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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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war mit einer weiteren zugedeckt. Meinen aufgerissenen Ellbogen umhüllte ein fester Verband, und auch mein Bauch war verbunden worden. Ich blinzelte im Dämmerlicht. Isleen saß neben mir auf dem Boden und schüttelte ein feuchtes Taschentuch auf, um mir damit die Stirn abzuwischen.
    »Wie hast du mich gefunden?«, fragte ich. Oder vielmehr: krächzte ich, denn Mund und Kehle waren staubtrocken.
    »Ich habe von Eleri einen Hinweis bekommen«, antwortete sie. »Du hast sie heute Nachmittag kurz getroffen.«
    Mir schwirrte der Kopf. »Du hast eine Spionin?«
    »Natürlich. Auch ihr hat man befohlen, den Menschen zu töten, mit dem sie unterwegs war.« Dann war er also tatsächlich ein Mensch. Interessant. »Eleri hatte keine Wahl, wenn sie ihren Auftrag weiter ausführen wollte. Sobald es ihr möglich war, hat sie mir euren Aufenthaltsort mitgeteilt. Sie meinte, ihr wäret beide tot.«
    Hörte ich da etwa eine Spur Betroffenheit aus ihrer Stimme heraus? Ach was! »Wahrscheinlich sollte ich das auch sein. Ich vermute, Phin wusste genau, wohin er stechen musste, um keine lebenswichtigen Organe zu treffen.«
    »Offenbar ist es so. Traust du etwa einem Therianer?«
    Herrje, wusste denn jeder, wie die Werwesen richtig hießen?
    »Falls du Phin meinst, dann …« Ich wollte »ja« sagen, doch etwas hielt mich davon ab. Er hätte mir das Messer genauso gut in die Brust, ins Herz oder sonst wo hinrammen können, um mich auf der Stelle zu töten. Stattdessen hatte er eine Stelle gewählt, die nicht unmittelbar lebensbedrohlich war. Wahrscheinlich hatte er dabei auf meine Heilkräfte gesetzt. Dass er mich in einen Müllcontainer geworfen hatte, war zwar nicht nett gewesen, aber vielleicht ging das auch auf Schwarzhuts Kappe.
    Alles in allem war ich jedenfalls noch am Leben.
    Isleen seufzte. »Mir ist bereits aufgefallen, dass Menschen es nur schwer zugeben können, wenn sie uns Nichtmenschen vertrauen. Er hätte dich töten können, hat es aber nicht getan.«
    »Das weiß ich.« Was nicht hieß, dass ich ihm jemals wieder den Rücken zukehren würde. »Warum gehst du dieser Sache nach?«
    »Wie ich in der Vergangenheit bereits sagte, haben wir am Status quo nichts auszusetzen. Wir haben jedoch ein Problem mit jenen, die daran etwas ändern wollen. Die Menschen mögen nicht gerade unsere Freunde sein, aber ihr seid unsere Verbündeten. Ich möchte nicht, dass statt der Menschen irgendein anderes Volk an die Macht gelangt, seien es Therianer, Kobolde oder Feen.«
    »Ich auch nicht. Bedeutet das, dass wir mal wieder zusammenarbeiten müssen?«
    Sie lächelte. »Es scheint so. Nachdem du ärztlich versorgt worden bist.«
    »Das ist nicht nötig.«
    »Evangeline …«
    »Das verheilt, glaube mir. Schneller, als du denkst. Zu einer Dusche und frischen Kleidern würde ich allerdings nicht nein sagen.«
    »Gut, dann brauche ich nicht darauf zu bestehen.«
    Das sagte sie völlig trocken und ohne jede Spur ihres vorherigen Lächelns. Meine Güte, das war wahrscheinlich als Scherz gemeint gewesen. Eine Vampirin, die einen Scherz machte. Das war ein weiterer Punkt, den ich auf meine heutige Liste der Dinge setzen konnte, die ich nie zuvor getan oder erlebt hatte.

    Sie ließ mich in ein Motel im nördlichsten Teil von Mercy’s Lot bringen, ein einstöckiges, weißes Gebäude mit zwölf Zimmern und doppelt so vielen Parkplätzen. In einer engen, fleckigen Wanne duschte ich mit einem Stück gewöhnlicher Seife und dem Shampoo aus diesen kleinen Tuben, das kaum Schaum bildet. Immerhin wurde ich den Gestank, den Schweiß und das Blut los.
    Auf dem Toilettendeckel hatte mir jemand frische Klamotten und ein Erste-Hilfe-Set bereitgelegt. Schwarze Jeans, ein rotes Tanktop, Sneaker – beinahe dieselbe Kombination, die ich getragen hatte, als ich Isleen zum ersten Mal begegnet war. Darüber musste ich schmunzeln. Beim Anziehen fiel mir auf, dass meine Messerscheide für das Fußgelenk verschwunden war. Wahrscheinlich hatte man sie mir abgenommen, bevor man mich in den Container geworfen hatte.
    Der Ellbogen war schon verkrustet, weshalb ich ihn in Ruhe ließ. Die Wunde in meinem Bauch war gerade einmal zwei Zentimeter lang, und die Ränder wuchsen bereits wieder zusammen. Vor einer Weile hatte sie zu bluten aufgehört, und ich empfand lediglich einen dumpfen Schmerz. Wenn ich mich bückte, tat es weh, aber ich spuckte kein Blut, und auch mein Urin war nicht rot gefärbt. Das Glück schien auf meiner Seite zu sein.
    Isleen wartete im Motelzimmer

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