Die Rache der Jagerin
hat.
Traue keinem Dreg, und verliebe dich niemals in einen – denn sie fallen früher oder später über dich her.
11. Kapitel
Freitag, 17:45 Uhr
I ch erinnere mich nicht mehr, ohnmächtig geworden zu sein, aber wieder zum Bewusstsein zu kommen war ein unvergesslich abscheuliches Erlebnis. Zuerst drangen mir Gerüche in die Nase. Gerüche von alten Essensresten, die schon seit langem in einem überhitzten Müllcontainer vor sich hinrotteten. Es war unmöglich, die einzelnen Komponenten auseinanderzuhalten, und fast hätte sich der Gestank meines eigenen Erbrochenen dazugesellt. Auch der Geruch von Blut, der beinahe ebenso ekelerregend war wie der der Essensreste, drang auf meinen Geruchssinn ein. Allerdings war er zu stark, als dass es sich um mein eigenes Blut handeln konnte.
Ich lag schmerzhaft verdreht auf etlichen harten Kanten, feuchten Plastikteilen und unzähligen glitschigen Gegenständen, und meine Versuche, mich zu bewegen, waren vergebens. Die Augen aufzuschlagen half mir nicht weiter. Nicht, weil ich blind war, sondern weil es dunkel war. Über mir lag eine weitere Schicht aus Plastik und Fäulnis und nagelte mich an Ort und Stelle fest. In meinem Bauch brannte es, und alle Glieder taten mir weh. Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich mit dem Gesicht nach oben lag oder nicht.
Verdammte Scheiße. Phineas hat mir den Bauch aufgeschlitzt und mich in eine Mülltonne geworfen.
»Scheiße!« Der Schrei hallte in meinem engen Grab aus faulendem Abfall kaum wider.
Ich versuchte, Zehen und Finger zu rühren. Es ging. Daraufhin bewegte ich jeden Muskel, der sich irgendwie bewegen ließ. Ich stellte fest, dass – abgesehen von ein paar Beulen und Kratzern, die ich beim Fall in die Tonne erhalten hatte – lediglich mein Bauch ernsthaft verletzt war. Und lange lag ich offenbar nicht hier, denn selbst die kleineren Kratzer vermochte ich noch zu spüren. Das immerhin war eine gute Nachricht.
Die schlechte war, dass ich keine Ahnung hatte, wie tief ich begraben war und ob ich mich aus dem Abfall herauswühlen konnte. Tod durch Hitzschlag in einem Müllcontainer war nicht gerade das, was ich auf meinem Grabstein stehen haben wollte. Nicht, dass mir jemand einen Grabstein setzen würde. Jäger bekamen nie einen. Ihr namenloses Leben endete mit einer namenlosen Einäscherung. Auf gar keinen Fall würde ich so aus dem Leben scheiden.
Das Handy. Ich wackelte so gut es ging mit dem Hintern und spürte die vertraute Beule. Doch meine Begeisterung wurde von der Logik in ihre Schranken gewiesen. Ich hatte das Handy, schön und gut. Aber im Moment waren meine beiden Arme unter einer mir unbekannten Masse aus gebrauchten Servietten, Plastikbechern und den Resten des gestrigen Spezialmenüs begraben.
Schweiß rann mir die Stirn hinab und brannte in meinem linken Auge. Mit dem rechten Arm konnte ich mich etwas mehr rühren als mit dem linken, weshalb ich ihn ganz langsam näher an meinen Körper heranschob. Dabei gruben sich meine Finger an Plastikbechern vorbei durch triefende Essensreste. Als sich mein Arm – dem Gefühl in der Schulter nach zu schließen – in einem Fünfundvierzig-Grad-Winkel zu meinem Körper befand, traf mein Ellbogen auf etwas Hartes, Scharfes. Mist.
Die Luft wurde schnell immer dicker und abgestandener. Mich von einer mir unbekannten Ausgangsposition an einen ebenfalls unbekannten Ort zu teleportieren, erschien mir allmählich ein akzeptables Risiko darzustellen. Alles war besser, als in einem Berg aus Müll zu ersticken. Jetzt zu sterben würde zudem bedeuten, dass ich Phins Gesicht nicht auf dem Gehweg abschmirgeln konnte.
Da fielen mir seine Worte von vorhin ein: Egal, was passiert oder was sie sagen, du musst mir vertrauen, dass ich dich beschütze. Ha! Und wie verdammt gut ich damit gefahren war! Wenn das alles nur ein Spiel war, um sich bei Schwarzhut und seiner Bande fröhlicher Dreg-Terroristen einzuschleimen, dann brachte er von dem Treffen besser ein paar wirklich wichtige Informationen mit. Irgendetwas, das wir gebrauchen konnten, um sie ein für alle Mal auszuschalten.
Wenn er ihnen nicht stattdessen half, uns auszuschalten. In meinem Kopf hallte die Stimme des Ausbilders im Trainingslager und erinnerte mich daran, wie töricht es war, Phin zu vertrauen. Ganz gleich, wie gut er aussah und wie geschickt er Worte in reines Gold verwandeln konnte, er war trotz allem ein Dreg und meines Vertrauens nicht würdig. Mit Leichtigkeit konnte er Kismet, Baylor und die anderen in eine
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