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Die Rache der Jagerin

Die Rache der Jagerin

Titel: Die Rache der Jagerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Medling
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dritte Stock, Wohnung G. Vor dreißig Minuten haben wir den Auftrag erhalten. Er hatte kaum Details beinhaltet und war von unserem abwesenden Handler nur mit einem »Macht euch auf alles gefasst« kommentiert worden. Jesse meinte, Wyatt wäre wegen irgendeines Notfalls ins Krankenhaus gedüst. Irgendjemand aus einer anderen Triade war wohl verletzt worden.
    Einen feinen Anführer haben wir da.
    Im Korridor im dritten Stock ist es ruhig, was in einem Haus mit papierdünnen Wänden und Hunderten von Bewohnern ungewöhnlich ist. Ich höre weder Fernsehapparate plärren noch Musikanlagen dröhnen. Nicht einmal den vertrauten Lärm irgendwelcher Familienstreitigkeiten. Der Fußbodenbelag in Holzoptik ist zerkratzt und hat Risse, während die verputzte Wand dringend einmal gestrichen werden müsste. Doch ich habe schon Schlimmeres gesehen. Aber wo sind die ganzen Leute? Wissen sie etwa Bescheid?
    Die Menschen in dieser Stadt haben ein unheimliches Gespür dafür entwickelt, wann es besser ist, wegzuschauen. Vielleicht weil die Dregs schon so lange hier sind, dass ungewöhnliche Ereignisse zu etwas Normalem geworden sind. Das Ungewöhnliche zu ignorieren ist einfacher, als zu versuchen, es zu erklären. Diejenigen von uns, die die Wahrheit kennen, schlafen kein bisschen ruhiger als die Unwissenden.
    Bei der unheimlichen Stille stellen sich mir die Nackenhaare auf. Jeder leichte Fußtritt dröhnt wie ein Kanonenschuss in meinen Ohren, und mir dreht sich der Magen um. Was auch immer in Wohnung G ist, es ist nichts Gutes.
    Ash bleibt vor unserem Ziel stehen. Die Tür ist nicht bemerkenswert, sie ist aus billigem Holz und lässt sich mit einem gut plazierten Tritt öffnen. Doch das ist nicht nötig: Die Polizisten, die von den Nachbarn gerufen wurden, hatten die Anweisung, die Tür nicht abzuschließen. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie die Untersuchung des Tatorts nur allzu gerne jemand anderem überließen. Allerdings wissen die städtischen Polizisten nichts von den Triaden – nichts Genaues jedenfalls.
    Unsere Handler haben Plaketten, die sie als Beamte der Spezialeinheit auswiesen – angeblich eine streng geheime Abteilung der Städtischen Polizeibehörde, an die man schwerer herankommt als an die Wäsche einer Nonne. Mit Hilfe dieser Dienstmarke können Handler Tatorte von Dregverbrechen übernehmen, damit wir Jäger uns dort ungestört tummeln können, ohne dass Fragen gestellt werden. Ein bisschen so wie in den Fernsehserien, wenn FBI-Leute kommen und den örtlichen Polizeiämtern die Fälle aus der Hand nehmen. Ich glaube, das hängt irgendwie mit der Rechtsprechung zusammen oder so.
    Hinter den Dregs aufzuräumen ist schlichtweg unser Job.
    Ash dreht den Türknauf und hält schnüffelnd inne. Auch ich kann das Blut riechen. Es riecht herb und metallisch. Selbst durch die geschlossene Tür ist der Geruch so deutlich wahrzunehmen, dass ich beinahe nicht wissen will, was uns drinnen erwartet. Allerdings haut mich so leicht nichts um, und schon allein wegen meiner Neugierde ist es mir nicht möglich, allein im Flur zurückzubleiben. Ash öffnet die Tür, und uns schlägt ein Schwall warmer, blutgeschwängerter Luft entgegen.
    Ash würgt, und Jesse wird totenbleich. Ich atme durch den Mund und lasse meinen älteren Teamkameraden den Vortritt.
    Ein letztes Mal gehe ich unsere spärlichen Informationen durch. In der Wohnung lebt eine gewisse Rebecca Trainor, die gerade ihre Ausbildung zur Krankenschwester macht, seit beinahe zwei Wochen jedoch nicht mehr zum Unterricht erschienen ist. Ein Nachbar hat sie in den vergangenen sechs Monaten wohl hin und wieder mit einem jungen Mann gesehen, der wahrscheinlich ihr Freund ist. Seinen Namen wusste er leider nicht und konnte lediglich eine vage Beschreibung abgeben. Derselbe Nachbar – ein wahrer Informationsquell – hat während der letzten zwei Wochen viele Streitereien und Schreie gehört. Vor allen Dingen Rebeccas Stimme war zu hören gewesen, doch erst beim Klang des panischen Schreis eines Mannes hat jemand die Polizei gerufen.
    Wenn man all das zusammenzählt und zusätzlich die Tatsache bedenkt, dass wir eingeschaltet worden sind, deutet alles auf einen Angriff von Dregs hin. Es könnte gut sein, dass diese Rebecca gebissen und infiziert wurde und ihr Liebhaber nicht gewusst hat, was er mit seiner halbvampirischen Freundin anfangen soll. Zumindest nicht bis heute Nacht, als sie Hackfleisch aus ihrem Freund gemacht hat.
    Als wir die Wohnung endlich betreten, muss ich

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