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Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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Ann wie damals als Kind, als sie sich einer strengen Nonne, ihrer Lehrerin, gegenüber zu verantworten hatte, weil sie nicht ausreichend lesen und schreiben geübt hatte. Die Fenster standen offen, und aus dem Garten konnte Ann immer noch Robins und Luces Stimmen und Simons Laute hören.
    »Ihr seid Euch immer noch sicher, dass Ihr in dieses Kloster eintreten wollt?«, fragte Matilda, während sie sich in ihrem Stuhl zurücklehnte.
    »Ja.« Ann nickte.
    »Die Selbsttäuschung ist eine Sünde, meine Liebe.« Matildas Augen glitzerten kühl. »Ihr lügt Euch selbst etwas vor.«
    »Wie kommt Ihr darauf?« Anns Widerspruchsgeist erwachte.
    »Weil Ihr Simon de Bohun liebt.«
    »Aber …«, fuhr Ann auf.
    »Ich habe gesehen, wie Ihr ihn angeblickt habt, als Ihr, Simon und der Junge nach Eurer Ankunft hier wart.« Matilda schnitt ihr mit einer ungeduldigen Handbewegung das Wort ab. »Ich erkenne es, wenn eine Frau einen Mann liebt. Außerdem lege ich großen Wert darauf, über das, was in diesem Kloster vor sich geht, gut informiert zu sein. Und von Euch weiß ich, dass Ihr es zwar bisher vermieden habt, Simon de Bohun häufig zu begegnen. Dass Ihr jedoch kaum eine Gelegenheit ausgelassen habt, ihn hinter Büschen im Garten versteckt oder wie eben von einem Fenster aus zu beobachten.«
    Ann spürte, wie sie errötete. Weshalb konnte diese Äbtissin nur in ihr lesen, als wäre sie ein offenes Buch? »Und wenn es so wäre, ich bin eine Nonne und habe Gott die Treue geschworen«, sagte sie heftig.
    »An Gottes Stelle würde ich auf diese Treue gerne verzichten, so unwillig, wie Ihr sie Ihm gebt.« Matilda bedachte sie mit einem amüsierten Blick. »Es gibt kaum etwas Schlimmeres als eine freudlose Selbstaufopferung. Nur eine Selbstaufopferung, die sich selbst beweihräuchert, ist noch schlimmer.«
    »Ich habe nicht …«, begann Ann.
    »Oh doch, genau das habt Ihr«, erklärte Matilda ungerührt. »Insgeheim bemitleidet Ihr Euch für Euer Dasein als Nonne. Aber Ihr seid nicht mutig genug, Euch einzugestehen, dass es ein Fehler war, in einen Orden einzutreten. Und Ihr seid auch zu feige, das Ordensleben hinter Euch zu lassen und Euch in die Welt hinauszuwagen.«
    Das Sonnenlicht brachte die mit Edelsteinen besetzten Ringe an Matildas Fingern zum Funkeln. Ihre Worte trafen Ann, aber sie war noch nicht bereit, die Wahrheit anzuerkennen. Stattdessen warf sie den Kopf in den Nacken und fragte angriffslustig: »Und was ist mit Euch, Ehrwürdige Mutter? Ihr könnt mir nicht erzählen, dass Ihr aus innerem Antrieb und aus tiefer Frömmigkeit Nonne geworden seid.«
    »Ihr seid eine scharfsinnige Frau.« Matilda wirkte nicht im Mindesten ärgerlich. »Ja, ich könnte auf die religiöse Seite meines Amtes gut und gerne verzichten. Aber die Stellung als Äbtissin erlaubt es mir zu herrschen. Was ich, wie ich zugeben muss, sehr gerne tue. Deshalb habe ich mich mit meinem Dasein als Nonne ausgesöhnt und leide nicht darunter. Wahrscheinlich denkt manch eine meiner Nonnen so wie Ihr über mich. Aber noch keine hat es gewagt, mir das offen auf den Kopf zu zu sagen. Ihr könnt also durchaus mutig sein.« Matildas Blick wurde milder, während sie eindringlich sagte: »Ann, werft doch Euer Leben nicht weg. Ich verstehe einiges von Männern. Glaubt mir, Simon de Bohun ist ein wunderbarer Mann.«
    So lange sehnte sie sich schon nach Simon. Anns Widerstand brach zusammen. »Ich weiß ja überhaupt nicht, ob er mich auch liebt«, flüsterte sie. »Simon kann jede Frau haben. Warum sollte ihm ausgerechnet an mir etwas liegen?«
    »Meine Liebe, es tut mir leid. Aber dies könnt Ihr nur herausfinden, indem Ihr all Euren Mut zusammennehmt und Simon fragt«, erwiderte Matilda trocken.
    *
    Ann hoffte fast, Luce und Robin wären noch auf der Wiese bei Simon, weil sie dann ihr Gespräch mit ihm hätte aufschieben können. Doch als sie in den Garten kam, war von den beiden Kindern nichts mehr zu sehen. Zögernd ging sie auf Simon zu. Er ließ die Laute sinken, als er sie bemerkte, und nickte ihr freundlich zu.
    »Wohin sind denn Luce und Robin gegangen?«, fragte Ann, während sie sich zu ihm ins Gras setzte.
    »Luce hat das Pferd in den Stall gebracht, und Robin hat ihn begleitet. Sie weicht wirklich kaum noch von seiner Seite. Hoffentlich fällt ihr die Trennung nicht zu schwer, wenn Luce seinen Dienst als Knappe beginnt.«
    »Das hoffe ich auch …«, murmelte Ann.
    »Und Ihr …«, Simon lächelte sie an, »… werdet auch in Barking die Aufsicht über

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