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Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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Henry ihn für seine Zwecke benutzt. Wie auch immer … Den Mann möchte man nicht zum Gegner haben.«
    Von draußen waren die Stimmen der beiden Frauen zu hören. Sie schienen sich angeregt zu unterhalten und nicht vorzuhaben, sich gleich zu den Männern zu gesellen. Yvain beschloss, die Gelegenheit zu nutzen. »Da wir gerade noch unter uns sind«, sagte er rasch, »ich möchte meiner Tante gerne einen Ring oder eine Kette zu Weihnachten schenken. Sie arbeitet sehr viel auf dem Gut. Ihr könnt mir doch bestimmt eine Auswahl an Schmuckstücken zeigen.«
    »Ich bin Geschäften nie abgeneigt.« Walther grinste und erhob sich. Er ging zu der mit der Emaille-Einlegearbeit verzierten Truhe, öffnete sie mit einem Schlüssel und holte zwei Holzkisten heraus, die er zum Tisch brachte. Die Kisten waren mit kleinen Samt- und Lederbeuteln gefüllt. Er nahm einige, löste die Schnur, die sie verschloss, und ließ den Inhalt vorsichtig auf den Tisch gleiten – Anhänger unterschiedlicher Größe aus Bernstein, von denen in einem sogar eine Biene für die Ewigkeit gefangen war, schmale goldene und bronzene Armreifen und andere aus schimmerndem Perlmutt sowie goldene und silberne Ringe.
    Etwas ratlos betrachtete Yvain all die Kostbarkeiten. »Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, was meiner Tante gefallen könnte«, gestand er. Walther legte nachdenklich den Kopf schief. »Ich könnte mir vorstellen, dass ihr Bernstein zusagen würde«, meinte er schließlich.
    »Wenn Ihr das glaubt …«
    »Ich habe auch noch Ohrringe aus Bernstein. Vielleicht wären sie ebenfalls etwas für Marian.« Walther fasste wieder in eine der Kisten und öffnete einen weiteren Beutel. Doch keine Bernsteinohrringe glitten auf den Tisch, sondern bronzene, die wie Tropfen geformt und mit Granatsplittern besetzt waren. Yvain sog scharf die Luft ein. Ähnliche hatte er seiner Frau Helen kurz vor ihrem Tod geschenkt. Sie hatte sie nur einmal bei einem Fest getragen.
    Auch Walther, bei dem Yvain die Ohrringe damals erworben hatte, erkannte die Ähnlichkeit. Kommentarlos steckte er sie wieder in den Beutel.
    Schmerzlich erinnerte sich Yvain, dass Helen gesagt hatte, die Ohrringe erinnerten sie an herbstlich verfärbte Blätter, die bei Regen im Sonnenlicht funkelten. Die Welt so zu betrachten, war typisch für sie gewesen. Yvain hatte ihr den Schmuck mit ins Grab gegeben.
    »Das sind die Ohrringe, die ich Euch eigentlich zeigen wollte«, sagte Walther nun ruhig und wies auf kleine Bernsteinkugeln, die an einer dünnen goldenen Kette aufgereiht waren.
    »Die nehme ich«, erwiderte Yvain hastig.
    Walther hatte die beiden Kisten eben wieder in der Truhe verstaut und die Ohrringe Yvain übergeben, als Marians und Janes Stimmen dicht vor der Tür des hölzernen Verschlags erklangen.
    »Yvain …« Gleich darauf eilte Marian auf ihren Neffen zu. »Die Leute von dem benachbarten Boot haben vor einigen Tagen eine Frau am Ufer entdeckt. Jane hat mir davon erzählt. Die Frau war völlig durchnässt, sehr krank und kaum bei Besinnung. Die Leute nahmen sie mit auf das Schiff und pflegten sie. Da sie weiterreisen müssen und ein Boot kein geeigneter Ort für eine Kranke ist, beabsichtigen sie, die Kranke ins Spital zu bringen. Aber ihnen ist nicht ganz wohl bei der Vorstellung, die Frau an einem solchen Ort, unter vielen fremden Menschen zu lassen. Denn sie wirkt sehr verstört …«
    »Und nun hast du dir überlegt, ob du die Kranke nicht auf unserem Hof gesund pflegen könntest?« Yvain betrachtete Marian mit einer gereizten, ungeduldigen Zuneigung. Seine Tante, deren lange zurückliegende Ehe kinderlos geblieben war, ging darin auf, hilfsbedürftige Wesen zu bemuttern. Sei es eine streunende Katze, ein verletzter Hund, ein Kranker – oder eben ihr verwitweter, vom Leben verwundeter Neffe.
    »Ja …« Marian schloss den Mund, aber nur für einen Augenblick. »Ich habe die Frau natürlich schon besucht«, redete sie gleich darauf atemlos weiter. »Ich mag sie.«
    »Nun, es ist deine Entscheidung, ob du dir diese zusätzliche Arbeit aufladen willst.« Yvain zuckte die Schultern. »Von mir aus kannst du dich gern um die Frau kümmern.«
    *
    Auf dem Nachbarboot kam ihnen eine magere Frau, die damit beschäftigt gewesen war, das Deck zu schrubben, entgegen. Marian hatte noch eine Weile mit Jane und Walther geplaudert und den Wein und die Kuchen gekostet, während sie sich Stoffe hatte zeigen lassen. Allmählich war Yvain des Geredes überdrüssig geworden und hatte darauf

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