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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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führte mich hinein. Als wir über die Schwelle traten, spürte ich ein leichtes Kribbeln im Nacken. Mit offenem Mund und großen Augen betrat ich ein quirliges, von Leben sprühendes Schnellrestaurant, das direkt aus einem vergangenen Jahrzehnt zu stammen schien. Der Tresen blitzte, und an der Decke liefen Neonröhren entlang, deren Licht sich auf den glänzenden, ledernen Sitzecken widerspiegelte. Zwei Köche waren über zischende Grillplatten gebeugt, riefen sich Kommentare zu und wedelten dabei mit ihren Pfannenwendern.
    Von außen präsentierte sich das Restaurant zwar als verfallene Bruchbude, doch waren die meisten der rund fünfzig Plätze bereits um drei Uhr nachmittags besetzt. Noch verblüffender war, dass die Fenster einen ungehinderten Blick auf die sonnenbeschienene Straße zuließen.
    Mit einem Klingeln schloss sich die Tür. Eine Kellnerin in blauer Schürze schlenderte zu uns herüber, und ihre Absätze klackerten auf dem schwarz-weiß karierten Linoleumboden. Ihr blondes Haar war von Strähnen in unterschiedlichen Brauntönen durchsetzt, doch letztlich verrieten ihre kupferfarbenen Augen, dass sie eine Werkatze war. Die meisten Werkatzen trugen Kontaktlinsen, um als Menschen durchzugehen, nicht aber diese.
    Während sie mich nur mit einem musternden Blick bedachte, schenkte sie Phin ein strahlendes Lächeln. »Hallo, Süßer«, begrüßte sie ihn und schnurrte dabei im wahrsten Sinne des Wortes. »Warum bringst du eine Sape mit?«
    Wut stieg in mir hoch. Gehört hatte ich diese Beleidigung schon – sie war ganz einfach von Homo sapiens abgeleitet –, doch hatte mir das noch nie jemand ins Gesicht gesagt. Phin drückte meine Hand. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass er sie noch hielt. Ich entzog sie ihm jedenfalls nicht, vor allem wegen des Ausdrucks in Miezekatzes Gesicht. Der war einfach unbezahlbar.
    »Warum nicht?«, fragte Phin. »Hat Annalee ein Hausverbot für Menschen ausgesprochen, seit ich zum letzten Mal hier gewesen bin?«
    »Leider nicht«, antwortete Miezchen ohne eine Spur von Sarkasmus in der Stimme. »Weiter hinten ist noch eine freie Sitzecke. Ich bring euch die Karte.«
    Phin führte mich durch das gefüllte Restaurant und schlängelte sich dabei an Dutzenden Tischen vorbei, an denen sich andere Gäste angeregt unterhielten. Ohne die Leute anzustarren, bemerkte ich, dass ich die einzige Nicht-Dreg in diesem Laden war. Bis auf zwei Vampire, die am anderen Ende des Tresens saßen und in ein Gespräch vertieft waren, handelte es sich bei allen Gästen und Angestellten ausschließlich um Werwesen.
    Ich setzte mich so an den Tisch, dass ich das Restaurant im Auge behalten und beobachten konnte, wer kam und wer ging. Phin hatte ein Grinsen im Gesicht, als er sich niederließ. Bevor ich ihn danach fragen konnte, brachte uns die Kellnerin bereits zwei Karten. Beim Anblick des laminierten Deckblatts musste ich kichern: »Der Grüne Apfel«.
    »Erst mal etwas zu trinken?«, fragte sie.
    »Kaffee«, erwiderte ich, ohne erst die Getränkeliste durchzugehen. Unter den Bratenduft mischte sich eine schwache Kaffeenote, wie ich bemerkt hatte.
    »Weizengrassaft«, bestellte Phin. »Danke, Belle.«
    »Kommt sofort«, sagte Belle und ging davon.
    »Was zum Henker ist Weizengrassaft?«, fragte ich.
    »Das würde dir gut tun«, antwortete er.
    »Apfelsaft auch.« Verdammt, der Tisch hatte sogar eine Mini-Jukebox. Sie war zwischen einem Serviettenspender aus Chrom und den Salz- und Pfefferstreuern an der Wand versteckt. »Was machen wir hier? Äpfel vom Baum schütteln? Jemanden treffen, der uns Informationen geben kann?«
    »Mittagessen, Evy.«
    Ich blinzelte. »Was willst du damit sagen?«
    »Ich will damit sagen, dass wir hier zu Mittag essen«, erklärte er wie ein geduldiger Lehrer. »Keiner von uns beiden hat seit dem Frühstück etwas gegessen, und du arbeitest besser, wenn du mehr als nur ein Pop-Tart im Magen hast.«
    »Okay, zugegeben.« Erst jetzt fiel mir auf, wie hungrig ich war. »Aber warum hier? Abgesehen von dem offensichtlichen Witz mit dem Apfelbaum.«
    »Ich mag das Essen.«
    »Schwachsinn.«
    Er neigte den Kopf zur Seite. »Beurteilst du das Essen, bevor du es probiert hast? Ich versichere dir, es ist exzellent.«
    »Nein, bestimmt ist das Essen toll, aber das ›Schwachsinn‹ bezog sich auf die Tatsache, dass du mich nur deshalb hierher geschleppt hast. Denn erstens ist dieses Restaurant durch irgendeinen Bann geschützt, und zweitens sind die Gäste allesamt Dre…

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