Die Rache der Liebe
aus, ließ Erika aber los. Im selben Moment schoss ihre Faust nach vorn, landete jedoch ohne jede Wirkung - außer, dass noch mehr Salz von ihm abfiel - auf seinem kräftigen Oberarm.
»Was, im Namen der Götter, ist in dich gefahren, Weib?« brüllte Selig.
»Du bist ein Lügner, Wikinger!« schrie sie. »Ein widerlicher Lügner! Und ein abscheulicher Lüstling obendrein! Aye, wie ein alter, sabbernder Lüstling gebärdest du dich! «
Er hatte keine Vorstellung, womit er sie angelogen haben könnte, dafür dämmerte ihm freilich, weshalb sie ihn als Lüstling beschimpfte, und abermals spiegelte sich Ungläubigkeit in seinem Gesicht. »Du bist eifersüchtig?«
»Ich bin angewidert!« berichtigte sie ihn.
»Du bist eifersüchtig!« beharrte er, und plötzlich kräuselten sich seine Lippen zu einem Grinsen.
Sie bohrte einen Finger in seine Brust. »Es ist mir gleichgültig, wie viele Frauen du bedienst, aber mich wirst du nicht in diese Schar einreihen und dann zu ihnen zurückkehren. Das hat nichts mit Eifersucht zu tun. Das ist lediglich ein Verhalten, das ich als deine Ehefrau nicht dulden werde!«
Wäre sie bei klarem Verstand gewesen, hätte sie gewusst , dass sie ihre Grenzen überschritt. Eine Ehefrau schrieb ihrem Gatten nichts vor; einer Ehefrau wurden Vorschriften gemacht. Doch zufällig kam nun Selig aus einer Familie, in der die Frauen für ihren Widerspruchsgeist berüchtigt waren. Und so war er über Erikas Wutausbruch auch nicht gekränkt oder gar verärgert. Im Gegenteil, er freute sich, dass sie ihre Rechte einforderte, weil ihm ihr Beweggrund gefiel: Sie war eifersüchtig.
Noch immer grinste er. Er konnte nichts dagegen tun. »Da du also nicht eifersüchtig, sondern nur angewidert bist, würde ich gern erfahren, was deinen Widerwillen hervorgerufen hat.«
»Ach, willst du etwa den Einfaltspinsel spielen? Oder den Spaßvogel ? Ich bin nicht blind!«
»Ah, sie!«
»Aye, sie! Und solange sie unter diesem Dach wohnt, werde ich zu meinem Bruder ziehen! «
»Nay, das ist ausgeschlossen!«
»Dann schaff sie dir vom Hals! «
Genau das hatte Selig schon vor einigen Tagen beschlossen. Lida war eine ungemeine Nervensäge, da sie sich schlichtweg weigerte, eine Abfuhr hinzunehmen. Dennoch gab sich Selig nun den Anschein, als sei diese Überlegung für ihn völlig neu.
»Keine schlechte Idee. Ich werde meine Männer fragen, ob einer von ihnen Lida zur Ehefrau nehmen möchte.« Doch plötzlich überlegte er es sich anders. »Nay, sie war teuer. Ich bezweifle, dass einer der Männer bereit sein wird, ihren Preis zu zahlen.«
»Dann senk den Preis!«
Der Blick, mit dem er seine Gemahlin maß, verriet, dass er dieses Ansinnen für verrückt hielt. »Und nur, weil du eifersüchtig bist, einen Verlust hinnehmen?«
»Ich ... bin ... nicht ... !«
»Ich werde bezahlen!«
Der Einwurf stammte von Ivarr. Er gab sich jede Mühe, sein Grinsen zu verbergen. Die restliche Schar, die sich mittlerweile um die beiden Streitenden versammelt hatte, war weniger taktvoll. Ein jeder feixte, kicherte oder lachte schallend unter lautem Schenkelklopfen. Thorolf krümmte sich vor lauter Lachen sogar auf dem Boden.
Erika war weniger belustigt. Sie mochte zwar genau das erreicht haben, was sie wollte, aber es kam einen Tag zu spät. Für sie war mittlerweile bewiesen, dass ihr Gatte niemals treu sein würde. Er fand dieses Thema anscheinend sehr erheiternd. Aber auf sie traf das nicht zu.
Während nun Selig und Ivarr über Lidas Preis feilschten, huschte Erika aus der Halle. Ehe sie die Stufen erklomm, erhaschte sie einen Blick auf Lida. Die junge Frau verfolgte gespannt die Vorgänge und war offensichtlich geschmeichelt, der Gegenstand eines solchen Zwistes zu sein. Die Tatsache, dass sie an einen anderen Mann verkauft werden sollte, schien sie weder zu bestürzen noch zu enttäuschen.
Dafür wurde Erika mit einiger Verzweiflung bewußt, dass ihre Reaktion, wäre sie an Lidas Stelle, eine gänzlich andere gewesen wäre. Sie wäre am Boden zerstört gewesen, wenn Selig sie verstoßen hätte. Süße Freya, war sie denn tatsächlich so närrisch, sich in den eigenen Gatten verliebt zu haben, genauso, wie seine Schwester es prophezeit hatte?
40
Selig wartete bis Sonnenuntergang, ehe er sich auf die Suche nach seiner Gemahlin machte. Er fand sie in der Küche, wo sie die letzten Vorbereitungen für das Abendessen überwachte. Etwas früher am Tag war Selig ebenfalls in der Küche gewesen, um die zuvor bestellten
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