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Die Rache der Horden

Die Rache der Horden

Titel: Die Rache der Horden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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sehr gut.«
    »Ihr seht, dass die Niederlage fast unausweichlich ist. Womöglich ändert Ihr Eure Meinung also noch, ehe alles zu Ende ist.«
    Falls wir vernichtet werden, dachte Andrew, wäre es töricht von Marcus, das Angebot nicht zu akzeptieren. Zumindest besteht so eine geringe Hoffnung anstelle unausweichlicher Vernichtung.
    »Und Vuka würde einfach blindwütig vorstürmen.«
    »Nicht persönlich. Er würde andere vorschicken und dabei auch ohne die Tücke Jubadis zu Werk gehen. Ich denke, tief im Herzen fürchtet Euch Vuka. Ihr entzieht Euch seinem Begriffsvermögen, bewegt Euch außerhalb der Traditionen, die sein Denken bestimmen. Er ist jedoch auch unberechenbar – verschlagen, nur unbeleckt von der Berechnung, mit der Jubadi und Vukas eigener Schildträger Tamuka zu Werk gehen, dem ich früher diente.«
    Andrew stand auf und ging zum Fenster. Noch lag es keine anderthalb Wochen zurück, dass sie draußen auf dem Rasen getanzt hatten. Heute Abend war er leer. Völlig leer, als hätten sich die Feiernden von neulich schon in Gespenster verwandelt.
    Jubadi. Er war der Feind. Andrew hatte den Gegner zu sehr als gesichtslose Horde betrachtet. Er musste das Bild schärfer fassen. Jubadi war der Feind, der besiegt werden musste.
    Er dachte einen Augenblick lang an das Paket, das nach wie vor in dem Schrank in der Ecke lag. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, aber er musste sichergehen, ehe er die Frage stellte.
    Er drehte sich zu Juri um.
    »Habt Ihr Jubadi häufig gesehen?«
    »Täglich, mein Lord, da ich zur Jurte Tamukas gehörte. Wo der Bronzeschild Tamukas war, fand man gewöhnlich auch Vuka und Jubadi.«
    Andrew nickte wieder und spürte mit kaltem Schauder, welche Berechnungen hier angestellt wurden.
    »Warum seid Ihr zurückgekehrt?«
    »Aus persönlichen Gründen«, flüsterte Juri.
    Er brach ab und blickte in die Ferne; schließlich hob er die Augen zur Decke.
    »Wie alt ist das Baby?«
    »Warum fragt Ihr?«, wollte Andrew mit leiser und sehr kalter Stimme wissen.
    »Einfache Neugier. Interessant, dass Ihr mich schon mehrfach hergerufen habt, ich aber Euer Kind nie kennen lernte.«
    Andrew spürte, wie ein kalter Schauer durch ihn lief. Er fand den Gedanken widerwärtig, dass ein Kannibale, jemand, der an der Tafel der Merki gegessen hatte, sein Kind hielt.
    Juri lächelte und schüttelte den Kopf.
    »Ich verstehe.«
    Andrew wandte sich verlegen ab. Irrational. Der Mann war dazu gezwungen worden. Er hatte überleben müssen; jeder wollte überleben, selbst im Abgrund der Hölle.
    Vorurteile. Ich hatte geglaubt, ich wäre darüber erhaben. Und doch spürte Andrew, wie sich ihm die feinen Haare auf der Haut sträubten, wenn er sich vorstellte, wie Juri Maddie hielt; mit dem Fleisch wie vieler Kinder waren seine Hände befleckt?
    Er blickte wieder Juri an.
    »Es tut mir Leid.«
    »Tief im Herzen weiß ich, dass das nicht stimmt.«
    Juri hob die Hand.
    »Es ist schon in Ordnung; entschuldigt Euch nicht. In dem Winter, ehe ich gefangen genommen wurde, habe ich selbst erlebt, wie die Tugaren in Suzdal lagerten.«
    Sein Blick wanderte in die Ferne und zeigte erneut diesen Ausdruck von Gelassenheit und Distanz.
    »Beinahe hätten sie mich für ein Mondfest zu den Gruben geführt. Ich nahm mein Gold, Dinge, die ich hergestellt hatte, aus dem Versteck. Ich rutschte vor ihnen auf den Knien und präsentierte ihnen den Schmuck. Eine ihrer Frauen lachte und gab lediglich mit einem Finger zu verstehen, dass ich nicht zu den Gruben geführt werden sollte. Ich erhielt den Auftrag, eine Halskette für sie anzufertigen, denn ihr altes Schoßtier war gestorben. Sie wollte mich zu ihrem neuen Schoßtier machen, aber sie starb im Winter, und ich versteckte mich bis zum Frühling.
    Ich sah jene, die mit den Tugaren wanderten, zehntausende Schoßtiere. Ich sah sie auf den Knien rutschen, wie ich es tat. Ich sah auch, wie sie die Reste aus den Töpfen verzehrten und sich um die Bissen schlugen, während ihre Herren lachten. Ich verabscheute sie.
    Sie verabscheuten sich auch selbst«, fuhr er flüsternd fort. »Keiner war bereit, mir in die Augen zu blicken; sie waren die Verdammten. Wenn ich mit ihnen allein war, spuckte ich ihnen in die Gesichter, falls sie mich anzusehen wagten. Ich ekelte mich vor ihnen, nannte sie Verräter, fragte sie, warum sie nicht nachts einen Dolch zückten und wenigstens einen Tugaren töteten, denn es gab keine Familien oder Dörfer, die dann zur Vergeltung hätten vernichtet werden können. Sie

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