Die Rache der Flußgoetter
Liberalität und eine angenehme Persönlichkeit waren stets mehr nach meinem Geschmack.
»Laß mich darüber nach denken«, sagte ich. »Zunächst müssen wir den Bestatter verhören. Danach bringe ich es vielleicht über mich, bei dem ruhmreichen Marcus Porcius Cato vorzusprechen.«
Die Bestatter Roms hatten ihr Viertel rund um den Tempel der Venus Libitina. Wir identifizieren unsere Venus mit der griechischen Aphrodite, aber der hübschen, schelmischen Gottheit der Griechen fehlt die dunkle Seite der Todesgöttin.
Unsere Libitina ist anders, weil wir Römer keinen Widerspruch darinsehen, daß ein und dieselbe Göttin sowohl über die Kopulation als auch über den Tod wacht, da man im.' Grunde das eine nicht ohne das andere haben kann.
Auch sind die Bestatter und ihre Firmen nicht besonders düster, weil wir Beerdigungen lieben. Wir denken uns, daß man im Leben bloß eine Bestattung bekommt, und sie ist das letzte, woran sich die Mitmenschen erinnern, also soll sie ein möglichst farbenprächtiges Spektakel sein. Die libitinarii in ihrer bizarren etruskischen Aufmachung sind zwar furchterregende Gestalten, aber das liegt vor allem daran, daß sie mit den Leichen kürzlich Verstorbener umgeben, die sich noch in einem gefährlichen Zwischenstadium befinden. Die Römer fürchten weder den Tod noch die Toten besonders, aber wir haben panische Angst vor der rituellen Verseuchung durch den Tod. Sobald die libitinarii ihr lustrum zelebriert haben, das den Leichnam reinigt, sehen wir die ganze Angelegenheit viel entspannter. Die Niederlassungen der Bestatter in diesem Viertel der Stadt waren nicht wie Läden oder Manufakturen, sondern eher wie Häuser angelegt, mit den für ihre Zwecke angemessenen kleinen Veränderungen versteht sich. Ich fragte mich zum Unternehmen des Sextus Volturnus durch. Bestatter bevorzugen etruskische Namen, selbst wenn sie selbst nicht dieser Abstammung sind.
Wir haben die Etrusker schon immer mit den Gottheiten der Unterwelt assoziiert, weil sie sie so gerne mochten.
Das Haus unterschied sich nicht wesentlich von meinem eigenen, wenn man von dem zur Straße liegenden Doppeltor absah, das sehr viel größer war als das bei mir zu Hause, damit die Träger eine Leiche auf einer Bahre problemlos hindurch tragen konnten. Es war fast zweimal mannshoch, da es Leute gab, die es nach wie vor bevorzugten, sich auf einem Stuhl sitzend zum Scheiterhaufen tragen zu lassen. Das Atrium des Hauses war riesig mit Rücksicht auf all jene Kunden, die sich lieber an Ort und Stelle als bei sich zu Hause aufbahren lassen wollten, weil hier weit mehr Trauergäste unter zu bringen waren als in den meisten Privathäusern. Alles war in bunten Farben gehalten, Blumenmuster und Fresken offener Landschaften zierten die Wände, nichts erinnerte an den Tod oder die Unterwelt. Der Mann, der auf mich zukam, als ich das geräumige Atrium betrat, trug das einzige weit und breit sichtbare Symbol seiner Zunft, eine schwarze Toga. Es handelte sich nicht um die übliche schmuddelige, braune Toga, die die meisten von uns als Trauerkleid trugen, sondern um eine pechschwarze Version, was sie in der fröhlichen Umgebung noch bedrohlicher erscheinen ließ. Als er mich sah, verzog er das Gesicht zu einer tieftraurigen Miene.
»Ein großer Römer ist tot!« klagte er. »Welch ein Jammer!«»Wie?« sagte ich. »Also, ich bin der Ädile Metellus -«
Er schlug die Hände zusammen, wobei er fast das Blut aus ihnen zu pressen schien. »Die Götter mögen uns bewahren!
Dein Vater, der große Censor, hat uns verlassen! Ganz Rom wird weinen! Herr, wenn du alle Vorkehrungen nur mir überlassen willst, würde ich mich geehrt fühlen, dir -«
»Nichts dergleichen!« unterbrach ich ihn. »Niemand ist gestorben. Jedenfalls nicht in meiner Familie. Ich bin vielmehr dienstlich gezwungen, der Entsorgung einiger Leichen nach zugehen, die ich gestern morgen hierher geschickt habe.«
»Oh.« Er ließ die Hände sinken, und in seinem Gesicht stand bittere Enttäuschung geschrieben. »Du meinst Lucius Folius und seine Frau.«
»So ist es.« Ich begann mich zu fragen, ob die Frau einen Namen gehabt hatte. »Ich habe einen Arzt geschickt, um sie auf Spuren eines Verbrechens zu untersuchen, und er hat mir berichtet, daß sie abgeholt worden sind.«
»Genau. Sofern keine gegenteiligen Anweisungen vorliegen, ist es üblich, den Leichnam des Verstorbenen dem Erben zu übergeben, der ihn zwecks Kremation und Bestattung abholt. Da die Riten in ihrer
Weitere Kostenlose Bücher