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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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dem Weg geräumt hatte und nicht umgekehrt. Ich schlug mich jedenfalls ganz bestimmt nicht gut. Ich trat auf Caninus' Fuß, was ihm ein Stöhnen entlockte, während sich der angerichtete Schaden in Anbetracht der Tatsache, daß ich barfuß war, in minimalen Grenzen hielt. Ich wußte, daß ich ihm noch den ganzen Tag matte Hiebe auf den Körper versetzen konnte, aber ich hatte nicht den ganzen Tag Zeit. Ich ließ mich zurücksinken und löste meinen Griff. Als er den Arm zum tödlichen Stich hob, visierte ich mit meinem Caestus und meiner verbliebenen Kraft seine Achselhöhle an, genauer gesagt jenen Punkt, der, wenn man ihn richtig trifft, den Arm, manchmal sogar die ganze Seite lähmen und einen Mann bewußtlos machen kann.
    Natürlich ist hier Zielgenauigkeit alles. Wenn ich die Stelle auch nur um einen Fingerbreit verfehlte, würde ich im nächsten Moment sterben. Seine Augen traten hervor, und er schrie auf. Die breite Klinge fiel aus seinen betäubten Fingern, und ich drängte ihn ans Geländer. Er war zu schwer, als daß ich ihn allein hätte hochheben können, doch im nächsten Moment kam mir ein weiteres Paar Hände zur Hilfe, und Marcus Caninus tat den bislang größten Platscher. Hermes und ich wollten uns gerade gratulieren, als der Boden bebte und irgend etwas unter uns nachgab.
    Entsetzt stützten wir uns ab und sahen, wie sich die Befestigung, die Manius Flurus am Vortag errichtet hatte, in ihre Einzelteile auflöste und von den reißenden Fluten mitgerissen wurde, so daß die großen Balken wie Tümmler an die Wasseroberfläche schossen. Die Schaulustigen auf der Pons Sublicius stießen Rufe des Erstaunens aus. So etwas bekamen sie nicht alle Tage zu sehen. Ich fragte mich, ob sie den Kampf verfolgt hatten oder ob wir bei dem Spektakel, das Rom in den Wirren einer Naturkatastrophe bot, nur Komparsen waren.
    Wir wären fast zu Boden gegangen, als das gesamte Theater zu sacken begann.
    »Laß uns hier verschwinden!« rief Hermes. »Es bricht auseinander.«
    »Nein«, sagte ich. »Einen müssen wir noch erledigen!« Ich stellte meinen Fuß auf das Gesicht des Mannes, den ich erstochen hatte, packte den Knauf und riß die Klinge heraus.
    »Geh du schon vor. Ich kümmere mich darum und komme sofort nach.« Ich betrat die gefährlich überhängende Treppe und hangelte mich halb am Geländer nach oben. Das Theater schien jetzt permanent in Bewegung. Ich fragte mich, ob Scaurus entkommen war, aber ich bezweifelte es. Ein Kampf kommt einem immer viel länger vor, als er tatsächlich ist. Das ganze Scharmützel hatte höchstens ein paar Minuten gedauert. Ich kam auf die Galerie des zweiten Rangs, entdeckte jedoch niemanden.
    Schließlich erregte ein flatterndes Gewand meine Aufmerksamkeit, und ich sah einen Fuß auf der nächsten Treppe verschwinden. Irgend jemand war unterwegs zur Galerie über mir. Ich folgte ihm.
    Im dritten Stock hatte ich ihn eingeholt. Scaurus lehnte an einer Wand, eine Hand an die heftig blutende Stirn gepreßt. Bei einem Ruck des Gebäudes hatte er sich offenbar den Kopf aufgeschlagen, was ihn so weit beeinträchtigt hatte, daß ich ihn einholen konnte.
    »Marcus Aemilius Scaurus«, rief ich, »komm mit mir zum Praetor!« Er riß ungläubig die Augen auf, als er die alte Formel für eine Verhaftung vernahm.
    »Warum haben diese Idioten dich nicht umgebracht? Sie waren zu viert! Und was soll der Unsinn mit der Verhaftung? Wir müssen hier weg! Die juristischen Feinheiten können wir ein anderes Mal erörtern.«
    »Tut mir leid, aber ich fürchte, es muß jetzt sein«, sagte ich und machte einen Satz nach vorn, wobei meine Füße es auf den schrägen Bodendielen eiliger hatten als ich. »Du verläßt dieses Gebäude nur als Gefangener, und ich werde dich eines weiteren Kapitalverbrechens anklagen, nämlich des versuchten Vorsätzlichen Mordes an einem römischen Beamten im Dienst.«
    In diesem Moment ging der bislang heftigste Ruck durch das Gebäude, und es geriet ins Rutschen. Ich ließ meinen Dolch fallen und schlang meine Arme um eine Holzsäule, um nicht zu stürzen, als mich ein widerwärtiges unbeschreibliches Gefühl unnatürlicher Bewegung überfiel, begleitet von der gewaltigsten Kakophonie brachialer Geräusche, die je meine Ohren attackiert hat, ein dissonantes Tutti aus Schreien, Bersten,Knacken, Krachen und Malmen, untermalt vom alles beherrschenden Tosen des reißenden, aufgewühlten Wassers.
    Das Gleiten schien ewig zu dauern, bevor es sich in eine Art Taumeln und Wiegen

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