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Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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nicht im Entferntesten an sie als seine Geliebte gedacht. Erst als ihm klar geworden war, wie sehr sie seine Worte missverstanden hatte, hatte er begriffen, dass er sie auch begehrte. Ja, nicht nur das. Er hatte sich in sie verliebt.
    Ein schiefes Lächeln huschte über Simons Gesicht. In seiner Jugend war ihm die unglückliche Liebe zu Ailis, einer verheirateten Adligen, richtig unter die Haut gegangen. Aber das war lange her. Er hätte nicht gedacht, dass es ihn noch einmal so packen würde. Die Liebe zu einer stolzen, starrsinnigen Nonne war noch viel aussichtsloser als die zu einer verheirateten Frau. Denn Ailis und er hatten ihre Liebe wenigstens während einiger kurzer, heimlicher Treffen leben können.
    Ich bin damals über diese unglückliche Liebe hinweggekommen , dachte Simon, während er weiter zu den Sternen hinaufstarrte, und auch die zu Ann werde ich überleben.

Kapitel 9
    M arian entdeckte Yvain zwischen den Marktbuden. Ihr Neffe war ein ungewöhnlich großer Mann. Schon allein deshalb wäre er in einer Menge aufgefallen. Doch auch sein kantiges, strenges Gesicht und sein dichter dunkler Bart hoben ihn unter den Menschen hervor. Erleichtert sah sie, dass er weniger düster und in sich zurückgezogen wirkte als sonst. Der Tag in Aberystwyth, wo er eine Kuh für sein Gut hatte kaufen wollen, schien ihm gutgetan zu haben. Denn er blickte interessiert um sich und blieb jetzt vor einem Stand stehen, an dem Bücher, Pergamentseiten, Wachstäfelchen und Griffel verkauft wurden.
    Sie unterdrückte ein Seufzen. So oft redete sie ihm zu, dass er mehr unter Menschen gehen und sich nicht nur auf dem Hof verkriechen sollte. An manchen Abenden, wenn sie mit ihm in der Stube aß, wechselte er kaum ein einziges Wort mit ihr. Jetzt, Ende September, da die Ernte eingebracht war, war er endlich einmal bereit gewesen, mit ihr zum Markt zu fahren.
    Marian drängte sich zwischen den Leuten hindurch und stellte sich neben ihren Neffen. »Mein Gott, was für ein Getriebe. Es kommt mir vor, als wären jedes Mal mehr Menschen auf dem Markt unterwegs«, sagte sie lebhaft. »Und, hast du eine Kuh gekauft?«
    Yvain nickte ihr, wie es seine Art war, knapp, aber nicht unfreundlich zu. »Ja, ein junges, kräftiges Tier zu einem günstigen Preis. Hast du denn alles bekommen, was du wolltest?«
    »Ich habe Salz und Pfeffer und noch einige andere Gewürze eingekauft.« Seit Yvains Frau und die drei Kinder vor einigen Jahren an einer Seuche gestorben waren, führte sie ihm den Haushalt. »An dem Gewürzstand habe ich reden hören, dass Walthers Schiff im Hafen liegt. Ich finde, wir sollten dorthin gehen und ihn und seine Frau besuchen.«
    Yvain drehte ein Wachstäfelchen in seinen Händen. »Es ist schon recht spät am Tag. Wir sollten uns lieber auf den Heimweg machen«, wehrte er ab, wie Marian es nicht anders erwartet hatte. Walther, ein weit gereister Kaufmann, war nicht direkt ein Freund von ihm, aber ein Mann, den Yvain schätzte. Früher hätte er gerne die Gelegenheit ergriffen, sich mit ihm zu unterhalten.
    Marian ließ nicht locker. »Zum einen ist es sonnig, und es wird noch eine ganze Weile dauern, bis es dunkel wird«, erklärte sie energisch. »Zum anderen hat Walther immer schöne Wollstoffe unter seinen Waren. Die würde ich mir gerne einmal ansehen. Du brauchst dringend einen neuen Mantel. Dein alter ist schon ganz fadenscheinig. Auch wenn dir dein Aussehen gleichgültig ist, mir ist es nicht egal – du bist schließlich ein Gutsbesitzer und kannst nicht wie ein Bettler herumlaufen. Und der Vorhang in der Halle müsste auch erneuert werden, und …«
    »Ja, ja, schon gut, ich komme mit dir zum Hafen«, knurrte Yvain, während er dem Händler die Münzen für das Wachstäfelchen und einen Griffel zuschob. »Aber wir werden nicht lange bei Walther bleiben.«
    *
    Im Hafen von Aberystwyth wehte ein für die Jahreszeit ungewöhnlich warmer Wind landeinwärts. Er ließ die ankernden Kähne gegen die Sandsäcke an der Kaimauer klatschen, wirbelte welke Blätter, Sand und Schmutz vom Boden auf und ließ Planen und Segel wild flattern. Marian und Yvain benötigten nicht lange, bis sie Walthers Kahn entdeckten. Ein breites Schiff, das ein mit brauner und roter Farbe verziertes, geschnitztes Einhorn als Galionsfigur am Bug hatte.
    Walther, ein kräftiger Mann Anfang vierzig, dessen rotblondes Bart- und Kopfhaar dick wie Pinselborsten und von grauen Strähnen durchzogen war, stand an Deck und beaufsichtigte zwei Knechte, die

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