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Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sauer
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er – so war es ihr zumindest vorgekommen – eine halbe Ewigkeit lang stumm in der Stube auf- und abmarschiert, was sie schier wahnsinnig gemacht hatte. Sie beschloss, nicht länger zu schweigen, auch wenn ihr Yvain wahrscheinlich den Kopf abreißen würde.
    »Ich freue mich ja, dass Adela einverstanden ist, ihre Tochter zu sehen, und dass du sie nach Barking bringst«, sagte sie. »Aber du vermisst sie doch jetzt schon. Warum fragst du sie nicht einfach, ob sie deine Frau werden und mit dem Kind hier leben will?«
    »Was hast du da gesagt?«, fuhr Yvain verwirrt auf.
    »Ach, du hast mich schon verstanden.« Marian winkte ungeduldig ab. »Man muss nicht besonders zartfühlend sein, um zu erkennen, dass du Adela liebst. Auch wenn ich nie etwas auf das Gerede der Bediensteten gegeben habe, dass du mit ihr geschlafen hast, als ich mich um unsere Verwandte und ihr neugeborenes Kind kümmerte.«
    »Ja, ich habe allerdings nicht mit Adela geschlafen«, antwortete Yvain nachdrücklich.
    »Das weiß ich doch. Dazu wärst du sowieso viel zu ehrpusselig.« Marian betrachtete ihn mit liebevollem Spott. »Aber gib es doch zu: Du liebst sie.«
    »Und wenn ich Adela liebte …«, Yvain sah auf seine Hände, »sie hat so viel Schlimmes erleben müssen. Sie ist bestimmt nicht imstande, sich noch einmal an einen Mann zu binden. Selbst wenn sie das wollte …«
    »Meinst du nicht eher: Du fühlst dich nicht mehr in der Lage, dich noch einmal an eine Frau zu binden, da du Angst hast, sie zu verlieren? So wie du Helen und deine Kinder verloren hast?«, erwiderte Marian sanft.
    Yvain richtete sich auf. Seine eben noch nachdenkliche Miene umwölkte sich drohend. »Ich wäre dir dankbar, wenn du aufhören würdest, in meiner Seele herumzustochern und Regungen zu entdecken, die es dort nicht gibt«, sagte er scharf. »Und überhaupt, warum hast du denn nicht noch einmal geheiratet, als dein Mann vor vielen Jahren starb, anstatt deine Verwandtschaft zu tyrannisieren?«
    Marian zog die Nadel mit dem Faden energisch durch die Maschen. »Ganz einfach – weil mir eine Ehe gereicht hat und ich weder vorher noch nachher dem Richtigen begegnet bin. Aber Helen war die Richtige für dich. Und Adela ist es auch.«
    Yvain stieß nur ein gereiztes Schnauben aus.
    *
    Durch ein Fenster im Gang des Kapitelgebäudes beobachtete Ann Luce und Robin. Luce hatte Robin auf den Rücken seines Pferdes gehoben und führte es an einem langen Zügel im Kreis auf der sonnigen Wiese herum. Nun sagte er etwas zu seiner kleinen Schwester, was Ann nicht verstehen konnte. Doch sie sah, wie das kleine Mädchen auf Luces Worte sofort seinen Rücken durchdrückte. Schon bei ihrer ersten Begegnung hatte Luce seine kleine Schwester ins Herz geschlossen, und Robin verehrte und bewunderte ihren großen Bruder.
    In einiger Entfernung lagerte Simon unter einem Baum und zupfte eine Melodie auf einer Laute. Matilda hatte ihm das Instrument geschenkt. Gelegentlich konnte Ann einzelne Töne klar hören. Sie waren hell und fröhlich.
    Ann wünschte sich plötzlich brennend, bei Simon, Luce und Robin zu sein und an ihrer selbstverständlichen Gemeinschaft teilzuhaben. Nicht dass sie keine Erlaubnis gehabt hätte, sich bei den dreien aufzuhalten. Äbtissin Matilda hatte ihr gestattet, abgesehen von den Gebets- und Mahlzeiten, so viel Zeit mit ihrem Neffen und ihrer kleinen Nichte zu verbringen, wie sie nur wünschte.
    Es ist besser, wenn ich mich von Simon und Luce fernhalte , dachte sie wieder einmal. Denn je mehr Zeit sie mit ihnen verbrachte, umso schwerer, das wusste sie, würde ihr der Abschied fallen. Simon war ohnehin schon länger in Barking geblieben, als Ann vermutet hatte, und für Luce würde sich sicher bald ein Ritter finden, der ihn als Knappe bei sich aufnehmen würde.
    Wenigstens , überlegte Ann, wird mir Robin bleiben . Um sie werde ich mich kümmern können . Robin, die mit ihrem teils übermütigen teils nachdenklichen Wesen Adela so ähnlich ist, als diese im gleichen Alter war. Traurig wandte sie sich vom Fenster ab, nur um verdutzt innezuhalten. Denn ein Stück entfernt stand Matilda – die Arme vor der Brust verschränkt – und musterte sie versonnen.
    »Ehrwürdige Mutter.« Ann verbeugte sich unsicher.
    »Wir beide müssen miteinander reden«, bemerkte Matilda knapp. »Kommt mit.«
    *
    Wie bei ihrem letzten Besuch im Schreibzimmer forderte Matilda Ann auch dieses Mal auf, sich ihr an dem wuchtigen Eichentisch gegenüberzusetzen. Unwillkürlich fühlte sich

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