war sie selbst schon so gewesen. Denn jetzt, da Flick verliebt war, wollte sie, dass alle anderen es auch gut hatten. Aber Georgie kannte das alles schon und stand mittlerweile auf der anderen Seite. Einen Augenblick lang fühlte sie sich alt, traurig, verlassen und verbittert. Sie tippte mit dem Stiftende auf eine weitere Ziffer, dann wurde ihr wieder mitgeteilt, dass ihr Gespräch zu Trainingszwecken aufgezeichnet wurde. «Falls ich jemals dazu komme, mit jemandem zu sprechen, der noch geschult werden muss», knurrte sie.
Dann wurde ihre Aufmerksamkeit plötzlich von etwas anderem abgelenkt, und sie hielt den Atem an. Tief in ihrem Inneren spürte sie ein winziges Flattern. Eine hauchzarteBewegung, fast ein Streicheln, und langsam breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Sie legte auf und fuhr sich mit beiden Händen über den Bauch. Dies war all die Liebe, die sie brauchte, und sie konnte einfach nicht mehr verlangen.
Flick stellte während des Fahrens das Radio an und öffnete das Fenster ein wenig, um frische Luft hereinzulassen. Die Blätter an den Bäumen, die den Park von Tooting säumten, wellten sich an den Rändern und färbten
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