Die Rache der Horden
stünden für die ganze Zeit der Flußüberquerung unter Beschuss von den Böschungen, die wir halten.«
»Und die Gefahr vom Meer?«
»Nach den Meldungen unserer Spione …« Er blickte dabei demonstrativ zu Hamilcar hinüber. »… sind wir zur See im Vorteil. Falls die Merki dort einen Sturmlauf probieren, empfangt unsere Flotte sie.«
»Aber ihre Luftkräfte!«, erinnerte John scharf.
»Deshalb brauchen wir ja eigene Aerodampfer«, erklärte Hans und blickte Chuck an. »Die Bombenüberfälle der Merki auf unsere Landziele sind mehr ein Ärgernis als sonst etwas, aber unsere Galeeren zahlen Tribut dafür; darüber hinaus weiß der Gegner, wo wir stecken, und wir wissen es von ihm nicht. Sie bringen die Stellungen unserer Truppen in Erfahrung, haben Karten unserer Befestigungen und wissen, sobald sie angreifen, viel mehr über uns als wir über sie.«
Hans ging am Tisch entlang, stach mit dem Stummelfinger auf die Nordwestflanke und zog eine Linie entlang der über fünfzehn Kilometer, die sich die Befestigungen in den Wald hinein erstreckten, bis sie auf einem steilen Höhenzug endeten, von wo aus die Front für etliche Kilometer im rechten Winkel nach Osten abbog.
»Hier oben werden sie angreifen.«
»Dort haben wir aber auch die stärksten Befestigungen«, sagte Andrew, beinahe als wollte er sich selbst beruhigen. »Der ganze Abschnitt dort ist mit Blockhäusern verstärkt, mit Gräben und Baumverhauen.«
»Und doch ist es diese Stelle, wo sie zuschlagen werden«, wiederholte Hans mit Nachdruck. »Wir müssen irgendwo eine Flanke haben, und dort wird der Schlag niedergehen.«
»Im Wald?«, mischte sich Kai ein. »Hans, wir diskutieren seit dem vergangenen Herbst darüber. Dazu müssten die Merki einen Bogen von mehreren hundert Kilometern in Gegenrichtung zurücklegen. Und die Wälder sind völlig unwegsam, abgesehen von unserer eigenen Festungslinie. Die Flanke dort ist sicher.«
»Eine Flanke bleibt eine Flanke«, entgegnete Hans. »Wir haben die hiesige Verteidigungslinie fast zu gut angelegt. Uns blieb jedoch nichts anderes übrig. Hier unten sind wir hundertfünfzig Kilometer weit in der Steppe. Falls sie irgendwo entlang dieser Front durchbrechen, vernichten sie uns mit ihrer Beweglichkeit. Also haben wir uns hier bis an die Zähne bewaffnet und befestigt, sodass sie zwangsläufig auf unsere Flanke ausweichen werden. Falls sie dort durchbrechen, bringen zwei harte Tagesritte sie zu der Furt, wo wir zuerst auf die Tugaren trafen, und von dort aus überschreiten sie den Neiper einfach weiter flussaufwärts.«
»Sie möchten immer noch, dass wir die vorgeschobenen Stellungen aufgeben und uns am Neiper zum Kampf stellen, was?«, fragte Pat.
»Unsere Kanonenboote können den Fluss bis zur Furt halten«, sagte Hans. »Dahinter könnten wir mit zwei Korps den Fluss auf achtzig Kilometer in den dortigen Wald hinein halten.«
»Das würde bedeuten, auf unserem eigenen Gebiet zu kämpfen«, sagte Andrew leise. »Falls wir irgendwo eine Niederlage einstecken, haben wir den Feind im Land. Falls er Suzdal flankiert, sind wir von Roum und dem Rest unseres Landes abgeschnitten.«
»Womöglich kommt es ohnehin dazu«, sagte Hans in warnendem Tonfall. »Hätte man die Arbeit, die in den Gleisbau hier herunter gesteckt wurde, in eine Linie investiert, die von der Furt aus hundertfünfzig Kilometer am Neiper entlang nach Norden führt, wären wir in Sicherheit.«
»Das haben wir doch schon vor anderthalb Jahren ausdiskutiert«, entgegnete John scharf. »Das Gelände dort ist die Hölle für den Gleisbau und besteht nur aus Bergen und sumpfigen Schluchten. Es ist eine Wildnis, schlimmer noch als die in Virginia. Die Merki werden sich darin verheddern, falls sie je so weit vordringen.
Und außerdem«, ergänzte er leise, »ist nun mal getan, was getan wurde.«
Andrew spürte, wie die alte Erschöpfung wieder in ihn hineinsickerte. Seit dem Ende des Seekrieges war jeder Augenblick von den Vorbereitungen auf diesen nächsten Konflikt verzehrt worden. Vor über zwei Jahren hatte er entschieden, dass die Verteidigung gegen die Merki, falls diese gegen Rus ziehen sollten, an vorgeschobener Stelle stattfinden würde, um den Feind möglichst schon aufzuhalten, ehe er in die Nähe des Heimatgebiets kam. All seine Überlegungen beruhten auf diesem Grundprinzip: den Krieg auf eigenem Boden um jeden Preis zu vermeiden. Zunächst war Hans vollständig einverstanden damit, aber um die Mitte des Winters zeigte er sich zum
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