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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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unterwiesen, nicht jedoch im Schönschreiben. Das überlassen wir normalerweise den Experten. Trotzdem gelang es mir, mich durch die ungeschlachten Buchstaben und unbeholfenen Formulierungen zu kämpfen.
    Der Brief war von dem plebejischen Ädilen Aulus Lucilius, einem mir vollkommen unbekannten Mann, an die Censoren Vatia Isauricus und Messala Niger adressiert. Thema des Schreibens war der Zustand des Theaters von Aemilius Scaurus.
    In knapper, schonungsloser Prosa berichtete er von den Ergebnissen seiner Untersuchung: Das praktisch neue Theater war unter seiner einzigartigen Verzierung vollständig aus Holz erbaut, daß entweder zu frisch, morsch, termitenzerfressen oder anderweitig ungeeignet für jedwedes Gebäude war, ganz zu schweigen von einem Bauwerk, in dem an Feiertagen ein sehr großer Anteil der Bevölkerung unter Lebensgefahr Platz nehmen würde.
    In für ein so kurzes Dokument erstaunlicher Ausführlichkeit wurde aufgelistet, daß die Ziegel für das Fundament auf der dem Land zugekehrten Seite aus minderwertigem und zudem schlecht gebranntem Ton waren, so daß sie in der Hand eines kräftigen Mannes leicht zerbröselten. Er hatte an verschiedenen Stellen Pfähle in die Erde getrieben und unter dem Fundament nichts als Flußschlamm gefunden, so daß das gesamte Gewicht des Theaters entweder auf weiteren minderwertigen Ziegeln oder noch schlimmer auf im Wasser stehenden Pfählen ruhte, die Tag für Tag weiterfaulten. Es sei ein Wunder, daß das Bauwerk die von Scaurus im Jahr seiner Erbauung veranstalteten Spiele überstanden hatte, schloß Lucilius seinen Bericht, dem er eine Liste der ihm in dieser Angelegenheit bekannten Übeltä-ter angefügt hatte, mit der Empfehlung, daß die Ergebnisse seiner Ermittlung zur Anklageerhebung an den praetor Urbanus weiter geleitet wurden.
    Die Namen waren: Marcus Aemilius Scaurus, Bauherr: Lucius Folius, Baustoffhändler und - Ein Gewicht lag mir plötzlich bleischwer im Magen, und meine Nackenhaare sträubten sich: zutiefst desorientierende Symptome. - Quintus Caecilius Metellus Pius Scipio Nasica, Besitzer des Holzhofes und der Ziegelbrennereien, die fast alle Baumaterialien zur Errichtung des Theaters geliefert hatten.

    Am unteren Rand der Schriftrolle war in einer anderen Handschrift eine Notiz beigefügt: » Von dem Censor M.
    Valerius Messala Niger an den praetor Urbanus. Dieser Mann ist ein notorischer politischer Gegner von Scaurus und Pompeius. Wir können diese verleumderische Politik gefahrlos ignorieren.«
    Ich schob die Schriftrolle beiseite und vergrub mein Gesicht in den Händen. Die Welt um mich herum brach zusammen. Meine lange geplanten Spiele sollten in einem Bauwerk abgehalten werden, das eine Todesfalle für das Publikum war.
    Wenn ich diesen Umstand öffentlich machen würde, was eindeutig meine Pflicht war, würde ich unaussprechliche Schande über meine Familie bringen, und das zu einem Zeitpunkt, wo sie gerade einen politischen Kompromiß in die Wege leitete, der die Stadt vielleicht vor dem Chaos und das Imperium vor einem Bürgerkrieg bewahren konnte. Das erklärte vieles, vor allem Scipios plötzlichen Meinungsumschwung, was die Strafverfolgung von betrügerischen Bauunternehmern und die vehementen Einwände meiner Familie anging. Scipio war zwar per Adoption ein Caecilius Metellus geworden, aber unter den großen Familien war eine Adoption ein ebenso festes Band wie das Blut. Er trug den Namen, und der Name war alles. Er war von dem großen Metellus Pius adoptiert worden, der vor Caesar Pontifex Maximus gewesen war und für die römische Urtugend der pietas verehrt wurde.
    Als der Dockrneister Ogulnius davon gesprochen hatte, daß Folius' Kähne Baumaterialien aus Quellen entlang des Flusses transportiert hatten, war mir nie in den Sinn gekommen, daß meine Familie in die Sache verwickelt sein könnte, weil wir in der Gegend kein Land besaßen. Ich hatte vergessen, daß die Scipios ausgedehnte Ländereien zwischen Rom und Ostia hatten.
    Doch das Beklagen dieser unwillkommenen Wendung der Ereignisse half mir auch nicht weiter. Wie üblich brauchte ich vor allem weitere Informationen. Julia und Fausta bewunderten noch immer die Statue. Sie hatten die Verpackung vollständig entfernen lassen, und die Sklaven drehten und wendeten die Skulptur, damit die Frauen beobachten konnten, wie dasLicht aus verschiedenen Richtungen darauffiel. »Kennt einer von euch beiden einen Senator namens Aulus Lucilius? Er war vor ein paar Jahren plebejischer

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