Die Rache Der Nibelungen
Amboss auseinander, gerade bevor Siegfried sie mit dem Hammer einen wollte.
Hätte er Tage zu zählen gehabt, Siegfried wäre schier verzweifelt. Doch auf der Felsenplatte Ballova war alles gleich, und ein Versuch war so gegenwärtig wie der nächste.
Mit einem Mal verkündete Wieland: »So geht es nicht.«
Siegfried unterbrach die Arbeit und sah den Lehrmeister an, wofür er den Kopf weit in den Nacken legen musste. »Was meinst du?«
Wieland besah sich die Teile Nothungs. »Das Schwert zusammenzufügen ergäbe nicht mehr als ein vormals gebrochenes Schwert. Die jungfräuliche Klinge allein wird dein Freund sein.«
»Was heißt das?«
»Es braucht eine neue Klinge für Nothung, geschmiedet aus dem Metall der alten, die dafür eingeschmolzen wird.«
Siegfried dachte kurz darüber nach, nickte schließlich und warf die Klinge in den Tiegel. »Ein Neuanfang. Das klingt recht in meinen Ohren.«
Der Hüne lächelte wieder krumm. »Dann wird es auch Zeit für die Gänse.«
Wie sich herausstellte, hielt der Schmied der Götter, irgendwo außer Sichtweite, in der Tat einen Käfig mit Gänsen bereit, die aufgeregt schnatterten, als er ihn herbeischleifte.
»Was braucht es das Federvieh?«, wollte Siegfried wissen. »Hunger habe ich keinen.«
»Die Tiere essen wäre Verschwendung. Eines der großen Geheimnisse der Schmiedekunst ist das«, verriet Wieland. »Wenn dein Schwert härter sein soll als das Metall, aus dem es geschmiedet wird, dann lass die Gänse erst die Späne fressen.«
»Wieso?«, fragte Siegfried. »Wie ich es sehe, scheißen sie es aus, wie es oben hereingekommen ist.«
Wieland schüttelte den Kopf. »Und da liegt der Irrtum, guter Siegfried. In den Gedärmen der dummen Viecher braut sich mehr zusammen als bei den Alchemisten. Trennst du das Metall hinterher wieder aus ihren Knütteln, wird es härter sein und geschmeidiger, als du dir wünschen kannst.«
Siegfried hatte keinen Grund, an den Worten Wielands zu zweifeln, so seltsam sie auch waren, und neugierig besah er sich die Gänse im Käfig. Als er nach ihnen tastete, bissen sie kräftig zu.
So feilten sie Nothungs Metall herunter zu Spänen, verfütterten sie zwischen Weizen und Hafer dem Federvieh und warteten die Stunden, bis die Vögel hergaben, was sie nicht mehr brauchen konnten. Es stank scheußlich, aber die Glut des Schmiedefeuers brannte den Kot der Tiere rasch hinfort und ließ nur das Eisen zurück, das nun seltsam blass glänzte, als sei es schon ungeschmiedet poliert.
Siegfried goss das Eisen neu geschmolzen in die Form und hob den Hammer, um Nothung neu zu schmieden. Es dauerte gut zehnmal so lange wie jede Klinge, die er davor von seinem Amboss gelassen hatte. Die Funken sprühten in den Himmel, und schrill schrie das Metall, als gelte es, sich der Formung zu widersetzen.
»Gut so, mein Freund«, lobte Wieland. »Nicht nachlassen. Nothung wird immer unter Schmerzen geboren.«
Irgendwann fühlte Siegfried die Muskeln in den Armen nicht mehr, der Kopf dröhnte vom Lärm, und die Augen sahen nur noch Schlieren aus Glut und Tränen. Der Schmied Wieland musste ihn von hinten packen und vom Amboss wegziehen, als die Arbeit getan war.
»So, gut ist's«, sagte er, und eher widerwillig ließ Siegfried den Hammer fallen und warf die Zange beiseite.
»Nothung ...«, keuchte er.
»... hast du dir vor hundert Schlägen schon untertan gemacht«, vollendete Wieland. Er nahm die noch glühend heiße Klinge und steckte sie in den kleinen Bach, der neben der Esse lief. Es zischte, und eine Dampffontäne spritzte auf wie bei den Geysiren, die Siegfried von Island kannte. Es war das erste Mal seit Ewigkeiten, dass er wieder an etwas anderes dachte als an seine Aufgabe.
Xandria.
Er hatte nicht einmal mehr an Xandria gedacht.
»Und nun der Test der Väter«, unterbrach Wieland seinen Gedanken. Der Hüne zog sich ein dickes schwarzes Haar vom Kopf und warf es ins Wasser, wo es träge davon-zuschwimmen begann.
Der Schmied steckte die Spitze Nothungs in den Bach, direkt in den Weg des Haares. Der Strom trieb es nicht um die Klinge, sondern direkt darauf hinzu.
Und die Klinge teilte das Haar der Länge nach.
»Ha!«
, schrie Wieland begeistert und warf dem immer noch benommenen Siegfried sein Schwert zu. »Gutes Handwerk zahlt sich eben immer noch aus!«
Der Prinz fing das Schwert und wog es in den Händen. Es fühlte sich gut an, warm und versichernd. Die Balance war so perfekt, dass Siegfrieds Arm förmlich nach vorne gezogen wurde,
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