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Die Rache der Kinder

Die Rache der Kinder

Titel: Die Rache der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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sei, seine Stimme zu hören, doch er dürfe das nicht noch einmal tun.
    »Nur im äußersten Notfall«, hatte sie gesagt.
    Und damit war das Gespräch beendet.
    Ralph hatte die ganze Zeit gewusst, dass keiner von ihnen wirklich in der Lage sein würde, ganz aufzuhören.
    Nicht nur, weil sie sowohl nach dem Spiel als auch nach der Gruppe süchtig waren. Nicht einmal, weil sie einander liebten.
    Es war vielmehr das, was sie alle seit Simons Tod tief in ihrem Innern gewusst hatten.
    Dass dieses Spiel noch nicht vorbei war.

61. Kate
    »Ich komme nur dieses eine Mal mit«, erinnerte Kate ihre Mutter Donnerstagmittag am Telefon, »um dich zu unterstützen, klar?«
    »Ich weiß«, sagte Bel, »und ich bin dir dankbar dafür.«
    »Solange den anderen klar ist, dass ich nicht über mich selbst reden werde.«
    »Das habe ich der Organisatorin schon gesagt«, erwiderte Bel. »Aber warum wartest du nicht erst einmal ab, wie du dich fühlst, wenn du da bist?«
    Kate war sofort klar, dass sie hier und jetzt einen Rückzieher hätte machen sollen.
    Das Treffen fand im Wohnzimmer eines viktorianischen Reihenhauses in East Reading statt. Der Raum stand voll mit nicht zueinanderpassenden Stühlen und Hockern, auf deneneine ebenso bunt zusammengewürfelte Gruppe von Männern und Frauen saß. Die Meisten bedienten sich an Styroporbechern mit starkem Tee und Vanillekuchen, ehe sie sich hinsetzten und sich nacheinander den Frust von der Seele redeten.
    Zu ihrer Überraschung empfand Kate das alles keineswegs als deprimierend, sondern als durchaus tolerabel, sogar als interessant, denn es war deutlich zu spüren, wie froh und erleichtert diese Menschen waren, hier zu sein und sich zum ersten Mal seit dem letzten Treffen endlich wieder ihre Probleme von der Seele reden zu können.
    Jedenfalls galt das für die ersten zwanzig Minuten. Dann öffnete sich die Tür.
    »Entschuldigung«, sagte Sandi West und betrat den Raum.
    Kate warf Bel einen vorwurfsvollen Blick zu und sah, wie ihre Mutter errötete.
    »Ich hatte keine Ahnung, dass sie kommt«, flüsterte Bel. »Sollen wir gehen?«
    Kate schüttelte den Kopf. Sie war verärgert, aber nicht bereit, Sandi die Genugtuung zu geben und den Schwanz einzuziehen.
    Die ehemalige Freundin ihrer Mutter stützte sich mehr auf ihren Stock, als Kate es von vorhergegangenen Begegnungen in Erinnerung hatte. Und sie sah erschöpft und müde aus. Ihr blasses Gesicht war verhärmt, und ihre Augen reagierten mit offensichtlicher Traurigkeit auf Bels Unbehagen.
    Kate empfand einen Hauch von Mitleid und dann sogar von Scham.
    Doch das alles war binnen weniger Augenblicke wie weggeblasen, als Sandi sich auf das ohnehin schon überladene Sofaquetschte, tief durchatmete, sich mit einem lauten Stöhnen wieder erhob – sie übertrieb es unübersehbar – und eine Frage an Kate richtete.
    »Hast du das Gefühl, du würdest dich nach deiner schrecklichen Erfahrung wieder erholen, Kate?«, fragte Sandi.
    Kate spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg, doch sie wahrte die Fassung.
    »Ja, danke, Sandi«, antwortete sie. »Obwohl ich lieber nicht darüber sprechen möchte.«
    Ein weiteres Mitglied der Gruppe stand auf, bereit, über seine eigene Depression zu sprechen, seit er vor fünf Monaten seine Schwester verloren hatte.
    Kate entspannte sich wieder.
    »Noch eine Frage an Kate.« Diesmal blieb Sandi sitzen. »Ich habe mich gefragt, ob du vorhast, zu Laurie Moons Beerdigung zu gehen.«
    Kate wollte ihren Ohren nicht trauen.
    »Ich finde«, ihre Stimme zitterte vor Wut, »das geht dich nichts an.«
    »Ich hoffe, du empfindest nicht allzu große Schuld wegen ihres Todes.« Sandi blieb hartnäckig.
    »Hast du Kate nicht gehört?«, fragte Bel mit scharfer Stimme.
    Kate warf ihrer Mutter ein rasches Lächeln zu.
    »Weißt du schon, warum diese Leute dich ausgesucht haben?« Sandi war wie der schlimmste Reporter – jene Art von Journalist, die ihrem gesamten Berufsstand einen schlechten Ruf bescherte.
    »Offenbar bist du nicht nur unsensibel, sondern auch taub und dumm«, sagte Kate.
    Jetzt war es um ihre Fassung geschehen.
    »Themenwechsel, bitte«, sagte jemand.
    Es war die Organisatorin, eine Frau mit Namen Mary, die Bel ihrer Tochter zu Anfang vorgestellt hatte. Nun warf Kate der älteren Frau einen bewundernden Blick zu, als diese geschickt und entschlossen die Aufmerksamkeit von Kate ablenkte und Sandi damit zum Schweigen brachte.
    Es folgte eine Gruppendiskussion über das Für und Wider kognitiver Therapien.

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