Die Rache der Liebe
aufgewachsen, nicht weit nördlich von hier, doch sie hatte nun bereits mehr als die Hälfte ihres Lebens in Norwegen verbracht und die Hitze im südlichen Wessex war in der Tat gewöhnungsbedürftig. Sie blieben auch nie lange genug, um sich wirklich akklimatisieren zu können. Brenna wußte, dass Garrick weit mehr unter der Hitze zu leiden hatte als sie selbst und machte deshalb auch nie Einwände, wenn er mit ihr an diesen See, ganz in der Nähe von Wyndhurst, gehen wollte.
Oft fanden sie dort auch Royce und Kristen vor, oder Selig mit irgendeiner Gespielin oder beide Geschwister nebst Gefährten, denn auch Kristen und Selig machten die heißen Sommermonate in Wessex zu schaffen, obwohl sie mittlerweile hier lebten. Brenna verstand das nur allzugut, da auch sie sich alljährlich über die eisigen norwegischen Winter beklagte.
Nun rief sie Garrick zu: »Komm endlich raus, sonst schmilzt du noch!«
Er warf einen Blick zu der hoch am Himmel stehenden Sonne, ehe er schließlich ans Ufer zurückschwamm. »Warum war ich nur so töricht, mich von dir hierherlocken zu lassen?« grummelte er.
Brenna war klar, dass er auf Wessex anspielte, nicht auf den herrlich kühlen See. »Du warst doch derjenige, der diesen Sommer unbedingt seine Enkel sehen wollte!« gab sie zurück, obwohl sie selbst nicht weniger darauf gebrannt hatte.
»Und dafür muss ich nun unter der verfluchten Hitze leiden. Am liebsten würde ich die Kinder mit uns nach Norwegen nehmen. «
»Das wird Royce wohl kaum gestatten.«
» I ch hatte nicht vor, ihn darum zu bitten.«
Sie lachte. Er mochte seinen Schwiegersohn, mochte ihn wirklich, doch ein Teil in ihm war nach wie vor der Auffassung, für seine Tochter sei kein Mann gut genug. Erschwerend kam noch hinzu, dass die Beziehung zwischen ihm und seinem Schwiegersohn mit einem Kampf um Leben und Tod begonnen hatte. Zum Glück war niemand getötet worden, und bald darauf hatte auch die Hochzeit stattgefunden. Doch noch immer legte sich Garrick von Zeit zu Zeit mit seinem Schwiegersohn an. Brenna vermutete, dass er es absichtlich machte, gewissermaßen aus Prinzip. Und sie vermutete auch, dass er Spaß daran hatte.
Derzeit war er auf Royce allerdings ernsthaft wütend; zum einen hatte er Selig mit jenem unseligen Auftrag betraut, der seine Gefangenschaft zur Folge hatte, zum anderen hatte er Kristen nicht daran gehindert, auf eigene Faust zur Befreiung ihres Bruders loszureiten. Als hätte der Angelsachse diese Zwischenfälle verhindern können!
Brenna hatte versucht, ihm das klarzumachen, aber Garrick war zu besorgt um seine beiden Kinder, als dass er ihr Gehör geschenkt hätte. Wären auf Wyndhurst genügend Pferde für ihn und seine Männer vorhanden gewesen, hätte er sich umgehend auf die Suche nach den beiden gemacht. Wenn sie bis morgen noch nicht zurückgekehrt sein sollten, würde er sowieso losreiten.
Brenna hatte ihre Ängste für sich behalten. Sie sorgte sich nicht so sehr um Kristen. Das Mädchen hatte eine kleine Armee als Begleitschutz und einen Gatten auf den Fersen; darüber hinaus hatte Brenna sie alles gelehrt, was sie über den Gebrauch von Waffen wußte - und das war nicht wenig. Aber die Vorstellung, dass ihr Selig eingesperrt war, hilflos unter lauter Fremden, bereitete ihrem Mutterherzen tiefe Qualen.
Es war allseits bekannt, wie Frauen auf ihren ältesten Sohn reagierten, weniger bekannt war freilich, wie Männer, die ihn nicht kannten, auf ihn reagierten, und das war häufig alles andere als positiv. Aufgrund seiner ungewöhnlichen Attraktivität erweckte er in ihnen ungute Gefühle, die der Eifersucht und dem Neid entsprangen, was sie sich jedoch nicht eingestehen konnten und mit feindseligem Gebaren übertünchten. Hinzu kam, dass Selig mit Leib und Seele Krieger war und über genügend Kraft und Können verfügte, um die meisten Männer auf gesundem Abstand zu halten. Aber wenn Selig der Willkür fremder Männer ausgeliefert war, konnten sich seine Gaben für ihn äußerst nachteilig auswirken.
Sollten ihre Kinder bis zum morgigen Tag nicht zurückgekehrt sein, würde sie mit ihrem Gatten losreiten, um herauszufinden, was sie aufhielt. Ihr Gatte würde sicher versuchen, sie daran zu hindern, aber sie würde sich weder von Tod noch Teufel davon abhalten lassen. Doch für den Augenblick schob sie ihre Sorgen beiseite; die warme Brise war zu wohltuend, um sich zu grämen, und neben ihr stand der Mann, den sie liebte, mit nichts als seinen Hosen bekleidet, die ihm nass
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