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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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einer Vielzahl von Sprachen gerufen wurde. Etwa die Hälfte meiner Nachbarn waren gebürtige Römer, die ihren eigenen Subura-Dialekt des Lateinischen, sprachen. Der Rest waren Ausländer, entweder Einwanderer und hier seßhafte Fremde oder freigelassene Sklaven, die in Scharen in die Subura strömten, weil die Mieten hier innerhalb der Stadt am günstigsten waren. Es gab fast schwarze Numidier, Gallier mit blonden Schnauzbärten und geflochtenen Halsringen, Ägypter mit Perücken, Syrer mit geölten Locken, zahlreiche Juden mit spitzen Hüten und gestreiften Roben und die üblichen griechisch aussehenden Griechen. Wenn letztere aufgeregt waren, vergaßen sie ihr grauenhaft akzentuiertes, bruchstückhaftes Latein und verfielen wieder in die wilden, bellenden Töne ihrer Muttersprache. Julia stand in der Säulenhalle um das impluvium und war offenbar damit beschäftigt, das Hauspersonal auf Vordermann zu bringen. Als sie mich sah, riß sie überrascht die Augen auf.
    »Die Sonne steht noch hoch am Himmel, und du bist schon zu Hause.
    Ist irgend etwas nicht in Ordnung?«
    »Vater Tiber steht im Begriff einen seiner gelegentlichen Anfälle zu bekommen, außerdem ist es nicht unwahrscheinlich, daß ich in Bälde von bewaffneten Männern angegriffen werde«, berichtete ich.
    »Wenn du nicht sofort angegriffen wirst, kannst du mir vielleicht einen Vorschlag machen, wohin wir das hier stellen sollen«, erwiderte sie unbeeindruckt. Sie trat zur Seite, um mir zu zeigen, womit die Sklaven beschäftigt gewesen waren. Sie stemmten eine fast mannsgroße Kiste hoch. Drei Bretter hatten sie bereits herausgebrochen, Stroh war auf die Marmorfliesen gerieselt und hatte den Blick auf eine anmutige Statue aus poliertem weißem Marmor freigegeben. Es war ein Standbild der Venus oder, genauer gesagt, der griechischen Aphrodite.
    »Sie ist wunderschön«, sagte ich, meine Sorgen im Angesicht solcher Erhabenheit für einen Augenblick vergessend. Die Göttin war vollkommen nackt bis auf ihre Sandalen, deren eine sie, auf eine kleinere Pan- Statue gestützt, gerade zuband. Das ist in der bildenden Kunst eine durchaus konventionelle Pose der Göttin, und es bedarf eines wirklich meisterlichen Bildhauers, um sie anmutig darzustellen. Der Schöpfer dieser Skulptur hatte perfekte Arbeit geleistet. Der weiße Marmor war so hauchzart getönt, daß man schon sehr genau hinsehen mußte, um die Tönung überhaupt zu erkennen. Die Statue wirkte wie ein echter menschlicher Körper aus einer reinen, unstofflichen Substanz wie Wolken. Brustwarzen, Lippen und Haare waren vergoldet, was an den meisten Statuen einfach nur abscheulich aussieht, hier jedoch einen atemberaubenden Effekt hatte. Später stellte ich fest, daß der darunter liegende Marmor erst dunkel gefärbt und dann mit einer feinen Schicht Goldblatt überzogen worden war. »Ich habe schon Kopien dieser Statue gesehen«, sagte Julia, »aber sie waren nicht so schön wie diese.«
    »Das kann nicht die Arbeit eines römischen Ateliers sein«, pflichtete ichihr bei. Wir hatten uns längst sämtliche der besten Kunstwerke Griechenlands angeeignet, und trotzdem gab es nie genug, um die Nachfrage der wachsenden wohlhabenden Schichten des Imperiums zu befriedigen. Also gab es zahlreiche Ateliers, die Kopien der seltenen Originale produzierten, von denen sich einige fast mit den Originalen messen konnten, auch wenn die meisten minderwertige Arbeiten waren. Schließlich erwachte ich aus dem Zauber dieses edlen Kunstwerkes und fragte mich, was es gekostet haben möge. »Julia, hast du uns mit dem Kauf dieses Dings ruiniert?« »Ich habe es nicht gekauft«, sagte sie. »Ein Trupp Männer hat die Statue heute morgen angeliefert. Gut, daß es in diesem Viertel so viele Schmiede gibt. Wir mußten ein Stemmeisen ausleihen, um die Kiste zu öffnen.«

    »Aber wer hat sie geschickt?« Noch während ich fragte, spürte ich die Erleichterung darüber, daß Julia sich die Mühe gemacht hatte, ein Stemmeisen holen zu lassen, anstatt auf ihre üblichen Notbehelfe zurück zu greifen wie etwa eines meiner Schwerter.
    »Die Transporteure sagten, ein Mann namens Farbus hätte sie angeheuert, die Plastik in einem Lagerhaus neben dem Forum abzuholen und hier anzuliefern. Meine Großmutter hat einen Verwalter namens Farbus. Vielleicht ist es ein Geschenk von ihr.« Sie meinte Aurelia, die Mutter von Julius Caesar.
    Der alte Drachen konnte mich nicht ausstehen, aber sie vergötterte Julia. »Das könnte sein«, räumte ich

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