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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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und Hüpfen verwandelte und ich das gegenüberliegende Flussufer ansteigen und absinken sah wie bei einem Erdbeben. Dann begriff ich, was geschehen war: Das Theater brach nicht zusammen, es trieb auf dem Wasser!
    Vor meinen erstaunten Augen begann sich die Szenerie zu verschieben, und von links glitt langsam die Pons Sublicius in mein Blickfeld. Es war fast so, als stünde ich im toten Mittelpunkt der Erde, während sich die Welt um mich herum drehte. Die Leute auf der Brücke applaudierten mit vor Begeisterung offenen Mündern, sprangen in die Luft und jubelten, als würde das ganze Spektakel allein zu ihrer persönlichen Erbauung dargeboten.
    Aus einem Loch im Boden streckten sich mir zwei Hände entgegen.
    Hermes hatte sich den letzten Treppenabsatz hochgeschleppt und am Boden entlang gehangelt und zog sich jetzt zu mir hoch.
    »Siehst du, was du angerichtet hast!« schrie er. »Wir hätten längst weg sein können!«
    »Wo ist Scaurus?«
    »Wen interessiert's! In ein paar Sekunden werden wir gegen die Brücke krachen, und wenn wir das überleben wollen, müssen wir bessere Akrobaten sein als diese griechischen Frauen gestern abend!«
    »Es waren Spanierinnen!« verbesserte ich ihn, doch ansonsten hatte er unbestreitbar recht. Träge und majestätisch trieb das Theater des Aemilius Scaurus auf die Brücke zu wie ein rammbereites Schlachtschiff, was jetzt auch den Schaulustigen auf der Brücke dämmerte, weswegen sie eiligst zu beiden Ufern davonstoben. Doch die Leute auf den Böschungen und nahe gelegenen Dächern schrien und jubelten, als ob die Grünen im Circus sich anschickten, einen Saisonrekord zu erzielen.
    »Wir sollten aufs Geländer steigen«, riet Hermes, »aber halt bis zum letzten Moment die Säule fest.«
    Das klang wie eine ungemein gute Idee, also standen wir zu zweit und barfuß auf dem Geländer, während die Brücke näher kam. Ich war fest davon überzeugt, daß wir viel zu schnell waren und vom Geländer in einen garstigen Tod geschleudert würden, aber ich hatte die Wellenbrecher vergessen, die die Brückenpfeiler schützten. Sie waren überflutet, und als der unter Wasser liegende Teil des Theaters dagegen stieß, wurde unsere Vorwärtsbewegung gebremst. Durch meine Fußsohlen konnte ich das Bersten von Holz spüren wie das Brechen von Knochen in betäubten Gliedmaßen. Kurz bevor auch die Fassade des Theaters mit der Brücke kollidierte, rief ich: »Jetzt!« Wir stießen uns vom Geländer ab und landeten auf dergut zehn Fuß unter uns liegenden Brücke, wobei wir ein paar Bürger mitrissen, die sich noch immer durch die panische Menschenmenge in Sicherheit drängeln wollten.

    Sterne blitzten vor meinen Augen auf, als ich nach der Landung fast bewusstlos zu Boden sank.
    Doch ich hatte keine Muße für Selbstvergessenheit, weil ich wußte, was kommen würde. Ich fand Hermes und zog ihn auf die Füße. »Los, komm!« bellte ich. »Wir müssen sehen, daß wir hier wegkommen!«
    Er schüttelte eine Weile den Kopf, bis er zu dem Theater blickte und keine weitere Zeit mehr verschwendete. Wir bahnten uns einen Weg durch die von der Brücke fliehende Menge.
    Hermes zog seinen Stock unter dem Gürtel hervor, und ich hatte mein Caestus noch über die linke Hand gestreift, was sich als überaus hilfreich erwies.
    Als wir den Endbogen der Brücke erreicht hatten, sahen wir uns um.
    Das Theater war gegen die Brücke gestoßen und zerbrochen. Zwischen der Kraft von Vater Tiber und der unbeweglichen Masse der alten steinernen Brücke wurde es zerdrückt wie ein Vogelnest zwischen den Händen eines Riesen.
    Die Seitenfront barst, durchbohrt von gewaltigen Balken, die sich übereinander schoben und durch die Luft geschleudert wurden, als das riesige Gebäude in sich zusammensank, während andere Teile des Bauwerks nach oben gedrückt wurden und fast über die Brücke kippten, alles begleitet von einem Lärm, der noch Meilen entfernt zu hören war.
    Dann, als es schien, als müßte entweder die Brücke nachgeben oder das nicht mehr wiederzuerkennende Theater auf sie stürzen, begann der zertrümmerte Koloß zu sacken und wieder im Wasser zu versinken, während auf der anderen Seite Balken durch die Bögen der Brücke trieben. Der Fluß zerkleinerte das Gebäude und spülte es unter der Brücke fort.
    Als die Trümmer langsam abzufließen begannen, betraten wir die Pons Sublicius erneut. Als wir die Mitte erreicht hatten, war das Theater, das eben noch so gewaltig und imposant gewirkt hatte, nur noch ein

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