Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rache der Kinder

Die Rache der Kinder

Titel: Die Rache der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
Vom Netzwerk:
erzählt?« Ralph war besorgt.
    »Nichts«, versicherte Roger ihr. »Das sind alles nur Gerüchte.«
    »Wir müssen uns treffen«, sagte Ralph.
    »Ich glaube nicht, dass Zeit dafür ist.«
    »Dann müssen wir es den anderen wenigstens sagen«, beharrte Ralph auf ihrer Meinung.
    »Natürlich.« Roger hielt kurz inne. »Ich nehme an, das kann arrangiert werden … für den richtigen Preis.«
    »Und mit ›das‹ meinst du, ihn zum Schweigen zu bringen?«
    »Für immer.«
    Ralph lief ein Schauder des Entsetzens über den Rücken. »Mein Gott.«
    »Ja«, sagte Roger. »Jetzt ist nichts mehr einfach oder sicher, stimmt’s, Häuptling?«
    »Könnten wir ihn nicht einfach noch mal daran erinnern, wie es ihm ergeht, wenn jemand von den Fotos erfährt?« Ralph hatte plötzlich das Gefühl, als müsse sie um ihre unsterbliche Seele kämpfen. »Das hat beim ersten Mal doch auch funktioniert.«
    »Vertrau mir. Gerade wegen der Fotos kann das arrangiert werden – keine Fragen«, erklärte Roger. »Der Hass gegen solche Leute ist unglaublich.«
    »Aber würde eine Tracht Prügel ihn nicht auch ruhigstellen?« Ralph klammerte sich an einen Strohhalm.
    »Für wie lange?«, erwiderte Roger. »Glaubst du wirklich, wir können dieses Risiko eingehen?«
    Ralph nahm sich einen Moment Zeit. Sie dachte an Simon, die lieber den Lehrer verpfiffen als das Spiel gespielt hätte und in vieler Hinsicht noch immer die Unschuldigste von ihnen war.
    »Wie viel?«, fragte Ralph.
    Und sie wusste sofort, dass sie verloren war.
    Ralph fürchtete sich davor, mit den anderen zu sprechen, tat es aber doch.
    Sie alle wussten, dass es ein gewaltiger Schritt in den Abgrund war; dennoch willigten alle ein, diesen Schritt zu tun. Ralph überkam ein düsteres Gefühl der Beklemmung. Es war, als hätten sie alle gewusst, dass es irgendwann so weit kommen würde.
    Jack war zunächst schockiert gewesen, hatte jedoch rasch den Sinn erkannt, und Piggy wiederum hatte mehr Angst um Simon gehabt als um sich selbst, weshalb er auch nicht so vehement widersprach, wie es sonst vielleicht der Fall gewesen wäre.
    »Ich will das nicht«, hatte Simon gesagt. »Das ist falsch.«
    »Das will keiner von uns«, hatte Ralph erwidert.
    »Aber du hast mehr oder weniger gesagt, es sei um meinetwillen.«
    Ralph hörte ihre Verzweiflung. »Es ist für uns alle«, sagte sie. »Wie immer.«
    »Aber wenn ihm etwas passiert«, fuhr Simon fort, »werden sie doch bestimmt weiter zurückgehen und wissen wollen, was im Vorfeld wirklich geschehen ist.«
    »Nur wird er nicht mehr da sein, um irgendwelche Aussagen zu machen«, sagte Ralph.
    Simon schwieg einen Moment.
    »Wir werden das wirklich tun, nicht wahr?«, fragte sie schließlich.
    »Ich glaube, wir haben gar keine andere Wahl«, antwortete Ralph.
    Alle versuchten, die Wahrheit auszusperren: dass sie eine der größten und schlimmsten Sünden begehen würden und dass nichts von alledem ein Spiel war. Natürlich half ihnen das Wissen um Mitchams Bösartigkeit, und der Wunsch, Simon zu beschützen, vermittelte ihnen das Gefühl, keine Wahl zu haben. Alle, so glaubte Ralph, hatten Angst, die Gruppe zu zerstören und die Freundschaft zu ruinieren, die ihnen mehr bedeutete als alles andere auf der Welt. Also hielten sie zusammen und stimmten dem Plan zu.
    Dem Mord.
    Die Tat war nicht nur im moralischen Sinne kostspielig. Weder Simon noch Roger konnten viel dazu beitragen, doch Jack hatte ein wenig Bargeld zusammengekratzt, und Piggy wollte ebenfalls seinen Teil dazugeben. Ralph wiederum wusste, dass es ihre Pflicht war, den Löwenanteil zu übernehmen.
    Nun gehen unsere unsterblichen Seelen also wirklich über den Jordan, sinnierte sie.
    Und meine vorneweg.
    Das Mitcham-Spiel hatte in der Tat alles verändert. Nun gab es kein Zurück mehr, und sie alle wussten es.
    Doch wie sich herausstellte, war es nur ein Probelauf für das ultimative Spiel.

Zweiter Teil: DAS SPIEL

26. Kate
    Als gäbe es nicht schon Probleme genug, kam jetzt auch noch Nebel auf.
    Keine dicke Suppe, aber schlimm genug, dass die letzte Meile nach Caisléan äußerst anstrengend für die Augen war. Selbst leichter Nebel reichte aus, um einen die Orientierung verlieren zu lassen, das Vertraute zu verschleiern und einem das Gefühl zu vermitteln, als würde die Landschaft sich ständig verändern.
    Als Kate im Scheinwerferlicht den Wegweiser sah, den sie und Rob an der Abzweigung zu dem Holperpfad errichtet hatten, der von der Straße über die Weiden und Wiesen bis zur

Weitere Kostenlose Bücher