Die Rache der Flußgoetter
Balkon.
Unter uns stützte ein Trupp von Arbeitern das Gebäude mit schweren Holzträgern ab. Die schlammigen, trüben Fluten des Tibers waren nur noch wenige Schritte von ihren Füßen entfernt.
»Sie sind bei Tagesanbruch hier aufgekreuzt, gesandt von Aemilius Scaurus. Offenbar droht eine Überflutung des Theaters. Was soll ich machen? «
»Na, weiterproben, natürlich! In den letzten Jahren hat das Theater das Hochwasser immer überstanden. Vielleicht übersteht es auch dieses.« »Und wenn nicht?« rief er erregt. »Alles wäre ruiniert! Was sollen wir dann machen?«
Ich faßte seinen Arm. »Mein guter Publius Syrus, überlaß die Kleinigkeiten einfach mir. Wenn dieses Theater zerstört wird, können wir immer noch in Pompeius' Theater umziehen, so sehr mir das auch zuwider wäre.« Ich geleitete ihn zurück in den Tunnel, der zur Bühne führte. »Mach du einfach weiter und drill deine Truppe. Was immer in den nächsten Tagen auch passieren mag, bis zu den Ludi Megalenses wird der Pegel in jedem Fall wieder gesunken sein. Ich werde mich um alles kümmern.«Murmelnd, kopfschüttelnd und die Hände ringend zog er sich ins Innere des Theaters zurück. Als ob ich nicht schon genug um die Ohren hätte, mußte ich jetzt auch noch exaltierte Künstler bei Laune halten. »Laß uns mit den Männern da unten reden«, sagte ich zu Hermes. Von der Galerie führte eine wacklige Treppe hinunter zum schlammigen Ufer. Flußabwärts zu unserer Linken lag die Pons Sublicius. Der Fluß vor uns hatte eine alarmierende Breite und Strömung angenommen. Auf der Brücke standen genau wie auf der Pons Aemilius ein Stück flußaufwärts (erbaut von einem Vorfahren des Aemilius, der das Theater hatte errichten lassen) zahlreiche Schaulustige, die auf das Wasser zeigten, gestikulierten und zweifelsohne verkündeten, daß sie die drohende Katastrophe persönlich vorausgesagt hatten. So was tun die Leute immer.
Die meisten der Arbeiter waren offenbar Sklaven, allerdings keine ungelernten Ausländer wie die Truppe, die die Trümmer der Insula geräumt hatte. Diese Männer verstanden ihr Geschäft und waren damit beschäftigt, aus schweren, vertikal und diagonal auf gemeißelten Felsbrocken ruhenden Holzpfeilern eine massive Verstrebung unter dem Überhang des riesigen Theaters zu errichten. Auf mein ungeübtes Auge machte das Ganze einen sehr stabilen Eindruck. Was mich beunruhigte, war die Tatsache, daß mein Auge in der Tat äußerst ungeübt war.
Ein Mann, der besser gekleidet war als die übrigen Arbeiter, gab die Anweisungen. Sein Haar und seine Gesichtsfarbe waren ein wenig dunkler als die des typischen Römers, obwohl er den Ring eines Bürgers trug. »Ich bin der plebejische Ädile Metellus«, erklärte ich ihm.
»Wie wahrscheinlich ist es, daß eure Befestigungsarbeiten das Gebäude bei einer schweren Flut retten können?«
Er verbeugte sich knapp. »Ich bin Manius Florus, Freigelassener des Manius Florus. Die Firma meines Patrons wurde vom Prokonsul Aemilius Scaurus beauftragt, das Theater gegen das drohende Hochwasser zu befestigen.
Um deine Frage zu beantworten, Ädile, das hängt ganz von der Flut selbst ab.
Wenn die Strömung sehr stark wird, könnte das Ufer so weit abgetragen und weggespült werden, daß das ganze Bauwerk in den Fluß stürzt. Da es jedoch zwischen den beiden prächtigen, festen Brücken steht«, fuhr er mit einer ausladenden Armbewegung in Richtung beider Brücken fort, »habe ich die Hoffnung, daß uns das erspart bleibt. Nach meiner Erfahrung müßte die Brücke flußaufwärts«, er wies auf die Pons Aemilius, »die Strömung in dieser Biegung des Flusses stark abschwächen und sie in die Mitte des Stromes lenken, wo sie nur geringen Schaden anrichten kann. Diese Brücke hat im Laufe der Jahrhunderte viele, viele Fluten überstanden. «
»Ich hoffe inständig, daß du recht hast«, erwiderte ich.Hermes trat auf mich zu. »Ich glaube, das solltest du dir besser mal ansehen «, murmelte er. Es war ansonsten gar nicht seine Art zu murmeln.
Ich folgte ihm zu der schweren Holzverstrebung. »Sieh dir das an.« In das Holz war in großen ungeschlachten Lettern der Name »Hermes« geritzt. »Du wolltest, daß ich mir das ansehe?« fragte ich. »Ich weiß, daß du deinen Namen schreiben kannst.«
Er verdrehte verzweifelt die Augen. »Aber ich habe ihn nicht heute morgen dort hineingeritzt.«
»Hä?« Mein Verstand arbeitete noch nicht mit voller Kraft.
»Sieh mal.« Er kratzte mit dem Fingernagel
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