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Die Rache der Flußgoetter

Die Rache der Flußgoetter

Titel: Die Rache der Flußgoetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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sterbenden Lucilius falsch verstanden.
    Nicht canis hatte er gesagt, sondern Caninus.

XI
    »Warte«, sagte ich, als Hermes seinen Fuß auf die Brücke setzen wollte. Er drehte sich um. »Was?«
    »Halt dich weiter flußaufwärts. Wir nehmen die Pons Cestius.«
    »Wir wollen auf die Tiberinsel?« fragte er überrascht.
    »Nun, ich nehme an, wir könnten auch in den Fluß springen, aber für gewöhnlich landet man auf der Insel, wenn man die Pons Cestius überquert.
    « Der lange, verwirrende und ermüdende Tag ließ mich zu lauem Zynismus greifen.
    »Was immer du befiehlst.« Hermes drehte sich um und ging am Ufer voran, das auf dieser Seite des Flusses noch deutlich oberhalb des Pegels lag. Wie Ogulnius mir erklärt hatte, war die Strömung hier an der inneren Biegung des Tibers ungleich langsamer und weniger zerstörerisch als am gegenüber liegenden Ufer. Ich weiß nicht, warum das so ist, aber vielleicht ist es so ähnlich wie bei den Rennwagen im Circus, wo es auch immer so aussieht, als würde sich die Nabe des Rades sehr viel langsamer drehen als der Rand desselben Rades, der wie wild zu kreisen scheint. Ich beschloß, irgendwann einen Philosophen zu fragen.
    Aus welchem Grund auch immer, das Wasser zu unseren Füßen wirkte fast friedlich, während es in der Mitte des Stroms aufgewühlt war. Im Licht des Mondes und der Fackeln auf den Brücken konnte man jede Menge Trümmer von den Überflutungen stromaufwärts erkennen. Ausgewachsene Bäume sah ich nicht, aber nicht wenige Sträucher und offenbar auch ertrunkene Tiere. Einmal trieb sogar eine auf dem Kopf stehende Strohhütte, wie sie Hirten benutzten, vorbei wie ein bizarres Boot. Man hätte erwarten sollen, daß das Spektakel von einer Menge Lärm begleitet würde, doch dem war nicht so. Vater Tiber arbeitete recht still an der Erfüllung seines rätselhaften Zwecks. Man hörte lediglich das leise Murmeln des fließenden Wassers an den Wellenbrechern, die die stromaufwärts gewandten Seiten der Brücken schützten, sowie ein gelegentliches Kratzen oder Schaben, wenn ein auf dem Wasser treibender Balken gegen eine Brücke oder eine Uferbefestigung stieß. Ansonsten war es beinahe so ruhig wie an einem normalen Abend.
    Für die Strecke von der Pons Sublicius bis zur Pons Aemilius brauchten wir nur ein paar Minuten, wobei wir die ganze Zeit an Schaulustigen und Fischern vorbei kamen, die noch immer dabei waren, ihre Boote in Sicherheit zu bringen. Üblicherweise ging der Großteil der Bevölkerung gleich nach Einbruch der Dunkelheit zu Bett, aber nicht in jener Nacht. Hinter der Pons Aemilius machte der Fluß eine scharfe Linksbiegung Richtung Westen. Hier kamen die beiden Tiberarme wieder zusammen,nachdem sie sich vor der Insel getrennt hatten. Der Weg über die Pons Cestius, die die Insel mit dem Westufer verband, war etwas länger als der über die neue Pons Fabricius vom Ostufer. Dieser Abschnitt war einsamer; zu unserer Linken erstreckten sich offene Wiesen, da die Gegend damals noch nicht erschlossen war und Bauern noch immer ihre Felder bestellten, um den Ertrag auf den Märkten der Stadt zu verkaufen.
    Die dem Gott der Heilkunst geweihte Insel schien wie ein riesiges Schiff inmitten der Fluten zu treiben, und das ist nicht nur ein wohlklingendes Bild. Die gewaltigen Schutzmauern und Wellenbrecher an den Landspitzen des elliptischen Eilands hatten die Form einer Galeere, deren Bug stromaufwärts zeigte.
    Jetzt wo der Tiber ihre riesige, marmorne Ramme überflutet hatte, entstand der fantastische Eindruck, als würde die Insel mit großer Geschwindigkeit davonschwimmen.
    Der unheimliche Anblick erfüllte Hermes offenbar mit abergläubischer Furcht. »Da sollen wir rüber?«
    »Es ist nur eine optische Täuschung«, versicherte ich ihm, selbst ein wenig beunruhigt. »Die Insel schwimmt nirgend wohin. Sie war schon an genau derselben Stelle, als Romulus hier aufgekreuzt ist. Natürlich ohne all die dekorativen Maurerarbeiten. Wenn sie sich wirklich bewegen würde, würde sie doch an den Brücken zerren, oder nicht?« Fast ebenso sehr zu meiner wie zu seiner Beruhigung klopfte ich auf die Brüstung. »Siehst du? Vollkommen solide. Und jetzt komm.«

    »Ich habe nicht wirklich gedacht, daß sie sich bewegt«, murmelte er. Als wir die Stufen des Tempels erklommen, bewunderte ich die Feuer, die in der neuen, großen Bronzerosten vor den Portalen loderten. An der Helligkeit der Flammen und der nur dünnen Rauchfahne erkannte ich, daß hochwertiges Holz

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