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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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vorüber.
    Die erste Erinnerung stieg mit Gewalt in mir auf.
    Es war mein Hochzeitstag, und einen Moment lang dachte ich, die Erinnerung käme in mir hoch, weil Nicholas Allen bis in der Sekunde vor meinem Tod meine Gefühle aufgewühlt hatte.
    Ich sah, wie Martin und ich unter dem Eindruck, dass unser Leben von einem Wirbelsturm verschlungen werde, die Grafschaft Wiltshire erreichten. Es war früh am Sonntagmorgen, am Tag nach meiner ersten Begegnung mit John Dees Adamanten. Wir waren sehr früh aufgestanden, um mit allem rechtzeitig fertig zu werden. Fest steht, dass bei uns beiden die Nerven bloß lagen. Wir hatten die ganze Nacht nicht geschlafen. Wir hatten sogar gestritten.
    Das hätte ich fast vergessen.
    Unser Streit hatte am Abend zuvor begonnen, nach dem Treffen mit Sheila und Daniel. Diese verflixten Steine waren schuld gewesen. Seit ich sie in die Hand genommen hatte, hatten die beiden Adamanten ununterbrochen die merkwürdigsten Sachen angezeigt. Martin und die Okkultisten freuten sich wie Kinder, wenn einer der Steine schimmerte, sich bewegte, sich um sich selbst drehte, auf Gegenstände auf der Tischdecke deutete oder ein Geräusch aussandte, das dem Zischen einer Dampflok ähnelte.
    » Dreh ihn in die Richtung!« » Stell ihn auf diese Pyramide!« » Heb ihn mit dem kleinen Finger auf!« Ich bekam eine Anweisung nach der anderen. Irgendwann hatte ich ihre Spielchen satt. Wenn wir nicht bald aufbrachen, um uns auszuruhen, würde die Zeremonie am nächsten Tag eine einzige Katastrophe.
    Zurück im Hotel sprühten die ersten Funken.
    » Und, ist das nicht der beeindruckendste Tag deines Lebens gewesen?«, fragte Martin, ehe er sich ins Bett fallen ließ.
    » Das musst du gerade sagen!«, erwiderte ich vor Wut schäumend. » Ich habe entdeckt, dass du sehr viel mehr über mich weißt, als ich dachte.«
    » Oh. Sagst du das, we…«
    » Genau, genau deshalb«, fiel ich ihm ins Wort. » Du hast also nur mit mir angebändelt, weil du mich für eine Seherin gehalten hast, oder? Warum hast du mir das nicht gleich gesagt?«
    Martin sah mich an, als wäre ich eine Außerirdische.
    » Und, bist du das etwa nicht?«
    » Nein! Natürlich nicht!«
    » Bist du dir sicher?«, unterbrach er mich bissig. » Du hast mir doch selbst erzählt, dass du als kleines Mädchen mit deiner verstorbenen Urgroßmutter gesprochen hast. Dass bei dir zu Hause deine Mutter einige Male diese Prozession der ruhelosen Geister… Wie nennt ihr die noch mal?«
    » Die Santa Compaña, die heilige Gefolgschaft.«
    » Genau. Die Santa Compaña. Ich habe mir doch nicht ausgedacht, dass du von galicischen Hexen abstammst, die alles über Heilkräuter wissen, oder? Ihr Meigas destilliert doch sogar einen Rum, der Arthritis heilt!«
    Das war der Gipfel. Martin kam vom Hölzchen aufs Stöckchen, ohne meine grundlegende Frage zu beantworten. Das konnte ich ihm nicht durchgehen lassen.
    » Aber warum hast du mir das mit den Steinen nicht erzählt?« Ich sorgte dafür, dass aus jedem einzelnen Wort mein Unbehagen zu hören war.
    » Nun…«, begann Martin zögerlich. » Bis jetzt sind sie eine Art Familiengeheimnis gewesen, Chérie. Aber da du ja ab morgen ein Teil der Familie sein wirst, habe ich gedacht, dass du sie kennenlernen solltest. Hat dir die Überraschung denn gar nicht gefallen?«
    » Was für eine Überraschung? Ich war doch nur euer Versuchskaninchen! Eine Jahrmarktattraktion! Wo kommen eigentlich diese, diese…?«
    » Die Freunde? Daniel ist ein Weiser. Und Sheila ist… so etwas Ähnliches wie du.«
    » Was willst du damit sagen?«
    » Sie ist bislang die Einzige gewesen, die wusste, wie man die Steine zum Reagieren bringt. Wenn auch nicht so gut, wie es dir gelungen ist. Offensichtlich habe ich mich nicht in dir getäuscht. Du bringst sie zum Sprechen! Du besitzt die Gabe!«
    » Ich bringe sie zum Sprechen? Verdammt noch mal, Martin! Du meinst doch wohl nicht etwa im Ernst, dass die Steine sprechen?«
    Martin kam mit einem Satz aus dem Bett und stellte sich neben mich. » Doch, diese schon.«
    » Wie kannst du so etwas sagen?«
    » Julia, in den letzten zwanzig Jahren hat niemand erlebt, dass sich die Adamanten so verhielten wie heute Nachmittag. Sie schienen lebendig zu sein! Du hättest Sheilas Gesicht sehen müssen. Du hast die Gabe«, wiederholte er. » Genau wie Edward Kelly, der Lieblingsseher von John Dee. Wenn du nur wolltest, könntest du durch sie hindurchsehen und sie zum Vibrieren bringen. Du bist ihr Medium!«
    Ich

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