Die Rache der Heilerin: Roman (German Edition)
während seiner Suche nach Adela mehrmals gehört, hatte sich Richard in der Gegend um London, bei seinem Vater aufgehalten. Irgendetwas war faul an der Geschichte der Frau. Die Vorahnung, dass Adela etwas wirklich Schlimmes zugestoßen war, erfasste Simon und verstärkte sein ohnehin schon unbehagliches Gefühl.
» Die Leute reden davon, dass der Prinz Adela zu seiner Geliebten gemacht hat.« Margareth beugte sich vertraulich zu ihm. »Wisst Ihr, es gab ja allerlei Gerüchte über Adela. Dass sie der Schatz des Lords sei, zum Beispiel, und er ihr deshalb das Haus zur Verfügung gestellt habe … Aber dass sie ihre kleine Tochter im Stich lassen würde, hätte ich nun doch nicht von ihr angenommen.«
O Gott, Robin … Simon hatte nur mit halber Aufmerksamkeit dem Tratsch der Frau gelauscht. Ihn beschäftigte immer noch, was Adelas Verschwinden veranlasst haben könnte. Nun schreckte er auf. »Was ist mit dem Kind geschehen?«
»Als Adela mit dem Diener wegritt, ließ sie das Mädchen bei mir.« Die Nachbarin nestelte an ihrem Umschlagtuch herum und schniefte. »Als ihre Mutter nicht zurückkehrte, schrie dieses Balg ununterbrochen und weigerte sich, etwas zu essen. Da weder Zureden noch Schläge etwas nutzten, habe ich das Mädchen schließlich zu den Nonnen gebracht. Ich hoffe, die sind mit dem eigensinnigen Ding fertiggeworden.«
»Robin«, sagte der kleine Junge plötzlich mit weinerlicher Stimme. »Robin …«
Wenigstens er schien das Mädchen zu vermissen. Simon beherrschte seinen Zorn über die harte, engstirnige Frau. Er ließ sich von ihr den Weg zu dem Kloster beschreiben und schwang sich wieder auf seinen Braunen.
Freiwillig hat Adela, überlegte er, Robin bestimmt nicht für längere Zeit bei dieser Margareth gelassen. Hat ihr womöglich William de Thorigny eine Falle gestellt? Noch weigerte sich Simon, dies wirklich zu glauben.
*
Als Simon das Filialkloster erreichte, war es später Nachmittag. Es lag, umgeben von einem mit Palisaden geschützten Erdwall, auf einer Lichtung. Ein schmaler, zugefrorener Fluss, über den eine Holzbrücke führte, wand sich in einer Schleife darum. Der Himmel hatte mittlerweile eine bleigraue Farbe angenommen.
Wahrscheinlich, dachte Simon, würde es bald wieder schneien. Er hoffte immer noch, dass seine schlimmste Befürchtung, Adela könnte in die Hände William de Thorignys gefallen sein, nicht zutraf. Die Hufe seines Pferdes klapperten dumpf, als er über die Brücke ritt. Sand und Stroh waren über den Schnee gestreut, um ein Ausgleiten zu verhindern. Als er das Tor in der Umfriedung passiert hatte, eilte eine in einen dunklen Mantel gehüllte Nonne auf ihn zu. Simon nannte seinen Namen und fragte nach Robin. Woraufhin die Benediktinerin erklärte, sie würde ihn zu ihrer Vorsteherin führen.
Diese entpuppte sich als eine korpulente Frau, deren Reizlosigkeit noch von ihrer teigigen Gesichtsfarbe verstärkt wurde. Ihr Alter schätzte Simon auf Mitte vierzig. Sie empfing ihn hinter einem wuchtigen Tisch in einem holzgetäfelten Raum. Simon schilderte ihr, wer er war und warum er nach Adela suchte, und reichte ihr dann den Brief, den Ann ihm geschrieben hatte.
Die Vorsteherin hatte ihm schweigend zugehört, während ihre ineinander verschränkten rundlichen Hände auf dem Tisch ruhten. Schweigend las sie nun auch den Brief. Ihre Miene blieb dabei ausdruckslos. »Wir machen uns große Sorgen um Adela, seit ihre Nachbarin das Kind zu uns brachte«, sagte sie schließlich. »Wir haben überall nach ihr geforscht. Leider vergeblich. Wir haben nur erfahren, dass es keinen Jagdunfall gab und Richard auch nicht nach ihr rufen ließ.« Wieder blieb das reizlose Gesicht der Nonne ausdruckslos. Ihre Worte schienen in der anschließenden Stille nachzuhallen.
»Ich fürchte, dass William de Thorigny Adela mit dieser Geschichte von einem Jagdunfall in die Falle gelockt hat«, sagte Simon schließlich.
»Diese Befürchtung hegen wir ebenfalls.« Die Stimme der Nonne klang spröde.
»Ich möchte gern das Kind sehen«, bat Simon. Morgen würde er weiterreiten und auf de Thorignys Anwesen nach Adela suchen. Einen genauen Plan würde er sich später zurechtlegen. »Könnte ich im Kloster übernachten?«
»Gewiss.« Die Vorsteherin neigte zustimmend den Kopf. »Aber Robin befindet sich nicht mehr bei uns. Wir hielten es für ratsam, sie in unser Mutterhaus nach Barking zu bringen, falls William de Thorigny hier nach ihr suchen lassen sollte.«
»Das war eine kluge
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