Die Rache-Agentur
konnte, und öffnete die Tür. Das war also die Schaltzentrale des schäbigen Tanzclubs. Drei winzig kleine Zimmer. Durch eine der Türen konnte Flick ein halbnacktes Mädchen erkennen, das vor einem gesprungenen Spiegel Make-up auftrug. Das zweite Zimmer diente offenbar als Abstellkammer und stand voller Weinkisten, Alkopops und Schnapsflaschen. Durch die halboffene Tür des dritten Raums konnte Flick einen untersetzten Typen ausmachen, der die Füße auf den kleinen Schreibtisch gelegt hatte. Der Tisch war an die abblätternde Wand des Zimmers gerückt worden, an der verschiedene Post-its hingen. Auf dem Tisch stapelten sich neben Unterlagen leere Pappkaffeebecher. DerKerl führte ein lautes Telefonat. Als er Flick aus dem Augenwinkel entdeckte, drehte er sich zu ihr um und musterte sie ungeniert von Kopf bis Fuß.
«Ich muss aufhören, Mann. Melde mich später wieder.»
Behäbig schob er die Füße vom Tisch und legte auf. «Sie sind also diejenige, die für ein Tänzchen bezahlen möchte. Ist das hier so was wie die Wunschparade?»
«Geht in die Richtung», murmelte Flick.
«Es ist ein Geburtstagsgeschenk von mir», warf Georgie zuckersüß ein, um die Geschichte glaubhafter zu machen.
«Hm, na gut.» Der Kerl legte sein Telefon vorsichtig auf den Tisch. «Die Umkleide ist nebenan. Sharon zeigt dir, wo du deine Sachen ablegen kannst. Du bist ab Viertel vor elf dran.» Damit drehte er sich um, und sie waren entlassen.
«Darf ich einen Clip aufnehmen?», fragte Georgie unschuldig. «Als Erinnerung?»
«Nein, auf keinen Fall. Unsere Gäste sehen das gar nicht gern.»
Flick und Georgie hielten verdutzt inne. «Na gut», meinte Georgie dann und drehte sich um.
«Und jetzt?», zischte Flick ihr zu.
«Überlass das mal mir. Ich habe genug Sendungen im Fernsehen gesehen, die mit versteckter Kamera gedreht wurden.»
Eine halbe Stunde und eine flüchtige Einweisung durch die missmutige Sharon später kauerte Flick auf einem kaputten Stuhl in der Umkleide. Sie hatte ihren Kapuzenpulli nicht ausgezogen, da ihr irgendwie noch der Mut fehlte, ihren Körper jetzt schon halbnackt zu zeigen. Sharon war da offenbar etwas abgebrühter. Rauchend stolzierte sie in Stöckelschuhen und einem Bikini auf und ab, der so gut wie gar nichts bedeckte. Mit dem Rücken zu Flick gewandt, beugte sie sich vor und durchwühlte ihre Handtasche. Wahrscheinlich war das der Anblick, der ihr diesen Job verschafft hatte.
«Und du bist also Tänzerin?», fragte Sharon schließlich voller Desinteresse.
«Äh, eigentlich nicht. Ich wollte das nur mal probieren», antwortete Flick in der Hoffnung, überzeugend genug zu klingen.
«Nur so zum Spaß? Du musst verrückt sein. Ich mache diesen Job, weil er besser ist, als Regale einzuräumen. Freitags und samstags bin ich im Rodeo Joe’s.»
«Und das ist …»
«Das ist der Nachtclub in Deptford. Da gibt’s mehr Trinkgeld.»
«Man bekommt Trinkgeld?»
«Wenn der Abend gut läuft, ja. Kommt darauf an, wie weit du sie gehen lässt.» Jetzt war Flick endgültig übel. «Aber hier hängen echt nur miese Typen rum. Wenigstens ist Grabschen nicht erlaubt. Sag Gary Bescheid, falls dich doch einer anfummelt.»
«Ihr seid dran!», rief eine der Bedienungen von der Tür aus. Sharon ließ ihre Zigarette auf den Boden fallen, trat den Stummel mit einem Highheel aus und ging zur Tür, während sie im Spiegel einen letzten Blick auf ihr Make-up warf. Flick drehte sich der Magen um. Sie hatte alle Mühe, ihren Kapuzenpulli auszuziehen, versuchte, keinen Blick in den Spiegel zu werfen, und folgte ihr so schnell wie möglich.
Die Sitzplätze rund um die Bühne hatten sich gefüllt, während sie backstage gewesen war, und Flick spähte mit zusammengekniffenen Augen ins Dunkel. Zu ihrer Überraschung konnte sie ein paar Frauen entdecken, doch der Großteil der Zuschauer waren Männer. Typen mittleren Alters, die ihrem Gesichtsausdruck nach voll wie die Haubitzen waren. War einer von denen Jackson?
«Ich kann das nicht. Ich kann das nicht.» In der Hoffnung, Georgie ausfindig zu machen, blickte sie sich im Raum oder vielmehr in dem Bereich um, den sie sehen konnte. Doch imGegenlicht der Scheinwerfer war der hintere Teil des Clubs in Dunkelheit gehüllt. Flick tat ihr Bestes, um gelassen wie ein Profi auszusehen, und setzte statt des suchenden Blicks eine schmollend-sinnliche Miene auf.
Auch Sharon hatte sich vom qualmenden Flittchen zum Vamp gewandelt und tänzelte entschlossen auf die Bühne. Flick
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