Die Rache der Flußgoetter
einen kleinen Brunnen stand. Statilius, der Besitzer der ludus , und Milo saßen auf Klappstühlen. Am Rande des Brunnens und hinter Milos Rücken lungerten diverse Riesen herum. Ich erkannte sie als seine persönliche Leibwache wieder, ausschließlich gefeierte Veteranen der Arena, die sich zur Ruhe gesetzt hatten und mit Milo aufgestiegen waren. Als Kämpfer übertraf Milo jeden von ihnen, doch seine gegenwärtige Würde als Ex-Praetor und Kandidat für das Amt des Konsul ließ eine persönliche Beteiligung an Straßenschlägereien unangemessen erscheinen. In jenen Tagen überließ er das Köpfe einschlagen seinen Untergebenen. Er sah so prachtvoll aus wie eh und je, doch ich war törichterweise überrascht, graue Strähnen in seinem Haar zu entdecken. Ich hatte gedacht, Milo wäre gegen so etwas immun. »Sei gegrüßt, Adile«, sagte Milo und erhob sich, um mir die Hand zu schütteln. In gewisser Hinsicht war er damals der mächtigste Mann Roms,doch was den gebotenen Respekt gegenüber staatlichen Ämtern anging, war er so peinlich korrekt wie Cato. »Wir haben gerade einige Dinge besprochen, die auch dich betreffen.«
»Wie das?« fragte ich. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, daß mich seit meinem Amtsantritt praktisch alles betraf.
»Zunächst einmal haben meine Männer«, er wies auf die Schläger, die mir höflich zunickten, »sich freiwillig bereit erklärt, gegen ein symbolisches Honorar in deiner munera , mit zu kämpfen. Ich werde ihre Verträge in den nächsten Tagen in dein Büro schicken, aber du kannst in deinen Ankündigungen schon mit ihren Namen werben.«
»Das ist überaus großzügig«, sagte ich. »Metellus Celer war ein bedeutender Römer, und das Volk wird bei seinen Bestattungsspielen außergewöhnliche Pracht erwarten. Doch mit derart berühmten Namen auf dem Programm ist der Erfolg praktisch schon gesichert.« Sie grinsten und meinten, sie wären glücklich, zur ehrenvollen Erinnerung an einen so großen Mann mitwirken zu dürfen, aber natürlich taten sie es weder für Celer noch für mich. Sie taten es für Milo, der ein Freund von mir war. In Wahrheit war das Risiko, das sie eingingen, nicht so groß, wie es sich viele Leute ausmalen. Sie würden nur gegen Meister von gleichem Rang antreten, so daß eine mögliche Niederlage keine Schande war. Und sie hatten so viele Anhänger, daß sie auch bei einer Niederlage mit dem Leben davon kommen würden.
Tyros bei ihrem ersten Kampf und Männer, die noch nicht lange genug in der Arena waren, um sich eine Anhängerschaft aufzubauen, waren diejenigen, die an der höchsten Sterblichkeitsrate litten. Trotzdem waren Männer, die Gnade erfahren hatten oder sogar als Sieger aus ihrem Kampf hervorgegangen waren, später bisweilen an einer üblen Verletzung gestorben, denn eine scheinbar belanglose Wunde konnte manchmal genauso zum Tode führen wie eine durchtrennte Arterie, nur eben erst nach wochenlangem Leiden. Deswegen war es keine Kleinigkeit, daß diese Männer aus ihrem komfortablen Ruhestand noch einmal in die Arena zurückkehrten. Meistens konnte sich ein editor bestenfalls ein einziges Paar ehemaliger Meistergladiatoren leisten, um damit die Kämpfe des Tages zu krönen. Sie allein konnten so viel kosten wie die noch aktiven Kämpfer zusammengenommen. Denn die Leute sahen lieber zwei alte Meister kämpfen als eine beliebige Anzahl schlecht ausgebildeter tyros . Gleich eine ganze Schar von ihnen zu bekommen, dazu noch zu einem günstigen Preis, das war die beste Nachricht seit Monaten.
»Wir haben auch noch über eine andere Sache gesprochen, Adile«, sagte Statilius. »Rom braucht ein Amphitheater. Und nicht bloß eins aus Holz, sondern ein dauerhaftes Steingebäude.«
»Das ist richtig«, meinte ein Gladiator namens Crescens. Er war groß, aber mager und sehnig und zählte zu der neuen Klasse von Kämpfern, diemit Netz und Dreizack antraten. »Ich habe schon in den Amphitheatern von Capua und Messana gekämpft. Auch Pompeji hat ein prächtiges. Aber hier in Rom müssen wir auf dem Forum kämpfen, wo die Denkmäler im Weg stehen, oder im Circus, wo uns die Hälfte des Publikums wegen der spina nicht sehen kann.« »Damit sagst du mir nichts Neues«, erklärte ich ihm. »Seit mein Vater diese Schule gegründet hat«, sagte Statilius, »hat sich die Bevölkerung der Stadt verdoppelt und eine typische Munera im Umfang sogar verdreifacht. Wenn die Politiker darauf bestehen, sich im Pomp ihrer Spiele gegenseitig zu überbieten,
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