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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Heimatstadt Bovillae stattfinden sollten, gab es keine Veranlassung, sie hier zu belassen.«
    »Und der Erbe war ein gewisser Gaius Folius?«
    »Das hat er gesagt.«
    »Hat er irgendeinen Beweis für seine Identität vorgelegt?« fragte ich.
    Der Mann sah mich vollkommen verwirrt an. »Ist das gesetzlich vorgeschrieben?
    Ich habe jedenfalls bestimmt noch nie davon gehört. Beweis der Identität? Was sollte das sein? Und wer sollte ohne Grund einen Leichnam beanspruchen? Sie waren schließlich nicht wie die Mumien der Pharaonen mit Gold und Juwelen geschmückt. Es waren bloß zwei Leichen, die mit der Zeit auch nicht wohlriechender wurden.« der Mann machte einen richtig empörten Eindruck.
    »Ich verstehe, was du sagen willst«, meinte ich und hob besänftigend eine Hand. »Hat dieser Gaius Folius behauptet, er wäre der Sohn des verstorbenen Paares?«
    »Unwahrscheinlich. Er sah älter aus als die beiden. Ich habe ihn für einen Bruder, Vetter oder etwas in der Richtung gehalten.«
    »Wie sah er aus?«
    »Hohe Stirn, korpulent, trug viele Ringe. Alles in allem sah er ziemlich durchschnittlich aus«, er überlegte kurz, »bis auf seine Nase.«
    »Was war denn so einzigartig an seiner Nase?« verlangte ich zu wissen. »Er hatte eine große weinfarbene Warze auf der Nase. Wenn ich ihn fürden Scheiterhaufen präparieren würde, würde ich sie überpudern, damit sie nicht so ins Auge sticht.«
    »Vielen Dank, Sextus Volturnus«, sagte ich, seine beiden feuchten Hände umklammernd. »Du warst mir eine große Hilfe!« »Wenn du es sagst. Vergiß mich nicht für den Fall, daß einer deiner berühmten Verwandten abtritt.«
    Wir verließen das Bestattungsunternehmen und lenkten unsere Schritte in Richtung Forum. Also hatte Juventius, der Verwalter von Aemilius Scaurus, die Leichen der verstorbenen Folii reklamiert, die jetzt aller Wahrscheinlichkeit nach mit Aemilius höchst selbst nach Bovillae unterwegs waren. Aber warum? Diese Frage galt es zusammen mit vielen anderen zu beantworten.
    Cato war nicht schwer zu finden. Das war er nie. Marcus Porcius Cato war ein Feind alles Modernen und Fremden. Darunter fiel auch, lange zu schlafen, gut zu essen, heiß zu baden und irgend etwas Schönes zu genießen. Er studierte Philosophie und verfaßte sogar philosophische Traktate, und natürlich fühlte er sich zu den Stoikern hingezogen, da sie die unangenehmsten aller Griechen waren. Er glaubte ernsthaft, daß sämtliche Tugenden in den Sitten unserer Vorfahren begründet lagen und daß der einzige Pfad zur Größe die strikte Befolgung dieser Sitten war. Vor allen anderen verehrte er seinen eigenen Vorfahren, den Censor Cato, den widerwärtigsten Mann unter den vielen ekelerregenden Persönlichkeiten Roms, von denen die meisten sich zumindest damit beschieden, zu ihrem eigenen Nutzen grausam und gemein zu sein, während Cato der Censor wollte, daß jeder so bösartig wurde wie er. An jenem Morgen wurde in der Basilika Opimia ein Prozeß abgehalten, und ich war sicher, daß Cato daran teilnehmen würde, da es sich um ein Kapitalverbrechen handelte und er in letzter Zeit darüber geklagt hatte, daß römische Geschworenengerichte keine hinreichend drakonischen Urteile mehr fällten. Er würde zugegen sein, um die brutalste Strafe zu fordern, die die von ihm so verehrten Vorfahren vorgesehen hatten.

    Und tatsächlich saß er auf einer Bank, umgeben von seinen Hofschranzen, von denen viele seine »antike Schlichtheit« imitierten. Trotz der Kälte hatte er auf eine Tunika verzichtet und trug lediglich eine primitive, eckig geschnittene Toga, die ihn nicht nur unvorteilhaft kleidete, sondern auch seinen halben Oberkörper unbedeckt ließ.
    Und anstatt sich das Haar von einem Barbier schneiden oder legen zu lassen, rasierte er sich ungefähr einmal im Monat den Kopf kahl, so daß nur unregelmäßige Stoppeln seinen Schädel bedeckten. Als er meiner ansichtig wurde, sprang er auf seine nackten Füße – Sandalen hielt er für weibischen Luxus und unserer barfüßigen Vorfahren unwürdig; er selbst trug nur auf Feldzügen mit der Legion Schuhwerk. Erwar kein großer oder imposanter Mann, auch nicht besonders kräftig, aber er weigerte sich standhaft, eigene Schwächen zu akzeptieren, so daß er durch schiere Sturheit zu außergewöhnlichen Leistungen an Kraft und Ausdauer imstande war.
    »Heil, Ädile!« rief er wie ein Soldat, der seinen General als Imperator grüßt.
    »Und dir einen guten Morgen, Marcus Porcius Cato«, sagte ich.

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