Die Rache-Agentur
darüber?»
Libby wedelte sorglos mit der Hand. «Ach, das kenne ich von MTV. Das machen die oft in Musikvideos. Schau, ich zeige es dir.» Und noch bevor sie das Kind davon abhalten konnten, sauste Libby in die Küche und kam mit einem Besen zurück, um den sie sich ungeschickt wand und drehte, während sich ihr kleiner Kugelbauch einzog und herausstreckte. Ihre Darbietung war irgendetwas zwischen grotesk und süß, und Flick hatte alle Mühe, ein Lachen zu unterdrücken. In Georgies Gesicht stand hingegen blankes Entsetzen.
«Großer Gott, was ziehe ich da nur groß?»
«Also, wenn du mich fragst, sieht das verdammt nach Ärger aus», erwiderte Flick und verschränkte die Arme vor der Brust.
«Komm jetzt – schnell ins Bett, aber pronto, bevor dein Vater nach Hause kommt. Und das führst du ihm besser nie vor!» Sie schob ihre Tochter aus dem Zimmer und halb die Treppe hinauf. «Wenn ich allerdings darüber nachdenke, sollte er sich das vielleicht doch einmal ansehen», sagte Georgie, als sie zurückkam. «Dann versteht er vielleicht, dass die Zulassung auf einer teuren Privatschule die einzige Rettung ist, damit unsere Tochter nicht auf der Straße landet und sich einer Horde gefallener
Pole
-Tänzerinnen anschließt.»
Flick füllte ihre Gläser auf der Küchenanrichte mit Wein, schnappte sich eine kalte Pommes, die Libby auf ihrem Teller übrig gelassen hatte, und setzte sich auf das Sofa in der Ecke. Es war genauso unbequem, wie es aussah – mit einer niedrigen Rückenlehne und einem harten Sitz. Das Sofa im Wohnzimmer war noch schlimmer. Gemütlichkeit spielte für Ed offenbar gar keine Rolle – Hauptsache, das Design stimmte. Aber wofür sonst sollte ein Stuhl denn bitte dienen als fürSitzkomfort? Dieses Sofa hätte sich im Wartezimmer einer Zahnarztpraxis perfekt gemacht – aber zu Hause?
Georgie nahm Libbys Teller und kippte die Essensreste in den Mülleimer, der in einem Seitenelement der Küche verborgen war und mit einem Zischen hervorglitt.
«Cooler Mülleimer.»
«Ja, aber leider ist er zu klein. Ich muss ihn quasi alle fünf Minuten ausleeren.»
«Fehlt nur noch, dass dir der schmutzige Teller gleich von einem unsichtbaren Geschirrspüler abgenommen wird!»
«Diese Küche ist wirklich sehr durchdacht.» Georgie lächelte und warf Flick einen kurzen Blick zu, den diese nicht ganz deuten konnte. Dann wischte Georgie die Anrichte ab, nahm ihr Glas und machte es sich neben Flick auf dem Sofa gemütlich, indem sie die Knie anzog. Vielleicht war das der geheime Trick, um auf diesem verdammten Ding eine bequeme Sitzposition einzunehmen? Allerdings hatte Georgie dafür auch die richtige Körpergröße. Flick hingegen musste sich in einer Art Yoga-Haltung zusammenkauern.
Einen Augenblick lang saßen sie in einvernehmlichem Schweigen nebeneinander. Obwohl die beiden so viele Stunden des Tages miteinander verbrachten, gab es wirklich selten Zeit für eine private Plauderei, und Flick hatte das Gefühl, gar nicht zu wissen, wie es zurzeit um Georgies Privatleben bestellt war. Sie vermisste die Abende, die sie am Anfang miteinander verbracht hatten, um ihre Selbständigkeit zu planen, das gemeinsame Brüten über Tabellen und dem Businessplan. Von Anfang an waren sie sich darin einig gewesen, dass eine Agentur für die Erledigung täglicher Pflichten ein Renner bei Kunden werden würde, die viel Geld und wenig Zeit besaßen. Und die harte Arbeit hatte sich gelohnt. Doch mit der Agenturgründung hatten sie ein Monster erschaffen, das ihnen all ihre Zeit raubte. Georgie kam so gut wie nie mehr zu Flick zu Besuch, weil sie ständig auf Libby aufpassenmusste, während Ed Überstunden machte. Doch Flick hatte selbst bemerkt, dass auch sie nur noch selten bei Georgie zu Besuch war. Lag es nur an den Stühlen oder an dem wenig erfreulichen Gedanken, da zu sein, wenn Ed nach Hause kam und sie auf glückliche Familie machten?
«Also, was meinst du? Bekommst du die Sache hin? Ich meine das mit der Stange.»
Georgie nahm einen Schluck Wein und lehnte den Kopf nach hinten gegen die Wand. «Also, das kann doch nicht so schwer sein. Es ist zwar Jahre her, dass ich meine Ausbildung auf der Akademie abgeschlossen habe, aber es ist wahrscheinlich wie Reiten, das verlernt man auch nie, oder?»
«Diesen Vergleich finde ich in diesem Zusammenhang etwas unglücklich, wenn ich das sagen darf!»
Georgie blickte einen Moment verwirrt drein. Doch dann warf sie lachend den Kopf zurück, und Flick wurde bewusst, dass
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