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Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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schreckliche Sünde begangen hatte, sich das Leben zu nehmen? Statt nach der Gebetszeit mit den anderen Schwestern ins Dormitorium zu gehen und sich schlafen zu legen, hatte sie sich unter dem Vorwand, sie müsse dringend Arzneien zubereiten, entfernt. Sonst, wenn sie aufgewühlt war, beruhigte es sie immer, mit den Kräutern zu arbeiten. Doch jetzt stand sie nur da und starrte auf die Kräuterbüschel, die vor ihr im Schein eines Talglichts auf dem Tisch in der Hütte lagen, und konnte sich nicht überwinden, sie in die Hand zu nehmen. Heilmittel zuzubereiten erschien ihr plötzlich völlig sinnlos. So wie die ganze Welt sinnlos war.
    Ein Rascheln draußen im Garten ließ sie zusammenfahren. Doch es war nur Simon, der in die Hütte trat.
    »Ich hätte nicht damit gerechnet, Euch noch so spät hier anzutreffen«, meinte er. »Ich bin auf dem Klostergelände herumgewandert, und dann sah ich das Licht.« Sein schmales, sonst so lebhaftes Gesicht wirkte erschöpft.
    »Ihr habt es Luce gesagt?«, fragte sie leise.
    »Ja.« Er nickte.
    »Wie hat er es aufgenommen?«
    »Er schläft jetzt. Er ist ein starker Junge. Ich hoffe, dass er irgendwann darüber hinwegkommen wird.«
    Ein bitteres Lachen, in das sich ein Schluchzen mischte, stieg in Anns Kehle auf. »Ich weiß, ich sollte Gottes Willen akzeptieren. Aber ich kann es nicht. Ich fühle nur Hass auf William de Thorigny und auf seine Base Héloise, auf dieses Kloster und auf Gott.«
    »Ann …« Simons Stimme klang sanft und drängend. »Kommt mit mir. Ich werde eine Möglichkeit finden, für Euch und Luce zu sorgen und für Euch eine Bleibe in der Nähe von Barking finden. Ihr beide wäret Robin nahe …« Er legte ihr die Hände auf die Schultern. Durch den Stoff ihres Nonnengewandes fühlte sie seine Finger auf ihrer Haut brennen. Die Hitze, die von ihnen ausging, rann durch ihren Körper. Füllte ihn ganz aus. Das Verlangen nach seiner Berührung wurde so stark, dass es ihr fast den Atem raubte. O Gott, was geschah nur mit ihr? War es das, wonach sie ihr ganzes Leben lang gesucht hatte?
    Simons Miene spiegelte Überraschung, wurde dann ganz weich. »Ann …«, murmelte er. »Ich hätte ja nie erwartet … Ach Ann, meine schöne, stolze Ann …« Seine Arme umfingen sie ganz fest. Sein Mund liebkoste ihre Lippen.
    Ja, was geschah mit ihr? Wenn sie ihrem Verlangen nachgab, würde es kein Zurück mehr für sie geben. Sie war eine Nonne … Und Simon ein Mann, der viele Frauen liebte … Eine plötzliche Furcht stieg in Ann auf, die ihr die Kraft gab, ihn zurückzustoßen und zu stammeln: »Was fällt Euch ein … Ich bin eine Ordensfrau …«
    »Ann, seht es doch endlich ein – Ihr seid nicht glücklich als Nonne. Dazu seid Ihr viel zu sehr Frau. Ihr wollt leben und lieben und geliebt werden …«
    Nein, er hat Unrecht. Denn dies würde bedeuten, dass ich so viele Jahre meines Lebens vergeudet habe, wehrte sich Ann verzweifelt gegen Simons Worte. Sie hatte das Gefühl, jeden Halt zu verlieren. »Wie könnt Ihr es wagen, so etwas zu behaupten?«, stieß sie hervor.
    »Weil ich davon überzeugt bin, dass es die Wahrheit ist«, entgegnete er ruhig.
    Ann presste die Hand auf ihre Brust. Ihr Herz hämmerte wie wild. »Und was ist mit Euch? Ist Liebe für Euch nicht nur ein schönes Gefühl, das Ihr in Euch entfacht und am Leben haltet, damit Ihr es für Eure Lieder verwenden könnt? Und kaum brennt es nicht mehr hell genug, zieht Ihr auch schon zur nächsten Frau weiter?« Simon wollte etwas erwidern, aber sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Um Luces willen, der an Euch hängt und der Euch braucht, kann ich Euch nicht verbieten, weiterhin hierherzukommen. Aber ich verlange von Euch, dass Ihr Euch in Zukunft von mir fernhaltet.«
    »Ann, beruhigt Euch doch …« Simon streckte die Hand nach ihr aus. »Lasst mich!« Sie schlug seinen Arm weg und stürzte, während ihr die Tränen in die Augen schossen, davon.
    *
    Als Simon auf den Heuboden zurückkehrte, bewegte sich Luce unruhig und jammerte im Schlaf vor sich hin. Simon kniete sich neben ihn und strich ihm über den Rücken. »Ich bin bei dir«, flüsterte er. Allmählich entspannte sich Luce, und sein gequältes Gemurmel erstarb. Simon wartete, bis Luce tief und gleichmäßig atmete, dann legte er sich neben ihn in das Heu. Vor der Luke oben in der Wand wurden die Sterne schon blasser.
    Ohne zu überlegen, aus einem plötzlichen Impuls heraus, hatte er Ann vorgeschlagen, zusammen mit Luce mit ihm zu kommen. Er hatte dabei

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