Die Rache der Flußgoetter
eines, das den losen Umgang mit der Peitsche erfordert, vielleicht tötet er auch hin und wieder den einen oder anderen Sklaven, um für die anderen ein Exempel zu statuieren, aber als Staatspächter muß er von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang beschäftigt sein. Wann hat so jemand noch Zeit, Schlägertrupps durch die Straßen zu führen?«
Neue Häuser zu errichten und alte einzureißen, war in Rom eine Dauertätigkeit. Als Caesar in späteren Jahren die vorübergehenden Bestimmungen diverser Tribunen zum permanenten Gesetz erklärte und jeglichen Verkehr auf Rädern tagsüber aus der Stadt verbannte, erließ er eine ausdrückliche Sondergenehmigung für Karren, die Baumaterial an- oder Bauschutt abtransportierten.
»Daran hatte ich nicht gedacht«, gab Hermes zu. »Es waren Hypsaeus' Männer. Glaubst du, man hat sie mitgeschickt, um Caninus im Auge zu behalten und sicher zu gehen, daß er nichts Falsches sagt?«
»Eine Vermutung, die ebenso plausibel ist wie andere auch. Außerdem wollten sie mich wissen lassen, daß ich Feinde habe, die nicht zögern, Leute um zu bringen, die ihnen in die Quere kommen. Offenbar hat sich die Nachricht verbreitet, daß ich in dieser speziellen Angelegenheit nicht auf Milos Hilfe bauen kann.«
Wir hasteten durch die Straßen in Richtung Subura. Ich wollte nach Hause. Es war noch früh am Tag, aber ich wollte die Unterlagen aus dem Archiv einsehen. Die Straßen waren noch verstopfter als üblich, weil die Leute aus den überflutungsgefährdeten Vierteln in höhere Lagen umzogen, bepackt mit so viel Hausrat, wie sie eben tragen konnten, darunter auch Hunde, Vögel, Hühner und anderer Viehbestand, der einen derartigen Radau machte, daß Hermes und ich schreien mußten, um uns zu verständigen.
»Du hast immer noch Caesar auf deiner Seite«, rief Hermes.
»Caesar ist weit, weit weg«, meinte ich. »Und wenn ich in einer politischen und pekuniären Angelegenheit umgebracht werde, wird er sich gewiß verständnisvoll zeigen. Es wird lediglich bedeuten, daß der Verantwortliche Caesar einen großen Gefallen schuldet.«Wir kamen in eine Straße, in der sämtlicher Verkehr zum Erliegen gekommen war, weil ein Gruppe von Männern Truhen und andere Möbel auf das Dach einer Insula wuchteten.
Gegenstände, die man nicht bei sich tragen konnte, wurden in höhere Stockwerke oder sogar aufs Dach geschafft, aber vieles war zu groß, um es durch die engen Treppenhäuser zu tragen, so daß es mit Seilen von der Straße nach oben gezogen werden mußte. Da jedoch nur wenige römische Straßen so breit waren, daß zwei Menschen bequem aneinander vorbeigehen konnten, ohne sich seitwärts zu wenden, waren die Auswirkungen auf die Verkehrslage natürlich chaotisch.
»Was ist mit deinen Nachbarn?« fragte Hermes. »Sie haben sich doch schon früher zusammen getan, um dir zu helfen.«
»Hermes«, sagte ich leicht ungeduldig, »ich habe den deutlichen Eindruck, daß du mich nicht für kompetent hältst, die Situation aus eigener Kraft zu bewältigen.«
»Ich habe mich jedenfalls sicherer gefühlt, als wir Gefangene der Germanen waren«, erwiderte er kleinlaut.
Endlich schwebte das Bündel Hausrat quietschend himmelwärts, und wir gingen darunter hindurch, wobei mir nicht besonders behaglich zumute war. In allen Tälern zwischen den Hügeln waren die Menschen mit derlei Sicherungsarbeiten beschäftigt, hin und wieder hörte man das Knacken reißender Seile, gefolgt vom Geschepper zerberstender Möbel und gelegentlichen Schreien von Menschen, die nicht beherzt genug zur Seite getreten waren.
»Ich möchte nur meine Waffe holen«, erklärte ich entschlossen, »dann bin ich bereit, es mit dem ganzen Haufen auf zu nehmen!« Der Blick, mit dem Hermes meine Prahlerei quittierte, war zu beredt, um ihn hier zu beschreiben.
Schließlich erreichten wir mein Zuhause. Obwohl die Subura sich hauptsächlich in dem Tal zwischen Quirinal und Esquilin erstreckte, war sie ein gutes Stück vom Fluß entfernt, und nur ein kleiner Teil lag so tief, daß er überflutungs gefährdet war.
Das Viertel war schon in guten Zeiten vollkommen über bevölkert, und jetzt hatte sich die Zahl der Menschen verdoppelt, weil Leute, die am Fluß wohnten, Zuflucht bei Freunden und Verwandten in höher gelegenen Stadtvierteln gesucht hatten, selbst wenn das bedeutete, daß sie auf dem Dach einer Mietskaserne in der Subura ihr Lager aufschlagen mußten. Die Kakophonie der Geräusche war um so farbenprächtiger, als von überallher in
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