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Die Rache der Kinder

Die Rache der Kinder

Titel: Die Rache der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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aufzutauchen.
    Laurie hatte diese beiden Ansichten für sich selbst gemalt und festgestellt, dass sie beim Betrachten jene Aufregung entfachten, die sie stets empfand, kurz bevor sie im Heim eintraf und ihren Sohn wiedersah. Sie fragte sich, wie er wohl aussehen würde, welche Veränderungen er in den letzten vierzehn Tagen durchgemacht hatte und ob seine braunen Augen noch immer zu leuchten begannen, wenn er sie sah, oder ob er in Gedanken woanders sein würde – was bis jetzt nicht geschehen war, doch Laurie wusste, dass er größer wurde und dass es eines Tages passieren würde, vielleicht sogar heute …
    Nein, nicht heute.
    Sie sah das Fahrzeug, das die kleine Straße versperrte: Ein weißer Van stand quer auf dem Asphalt und machte es unmöglich, den Fahrer zu sehen.
    Laurie bremste den Polo auf Schritttempo und blieb dann stehen.
    Sie hatte es nicht eilig, denn sie war früh dran, und Sam warvielleicht noch nicht fertig; also war es kein Problem für sie, in den grünen Schatten zu sitzen und sich noch ein paar zusätzliche Augenblicke auf ihren Sohn zu freuen.
    Doch der Van fuhr einfach nicht weg, und nirgends war jemand zu sehen. Sicherlich lud der Wagen doch hier nichts aus, nicht mitten im Wald …? Aber die Motorhaube stand offen. Wahrscheinlich hatte der Wagen eine Panne gehabt. Laurie beschloss, lieber etwas zu unternehmen. Es musste doch noch eine andere Zufahrt zum Rudolf Mann House geben, nur wusste Laurie nicht, wo. Plötzlich machte sie sich Sorgen. Vielleicht war Sam ja früh dran, und sie hatte ihn in den acht Jahren noch nie warten lassen.
    Sie hupte kurz, nur um den Fahrer wissen zu lassen, dass sie hier wartete.
    Nichts.
    Vielleicht war er Hilfe holen. In dem Fall …
    Laurie öffnete die Tür und stieg aus.
    »Hallo?«
    Sie schaute die Straße zurück, sah aber keine anderen Wagen. Das tat sie nur selten um diese Zeit, denn die Besuchszeiten begannen um neun. Ihre Acht-Uhr-Termine waren schon vor Jahren vereinbart worden, lange vor den Restriktionen, was ihre Besuche betraf.
    »Hallo?«, rief sie noch einmal.
    »Hier hinten!«, rief eine Frauenstimme zurück. »Hab ’ne Panne mit dem Van. Tut mir leid.«
    »Kann ich helfen?«, fragte Laurie.
    »Ich kann Sie nicht verstehen«, rief die Frau. »Können Sie zu mir kommen?«
    »Okay.« Laurie erinnerte sich an ihr Handy im VW. »Ich könnte jemanden für Sie anrufen.«
    Diesmal antwortete die Frau nicht; also ging Laurie zu dem Van und um das Fahrzeug herum. Sie schaute in Richtung des Heims und schätzte, dass sie und Sam nur noch gut eine halbe Meile voneinander trennte. Falls nötig, konnte sie die Strecke laufen.
    »Hallo, Laurie.«
    Es war eine andere, eine männliche Stimme. Sie kam von hinten.
    Laurie erschrak, wollte sich umdrehen …
    Der Arm, der sich um ihre Hüfte legte, war kräftig. Ein weiterer packte sie im Nacken, und eine behandschuhte Hand legte sich auf ihren Mund. Ehe sie schreien konnte, wurde sie von den Beinen gerissen und zur Ladefläche des Vans geschleppt.
    Laurie sah zwei Gestalten – schreckliche Gestalten –, die sie in den Van warfen, ins Dunkle. Sie prallte mit dem Rücken auf, und der Schlag ließ das Metall dröhnen. Eine Sekunde lang war ihr Mund von der Hand befreit, und sie begann zu schreien. Dann wurde ihr etwas Feuchtes, furchtbar Stinkendes auf Mund und Nase gedrückt. In ihrem Kopf begann sich alles zu drehen. Schreckliche Übelkeit überkam sie, und dann …
    Sam würde warten.
    Das war ihr letzter Gedanke.

43. Das Spiel
    Wenn jemand Kate gesagt hätte, dass es in ihrer gegenwärtigen Situation möglich sei, sich zu langweilen – sie hätte demjenigen vermutlich erwidert, er solle sich erst einmal ein Gehirn zulegen.
    Doch diese Frau, diese große, schlanke, gesichtslose Kreatur mit der überraschend schönen Stimme hatte kein einziges Mal gesprochen, seit sie Kate ins Badezimmer geschleppt und ihr die Demütigung gestattet hatte, vor ihr zu pinkeln. Sie hatte sich neben Kate aufs Sofa gesetzt, ein Musterbeispiel an Selbstbeherrschung, und das trieb ihre Gefangene schier in den Wahnsinn. Alles war besser als das.
    Fast alles.
    Dann, vor gut fünfzehn Minuten, hatte es sich geändert.
    Roger war aufgestanden, zum Fenster gegangen und hatte zwischen den noch immer zugezogenen Vorhängen hindurch ins Tageslicht gespäht. Der Nebel war verschwunden; das zumindest konnte Kate sehen. Dann war Roger zum Sofa zurückgekehrt und hatte sich wieder gesetzt.
    Ihr ruhige Fassade hatte kleine Risse

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