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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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sitzen würden, bückte mich und packte eine Handvoll Schlamm. Er war wie feuchter roter Sand, durchsetzt mit größeren Stücken und unregelmäßigen Brocken von derselben roten Farbe.
    »Was ist es?« fragte Hermes. Er trug meine Toga an seinem Stock zusammengerollt über einer Schulter.
    »Das sind Ziegel, die sich auflösen«, erklärte ich ihm.
    »Nachdem es seit mehreren Jahren vor sich hin gammelt, bedurfte es jetzt nur noch dieser Flut, um das Fundament in Schlamm zu verwandeln.« Man hörte ein weiteres, noch lauteres und längeres Ächzen, und das gesamte Theater schien zu beben.
    »Adile Metellus!« Ein rundlicher Mann kam aus den Kulissen der scena auf die Bühne gewatschelt. »Wie schön, daß du kommen konntest!« Er ging bis ans Ende der Bühne und nahm ohne Zögern die zwei, drei Stufen bis zum Parterre. »Sieht ziemlich übel aus, was? Nun, so lernen wir uns endlich kennen.«
    Er kam direkt auf mich zugeschlurft und ergriff meine beiden Hände. Hermes stand bereit, sein Blick wanderte über die nahe gelegenen Gänge. Scaurus war ungefähr vierzig, ein Großteil seiner Haare schon weiß. Seine Wangen waren fett und warfen tiefe Falten, wenn er lächelte. Doch die Augen darüber waren so streng wie die von Caesar.
    »Ja, ich wollte dich sprechen, Aemilius Scaurus«, sagte ich.
    »Ich -«»Bitte, Ädile«, unterbrach er mich, »ich fürchte, wir haben wenig Zeit für den Austausch von Höflichkeiten. Komm doch bitte mal kurz mit, ich muß dir etwas zeigen.« Er drehte sich um und betrat den Gang, durch den ich am Vortag mit dem Schauspieler und Dramatiker Syrus gegangen war. Ich folgte Scaurus' breitem Rücken, eine Hand am Knauf meines Dolches, während Hermes sich dicht hinter mir hielt und fast die ganze Zeit rückwärts ging, um den Eingang, durch den wir gekommen waren, im Auge zu behalten.
    Wir erreichten den Balkon mit Blick auf den Fluß, und mein Magen drehte sich, als wir etwas betraten, das eher an die Brücke eines sinkenden Schiffes erinnerte. Der Fluß war bis zu dem Rang, auf dem wir standen, angestiegen. Auf der zur Stadt gelegenen Seite war das Wasser still, aber hier an der steilsten Stelle der Flußbiegung führte Vater Tiber reißende Fluten, und der Balkon vibrierte wie die Saite einer Lyra. Es war so ziemlich der beunruhigendste Anblick und die prekärste Situation, die ich je erlebt hatte.
    Scaurus drehte sich lächelnd um und stützte sich lässig auf das Geländer. »Siehst du, Ädile? Ich fürchte, es ist ausgeschlossen, daß du deine Spiele hier abhältst. Ich werde das Gebäude für abbruchreif erklären und einreißen lassen müssen, wie es viele altmodische Senatoren ohnehin die ganze Zeit gefordert haben. Schade an sich, es war das prächtigste Theater, das Rom je gesehen hat. Aber da kann man nichts machen, meinst du nicht auch?«
    Er wollte also einen Nervenkrieg daraus machen, auf das Geländer gestützt, als stünde er am Teich seiner Villa, und darauf vertrauend, dass seine patrizische Gelassenheit die Oberhand über meine plebejische Unverfrorenheit gewinnen würde.
    Nun, ich hatte schon in Klemmen gesteckt, die er sich nicht einmal vorstellen konnte; nie zuvor jedoch in einer derart engen.
    »Nun«, fuhr er fort, »ich werde dir die Jahresmiete für das Theater natürlich zurück erstatten, und ich bin durchaus bereit, eine zusätzliche Entschädigung für entstehende Unannehmlichkeiten zu bezahlen.« Er gab vor, etwas an seinen Fingern abzuzählen, und blickte dann nach oben, als würde er Zahlen addieren. »Sagen wir, das Zehnfache des Mietpreises?«
    »Kein übler Versuch, Scaurus«, erklärte ich ihm, »aber die Bestechungsphase haben wir schon ein gutes Stück hinter uns gelassen. Die Statue war übrigens auch ein kluger Schachzug, auch wenn das genauso wenig funktionieren wird.«
    »Ist sie nicht exquisit?« sagte er mit einem schlüpfrigen Unterton, als würde er seine bevorzugte Sexualpraktik beschreiben. »Ich habe noch viele von der Sorte, und du kannst dir eine aussuchen. Ich bin ganz deiner Meinung, Kunst ist ungleich erhabener als bloßes Geld.«»Vergiß es, Scaurus«, sagte ich, auch wenn meine Worte beinahe in einem weiteren Ächzen des gequälten Gebäudes unter gingen. Ich drehte mich um und sah, daß sich auf der Pons Sublicius genau wie auf der Pons Aemilius ein Stück flußaufwärts mittlerweile zahlreiche Schaulustige versammelt hatten. Heute bot Vater Tiber ihnen ein wahrhaft einzigartiges Schauspiel.
    »Spiel hier nicht den tugendhaften

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