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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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Gina und Amalie und diesem Jenner-Typen«, sagte ich. »Was zum Teufel ist der überhaupt?«
    »Wahrscheinlich ein Anwalt.«
    »Ich meinte, zu welchem Volk er gehört. Er scheint ein Werwesen zu sein, sonst würde er ja nicht für die Zusammenkunft sprechen, aber ich glaube nicht, dass er von einem der mir bekannten Clans stammt.«
    »Glaubst du, Werhaie können so weit vom Meer entfernt überleben?«
    »Das bezweifle ich«, erwiderte ich grinsend.
    Er holte Luft, hielt einige Sekunden den Atem an und ließ ihn durch zusammengebissene Zähne wieder ausströmen. »Ich vermute, ich habe es nicht anders verdient.«
    Zorn stieg in mir auf, und ich trat näher an das Bett heran. »Wie kommst du darauf?«
    »Ich habe viele furchtbar dämliche Dinge getan, Evy. Das würdest du gar nicht glauben. Jetzt ist vermutlich einfach meine Zeit gekommen, um dafür zu bezahlen.«
    »Und was gibt der Zusammenkunft das Recht, den Preis festzulegen?«
    Er zuckte mit den Schultern und fuhr gleich darauf zusammen. »Wenn sie es nicht tun, dann macht es jemand anders. Weißt du, als wir hier angefangen haben, konnten Wyatt und ich uns nicht ausstehen. Wir haben uns regelrecht gehasst. Nie waren wir einer Meinung, am wenigsten, wenn es darum ging, wie die Triaden geführt werden sollten.«
    »Und was hat sich geändert?«
    »Meinst du, dass er mich mag?«, fragte Rufus und war todernst dabei.
    Damit erntete er erneut ein Lächeln von mir. »Ich denke, dass er dich genauso akzeptiert, wie er mich akzeptiert.«
    »Er liebt dich.«
    »Himmel, warum sagen mir das alle, als wüsste ich das nicht schon längst?« Ich ging um das Bett herum und blieb vor dem Fenster stehen. Ein Vogelschwarm flog in Formation den Fluss entlang, war jedoch zu weit entfernt, um Einzelheiten erkennen zu können. Wie frei die Vögel waren! »Alles wäre so viel einfacher, wenn er das nicht täte.«
    »Klar«, entgegnete er. »Schon allein deshalb, weil du dann tot wärest.«
    »Siehst du? Wie einfach!«
    »Seit wann bevorzugst du denn den einfachen Weg?«
    Ohne Vorwarnung drehten die Vögel nach links ab und verschwanden hinter den Bäumen, die das östliche Flussufer säumten. Ich schaute weiterhin hinaus, doch sie erschienen nicht wieder. Rufus hatte recht, und das nervte mich unendlich. Das lag nicht daran, dass ich als größtes aller mysteriösen Rätsel gelten wollte. Ich war es nur schlichtweg nicht gewohnt, dass Leute, mit denen ich bis vor kurzem noch so wenig Umgang hatte, mich derart gut und derart oft durchschauten.
    »Ist Wyatt bei dir?«, erkundigte sich Rufus, weil er mein Schweigen wahrscheinlich nicht mehr ertrug.
    »Draußen auf dem Flur«, sagte ich und drehte mich zu ihm um. »Ich wollte eine Minute mit dir allein sein.«
    »Das waren bereits fünf, und ich brauche meine Ruhe. Es macht sich nicht gut, wenn man müde und nicht auskuriert zu seiner Hinrichtung erscheint.«
    Ich trat an seine Seite, wobei er mich skeptisch beobachtete. »Was das angeht: Ich arbeite gerade daran, einen Freispruch für dich zu erwirken.«
    »Warum?«
    Ich blinzelte. »Du willst sagen: ›Wow, Evy, danke, dass du alles in deiner Macht Stehende tust, um mich zu retten!‹«
    »Ich will nicht, dass du mich rettest, Evy.«
    »Tja, Pech gehabt. Verdammt viele meiner Freunde sind in der letzten Woche wegen mir gestorben, und wenn ich irgendetwas unternehmen kann, um einen weiteren zu retten, dann werde ich das verflucht noch mal tun.«
    Er schaute weg, indem er den Kopf nach rechts drehte und die Wange ins blütenweiße Kissen drückte. Er sah blass aus, beinahe totenbleich. Auf seiner Oberlippe sammelte sich Schweiß, und sein Atem ging flacher und schneller. Er wollte vielleicht nicht, dass ich ihn rettete, aber genauso wenig wollte er sterben.
    »Schau, Rufus, es tut mir leid wegen deiner Wohnung …«
    »Das war eine Scheißwohnung.«
    Na schön, da hatte er recht. »Aber es war dein Zuhause.«
    Noch immer wandte er sich mir nicht zu, und sein Profil blieb steinern. »Es war ein Ort zum Schlafen, weiter nichts.«
    »Es tut mir leid um Nadia«, sagte ich und änderte die Taktik. Bestimmt bedeutete ihm seine Triade mehr als die Bruchbude, in der er gelebt hatte – auch wenn ich nicht verstand, weshalb er überhaupt dort gehaust hatte und warum er sich so willig in das Urteil der Zusammenkunft fügte. Mir blieb auch nicht die Zeit, seine Gedanken zu erforschen.
    Dennoch musste ich zu ihm durchdringen. »Und wegen Tully und Wormer. Es tut mir ehrlich und aufrichtig leid,

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