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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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entreißen können, es wäre allenfalls der Beginn eines neuen, schrecklicheren Krieges gewesen. Dem Eroberer von Xanten durfte das Land der Dänen nicht auch noch anheimfallen. So tat Dagfinn, was kalt und zugleich richtig war – er schloss die Grenzen, verstärkte die Truppen an den Punkten, die für die Xantener Flotte leicht zu erreichen waren, und wies seine Gesandten an, den Namen Dagfinn keiner Seite zuzuschlagen.
    Und er bat Eolind, den Hof so schnell wie möglich zu verlassen.
    Es hielt den Ratgeber Gernots auch nicht mehr, denn trotz angestrengter Suche hatte er den jungen Prinzen und seine Freunde nicht finden können. Einen Abend lang hatte er gezweifelt. Vielleicht waren es nicht die jungen Männer gewesen, die er des Nachts gen Dänemark hatte segeln sehen. Vielleicht war diese Annahme, so naheliegend und reizvoll sie gewesen sein mochte, ein Irrweg. Doch dann entschloss sich Eolind, daran nicht zu glauben. Es
musste
Sigurd gewesen sein! Wenn der Prinz nicht geflohen war, dann spielte Wulfgar nun schon mit seinem verwesenden Haupt. Und daran zu glauben war Eolind unmöglich.
    Er lieh sich aus Dagfinns Ställen ein schnelles Pferd, und der dänische König war enttäuscht, wie dankbar er sein musste, Gernots Ratgeber loszuwerden. Seine Eskorte ließ Eolind am Hof zurück, denn von nun an musste er seine Herkunft sorgsam verbergen. Alle Wappen und Insignien hatte er abgelegt, sein Hemd verriet keinen König. Er trieb das Pferd an der dänischen Küste entlang und gönnte dem Tier so wenig Ruhe wie sich selbst. Sollte es doch am Ziel der Reise tot zusammenbrechen – solange er Sigurd fand, war der Preis nicht zu hoch.
    Als Eolind erfahren hatte, dass der isländische Prinz nie bei Hofe angekommen war, hatte er sich an die langen Gespräche mit Sigurd erinnert. Der Junge wollte das Leben suchen und viele Abenteuer. Er hätte wissen müssen, dass die Segel nicht in Richtung Palast zeigen würden. Im Gegenteil – Sigurd würde dort zu finden sein, wo seine Eltern ihn keinesfalls haben wollten. Wo all das geschah, was sich für einen künftigen König nicht ziemte. Wo sich der Prinz Lust, Wut und Langeweile aus dem Körper treiben lassen konnte.
    Und so lenkte Eolind sein Pferd in Richtung Fjällhaven.

    Sie waren am Abend nicht mehr in die Schenke gegangen. Und auch am darauffolgenden Abend nicht. So sehr sich seine Lenden nach Liv sehnten, so wenig hatte Sigurd Lust, der Frau ins Auge zu sehen, die ihn bestohlen hatte. Es tat ihm weh, wenngleich er nicht verstand, warum. Die Hure hatte sich einer Hure gemäß verhalten. Er konnte einem Schmied genauso wenig vorhalten, sein Eisen zu schmieden.
    Stattdessen hatten die drei Isländer ihren Spaß an anderen Orten gesucht – und reichlich gefunden. Solange man genügend Münzen besaß oder Waren zum Tausch, war Fjällhaven der Ort, an dem kein Wunsch unerfüllt blieb, wenn man ihn aussprach. Auch Gelen und Jon waren mittlerweile bei den Weibern erfolgreich gewesen, und ihre Nächte verbrachten sie, wenn auf den Lagern, dann nicht allein. So manches Mal mussten sie dem Besitzer des Langhauses eine Münze nachschieben, um nicht hinausgeworfen zu werden. Bei einem Runenspiel hatten sie einen Esel gewonnen, den Gelen dann bei einem Perser gegen einen Damaszener Dolch getauscht hatte. Solch eine Klinge hatten sie noch nie gesehen – biegsam und dünn, doch von einer ungekannten Schärfe, die selbst an Stein nicht stumpf wurde.
    Zusammen mit einem Nubier hatten sie eine Nacht lang im Kerzenschein ein seltsames Ritual vollzogen, und die Dämpfe fremder, brennender Blätter hatten ihnen die Sinne geöffnet. Jon fand am nächsten Morgen ein gezacktes Brandmal zwischen seinen Schultern, ohne zu wissen, wie es dahin gekommen war.
    Und wenn sie nicht spielten, hurten oder aßen, dann tranken die drei Freunde alles, was ihnen in Kelchen, Schläuchen oder Krügen unter die Nasen gehalten wurde.
    Es war nicht die Reise, die Sigurd sich vorgestellt hatte – es war viel mehr. Es war das pralle Leben. Ihm wurde klar, dass er in Island gelebt hatte wie ein Kind, das der Welt immer nur durch verschlossene Türen lauschte, aber sich niemals selbst in ihr bewegte. Er war ein Zuschauer gewesen, ein Beobachter. Nun war er – endlich! – in der Welt angekommen.
    Er saß mit Jon auf einem Steg und ließ die Beine im Wasser baumeln. Sie hatten soeben nicht wenige Münzen an einen Reisenden verloren, der vorgegeben hatte, König aus einem fernen, fremden Land zu sein, der aber wohl

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