Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
das Holz aus der eingestürzten Insula , das zwar fest, wenn auch ein wenig frisch, vor allem aber vorsätzlich beschädigt war, gegen diesen morschen Haufen ausgetauscht hast?«
    »Ausgetauscht?« fragte er. »Dies ist das Holz, das ich aus dem Keller dieser Insula geholt habe, und jeder, der etwas anderes sagt, ist ein Lügner. «
    »Hüte deine Zunge«, riet ich ihm, »du sprichst mit einem amtierenden Magistraten.«
    »Die Zeiten sind nicht mehr, was sie einmal waren, Ädile. Von euch Senatoren erwartet das Volk keine Führerschaft mehr. Und ein Ädile hat nicht einmal das Imperium . Du hast keine Liktoren und stehst auch nicht unter dem besonderen Schutz, den ein Volkstribun genießt.«
    Das hörte sich verdächtig danach an, als hätte jemand ihn in den Feinheiten des Beamtenrechts beraten. Die meisten Bürger waren in diesen Fragen beklagenswert ignorant und gingen davon aus, daß jedes Amt über die Macht und Immunität der höchsten Ämter verfügte. Tatsache war jedoch, daß wir nicht viel mehr als Staatsfunktionäre ohne besonderen Schutz und Privilegien waren. Die Ausstattung der Ämter, die über das Imperium verfügten, die Liktoren, kurulischen Stühle und purpurnen Streifen auf den Togen, drückten weit mehr aus als bloße Würde. Sie hoben den Amtsträger als einen Menschen mit besonderer Macht hervor, und wenn man sich mit einem von ihnen anlegte, konnte es einen den Kopf kosten. Doch als schlichter plebejischer Ädile verfügte ich über nichts von alledem.
    Die grüngekleideten Schläger hinter Caninus grinsten. Solche Männer genießen es stets, wenn einer ihrer Anführer sich der Autorität widersetzt. Ich kannte Männer wie Caninus aus langer bitterer Erfahrung. Sie waren wie zu groß geratene Straßenköter, die ein Rudel Hunde anführten, und wenn man ihnen gegenüber das geringste Anzeichen von Schwäche zeigte, war man erledigt. Ich trat auf ihn zu, bis unsere Gesichter nur noch Zenti-meter voneinander entfernt waren, und setzte jene kalte, gebieterische Miene auf, für die römische Beamte in der ganzen Welt berühmt sind. Darin war ich sehr gut, denn ich übte es oft im stillen.
    »Publicanus« , fuhr ich ihn in meinem vernichtendsten Ton an, »nur der Respekt vor den Gesetzen der Republik läßt mich deine Unverschämtheit tolerieren. Aber noch ein Ton, und ich werde dich vor den Gerichtshof des

    praetor Urbanus zerren und dich der majestas anklagen. Dieses Vergehen ist dir doch ein Begriff?« Ich hatte meine Anrede mit Bedacht gewählt. Für die meisten Menschen hatte die Bezeichnung Publicanus einen verächtlichen und geringschätzigen Klang, da die einzigen publicani , denen sie im Normalfall begegneten, Steuereintreiber waren, die niemand leiden konnte.
    Sein Blick flackerte kurz auf, sein Selbstbewußtsein war durch meine Arroganz offenbar erschüttert. »Ich habe das Wort schon mal gehört. Was ist damit?«
    »Es bedeutet eine massive Beleidigung der Majestät des römischen Volkes und seines heiligen Staates. Es wird genauso bestraft wie Verrat.«
    »Das ist doch lächerlich! Bloß weil ich -«
    »Als Beamter des Staates«, fuhr ich fort, um ihm keine Gelegenheit zu lassen, seine trägen Gedanken wieder zu ordnen, »verkörpere ich die kollektive Dignität des römischen Volkes!
    Wenn du deine Hand auch nur gegen den geringsten Quaestor erhebst, machst du dich zu einem Feind des Staates.«
    »Wer erhebt denn hier die Hand gegen irgend jemanden?« platzte er los. »Ich habe meine Meinung vertreten, sonst nichts.«
    Ich musterte ihn so verächtlich, wie es sonst wohl nur Cato konnte. »Eine Verbalinjurie oder eine despektierliche Haltung sind das gleiche wie körperliche Gewalt. Hier kannst du nicht im Schütze des Pöbels anonyme Verleumdungen geger einen Redner auf der Tribüne ausstoßen, Caninus. Hier stehst du allein und vor Zeugen. Dies ist das geweihte Gelände des Tempels der Ceres, seit der Gründung der Republik Heimstatt der plebejischen Adilen. Mach nicht alles noch schlimmer, indem du deinem Vergehen auch noch einen Frevel hinzufügst!«
    Das war natürlich nichts weiter als eindrucksvolles Gepolter. Soweit ich unterrichtet war, konnte er seine Tunika lüften und dem ganzen Ädilen-Kollegium seinen nackten Hintern präsentieren, ohne daß ihm etwas geschah, vermutlich inklusive der Hohen Priesterin der Ceres. Aber Körpergröße und Prahlerei eines Straßenschlägers können es nicht mit der gravitas eines hochgeborenen römischen Beamten aufnehmen, der von Geburt an

Weitere Kostenlose Bücher