Die Rache der Kinder
Versöhnung nahe kommen; dann aber hatte ihr verdammtes prämenstruelles Syndrom sich mit ihrer Angst und ihrer noch immer schwelenden Wut vermischt und alles zerstört.
Heute, an diesem eisigen Freitagnachmittag, traf sie an der Wohnung ihres Vaters ein, fest entschlossen, es noch einmal mit Delia zu versuchen – größtenteils ihrem Vater zuliebe, aber auch, weil es ihre Chance war, eine schlimme Woche doch noch zum Guten zu wenden. Wenn sie wenigstens eine lauwarme halbe Stunde mit Delia Price durchstehen konnte, war alles möglich.
Es begann mit der Weihnachtsdekoration.
»Das sieht wunderbar aus«, brachte Kate hervor. Sie stand auf dem makellosen Parkett und schaute in den weitläufigen Wohn-Ess-Bereich.
Tatsächlich stimmte das sogar – sofern man in einem Ausstellungsraum leben wollte. Nicht eine Christbaumkugel war am falschen Platz. Jede Menge Style, aber kein Hauch von Wärme.
»Das hat Delia gemacht«, sagte Michael.
»Das bezweifle ich nicht«, erwiderte Kate.
Ihr Vater und Delia schauten sich einmütig an. Gegen ihre Skepsis, gegen sie .
»Ich hab uns was Thailändisches zu essen geholt«, sagte Kate und hielt die Tüte hoch.
»Ich wünschte, du hättest das nicht getan, Liebling«, sagte Michael. »Ich wollte es dir gerade erklären, als du angerufen hast, aber du hast einfach aufgelegt.«
»Wenn ihr schon gegessen habt«, sagte Kate, »könnt ihr es euch ja zum Abendessen warm machen.«
»Nur dass wir da in Amsterdam sind«, sagte Delia.
»Wir sind gerade beim Packen«, fügte Kates Vater hinzu.
Wieder tauschten sie einen Blick. Liebende, die gemeinsam fortgehen wollten.
»Es tut uns wirklich leid«, sagte Delia.
Ja, ja , dachte Kate und sagte: »Tja, ich gehe dann wieder.«
»Warum isst du nicht selbst etwas?«, schlug Michael vor. »Wir können dann beim Packen immer mal wieder vorbeikommen und uns was nehmen.«
»Das ist nicht gerade die beste Idee«, sagte Delia. »Du könntest Thai-Essen auf dein Hemd bekommen.«
Kate ermahnte sich, nicht zu vergessen, dass dies die Frau war, die Michaels Leben umgekrempelt hatte.
Und die Frau, die jegliche Hoffnung zerschlagen hatte, dass ihre Eltern doch noch einmal zusammenfinden könnten.
»Können wir uns nicht einfach ein bisschen zusammensetzen?« Kate richtete die Frage an ihren Vater. »Du musst das Essen ja nicht anfassen.«
»Ja, mach das doch, Mike«, sagte Delia. »Ich packe dann fertig.«
Kate hasste es, wenn sie ihn so nannte.
»Wirklich?« Michael sah glücklich aus.
»Solange es dir nichts ausmacht, dass ich lauter falsche Sachen einpacke«, entgegnete Delia.
»Um wie viel Uhr geht euer Flug?«, fragte Kate.
»Erst nach sechs«, antwortete Michael.
»Na, dann haben wir ja noch jede Menge Zeit«, stellte Kate fest.
»Eigentlich nicht«, widersprach Delia. »Wenn wir noch bei diesen Leuten vorbeiwollen …«
»Oje!«, rief Michael. »Das habe ich ganz vergessen.«
»Neue Kunden«, erklärte Delia.
»Schon verstanden«, sagte Kate. »Da bleibt für mich keine Zeit, stimmt’s?«
Die düstere, hormonelle, selbstsüchtige Stimmung brodelte wieder an die Oberfläche.
»Liebling, sei doch nicht …«
»Was soll eigentlich dieses ständige ›Liebling‹, Dad?« So hatte er sie in der Vor-Delia-Zeit kaum einmal genannt, zumindest nicht auf so theatralische Weise.
»Ist das jetzt auch schon eine Sünde?«, erkundigte sich Delia. »So wie übers Wochenende zu verreisen?«
»Ja, es wäre nett gewesen, das zu wissen.«
Was natürlich Unsinn war, und das wusste Kate, aber sie konnte sich einfach nicht mehr beherrschen.
»Sag mal, ist alles okay mit dir?«, fragte ihr Vater.
»Kümmert dich das denn?«, konterte Kate.
»Himmel!«, seufzte Delia.
»Kate, hör auf damit«, verlangte ihr Vater.
»Ist schon gut«, sagte Delia.
»Nein, das ist es nicht«, widersprach er.
»In Zeiten wie diesen«, sagte Kate, »verstehe ich, warum Mom mit dem Trinken angefangen hat.«
Das war weder sonderlich originell noch das erste Mal, dass sie es gesagt hatte.
Ihr Vater erwiderte nichts darauf, doch die Enttäuschung war ihm deutlich anzusehen.
»Sie sagt, bevor sie dich geheiratet hat, habe sie nie getrunken, um der Wirklichkeit zu entfliehen, und ich glaube ihr.«
Wenn sie erst einmal angefangen hatte, war sie nicht mehr aufzuhalten.
Genau wie Bel in der Vergangenheit.
»Worum geht es hier eigentlich, Kate?«, fragte Michael gereizt.
»Ach, verpisst euch doch nach Amsterdam und amüsiert euch«, sagte sie.
Na, das war ja
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