Die Rache der Liebe
abgewiesen zu werden. Und offen gesagt, wieso sollte er auch, wenn er Frauen wie diese Lida zur freien Verfügung hatte?
Vielleicht sollte sie sich doch nicht bei ihm entschuldigen!
Turgeis hatte in seiner Kammer auf sie gewartet. Er hatte die Tür offengelassen, damit er sie hören könnte, wenn sie vorbeiginge, und die Zeit genutzt, seine Waffen zu schleifen. Nach einem kurzen Grunzlaut als Begrüßung folgte er ihr nun nach unten in die Halle. Er verhielt sich wie immer, wenngleich Erika gerade heute mehr von ihm erwartet hätte: Immerhin wußte er, dass Selig erstmals die Nacht bei ihr verbracht hatte.
Die Halle war nahezu leer - kein Wunder, in Anbetracht der späten Morgenstunde. Wie gewöhnlich begab sich Turgeis für sein Frühstücksmahl an einen anderen Tisch. Doch heute war Erika nach Gesellschaft zumute, selbst wenn es eine schweigende wäre, und so brach sie mit der Tradition und setzte sich zu ihm.
»Das solltest du nicht tun«, brummte er.
Erika ignorierte ihn einfach. Golda hingegen, die seine Worte vernommen hatte, erhob Einspruch. »Sie ist hier die Herrin«, wies sie ihn mit scharfem Tadel zurecht. »Sie kann tun, was ihr beliebt!«
Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, erfreute Erika aber trotzdem. Turgeis gab keinen Kommentar von sich, sondern funkelte die Frau grimmig an, bis diese schließlich wegging.
Erika grinste verstohlen hinter vorgehaltener Hand. Ihr war bereits mehrfach aufgefallen, dass Golda Turgeis gern als Zielscheibe für Beschwerden oder Spott auswählte, und wenn Erika Turgeis' finstere Miene richtig deutete, so ging ihm dies allmählich mächtig auf die Nerven. Dass er nie etwas darauf erwiderte oder anderweitig reagierte, war nun mal seine Art.
Als er Erikas musternden Blick gewahr Wurde, grunzte er: »Die Frau ist eine böse, alte Vettel!«
Erika zeigte nun offen ihre Belustigung. »Vielleicht ist das ein Zeichen ihrer Gunst, dass sie immer dich als Zielscheibe aussucht! « neckte sie ihn.
Turgeis lief rot an. Erika konnte sich nicht erinnern, ihren Freund jemals beim Erröten ertappt zu haben. Seine Augen wanderten abermals zu Golda, und diesmal meinte Erika darin einen neuen Ausdruck zu entdecken. Fassungslos starrte sie ihren Freund an. Sie hatte ihn nur ein wenig necken wollen, aber was, wenn sie nun recht hatte?
Auch Erikas Blick schweifte nun zu Golda hinüber, und sie fragte sich, ob sie vielleicht doch noch einmal den Versuch unternehmen sollte, für Turgeis bei einer Frau vorzusprechen. Aber nay, sie hatte selbst genügend Probleme. Und Goldas Verhalten war nicht unbedingt ermutigend. Abgesehen davon, sollte Turgeis wirklich interessiert sein, könnte er selbst die Initiative ergreifen.
Als sie mit ihrem Mahl so gut wie fertig waren, fragte sie ihn: »Weißt du, wo sich Selig heute Morgen befindet?«
»Er arbeitet am Festungswall.«
Sie hätte es sich denken können. Wenn Selig nicht gerade auf Wyndhurst weilte, arbeitete er an der Verteidigungsanlage. So war das schon die ganze Woche über gewesen.
Erika hatte erfahren, dass er die Einweihungsfeier für seine Halle bis zu dem Zeitpunkt, da die äußere Mauer fertiggestellt wäre, verschoben hatte. So wie der Wall jetzt aussah, würde das Fest irgendwann nächste Woche stattfinden.
Sie selbst war auf das Ereignis nicht erpicht. Sie war sich ihrer Rolle dabei nicht sicher, und im Grunde gab es auch nichts, was sie zu feiern wünschte. Aber alle anderen konnten den Tag kaum erwarten, und Dienstboten, Sklaven und Krieger bemühten sich mit vereinten Kräften, den Wall so bald wie möglich fertigzustellen. Im Grunde arbeiteten alle daran, selbst Turgeis, solange sich Erika draußen aufhielt, wo er sie im Auge behalten konnte.
Allerdings begab sich Erika nicht oft an diesen Ort, vor allem dann nicht, wenn Selig ebenfalls dort weilte. Der Grund hierfür war, dass sich die Männer wegen der sommerlichen Hitze meist bis auf ihre Kniehosen auszogen, und ungeachtet der zahlreichen anderen nackten Oberkörper empfand Erika jedes Mal den Anblick von Seligs breiter, muskulöser Brust als überaus beunruhigend. Kein Wunder, dass sie gestern abend so schnell nachgegeben hatte: Sie war schon vorher darauf eingestimmt worden, ohne dies bemerkt zu haben.
Doch da sie zu dieser frühen Stunde noch nicht mit entblößten Oberkörpern zu rechnen hatte, machte sich Erika nun auf den Weg zu ihrem Gemahl. je nachdem, wie er auf ihr Erscheinen reagieren würde, wollte sie sich entweder für ihr Verhalten entschuldigen
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