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Die Rache Der Rose

Die Rache Der Rose

Titel: Die Rache Der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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auf das bedrohliche Gewirr von massigen Blüten und sehnigen Zweigen. Einen Pfad hinein schien es nicht zu geben. Doch Fallogard Phatt, der nun die vorderen Griffe der Sänfte übernommen hatte, trabte munter voran und zwang seine kleinere Nichte dadurch zu schnelleren Schritten, um ihr Gleichgewicht und den Schwung ihres Vorankommens zu wahren, bis sie schließlich ihren Onkel zeternd zum Anhalten zwang, als er in den klebrigen, fast reptilischen Wald stürmte.
    Elric war über etwas Schatten froh und lehnte sich an einen nachgebenden Baumstamm. Es kam ihm vor, als sänke er in weiches Fleisch. Er richtete sich wieder auf und verlagerte sein Gewicht auf die Beine. »Zweifellos ist dies das Werk des Chaos«, sagte er. »Diese halbtierischen, halbpflanzlichen Schöpfungen sind mir vertraut; für gewöhnlich sind sie das erste Wachstum, das das Chaos auf einer Welt hervorbringt. Im Wesentlichen sind sie der Auswurf ungeschickter Zaubersprüche, und kein Herrscher von Melnibone, der etwas auf sich halte, hätte für diesen Unsinn Zeit verschwendet. Aber wie Ihr zweifellos schon erfahren habt, hat das Chaos nur sehr wenig Geschmack - wohingegen die Ordnung natürlich viel zuviel Geschmack beweist.«
    Der Marsch durch den Wald stellte sich als einfacher heraus, als sie ihn sich vorgestellt hatten, denn die fleischigen Zweige teilten sich mühelos, und nur gelegentlich verweilte lüstern eine Samenkapsel auf einem Arm oder einer Stelle des Gesichts, während eine schimmernde grüne Ranke den Körper wie mit hebenden Armen umschlang. Diese Dinge waren durch die Kraft des Chaos jedoch nur schwach belebt worden, und Fallogard Phatts Vorankommen wurde kaum für lange Zeit aufgehalten.
    Bis der Dschungel übergangslos nicht mehr organisch war.
    Er wurde kristallin.
    Blasses Licht fiel in tausend Farbtönen durch die Prismen des Walddaches, blitzte und spiegelte sich von Zweig zu Kristallblatt, flutete an Baumstämmen herab und über Baldachine - und Fallogard Phatt setzte seinen unbeirrten Vormarsch durch den Dschungel weiter fort, denn die Kristalle gaben ebenso leicht nach wie die Zweige.
    »Und das ist sicher das Werk der Ordnung?« sagte Charion Phatt zu Elric. »Diese leblose Schönheit?«
    »Wohl wahr…«, sagte Elric; er betrachtete die Art und Weise, in der das Licht in vielfarbigen Strahlen herabströmte, so daß der Boden mit flutendem Schein, der dem Licht von Rubinen und Smaragden und dunklen Amethysten ähnelte, bedeckt war, bis sie knietief durch die reiche Färbung wateten, die auch auf ihrer Haut spielte, so daß Elric endlich seinen Freunden ähnlich wurde, denn alle sahen voller Staunen auf ihre vielfarbige Haut, die zu glitzern und mit den Kristallen um sie herum zu tanzen schien. Dann erreichten und betraten sie eine gewaltige Höhle, in der kühles silbriges Licht herrschte - fernes Wasser schwappte leise an sanfte Ufer, und sie empfanden einen außerordentlichen Frieden, wie ihn Elric zuvor nur in Tanelorn empfunden hatte.
    Und hier hielt Fallogard Phatt an und bedeutete seiner Nichte, die Sänfte auf dem süßduftenden Moos des Höhlenbodens abzusetzen. »Wir haben ein Gebiet betreten, in dem weder Ordnung noch Chaos herrschen - wo vielleicht die Regelung des Gleichgewichts gilt. Hier werden wir Koropith finden. Hier werden wir nach den drei Schwestern suchen.«
    Dann hörten sie irgendwo über ihnen, wo das Höhlendach das Licht der untergehenden Sonne auffing und zu ihnen hinableitete, einen dünnen ärgerlichen Schrei und eine Stimme, die von einer weit entfernten Galerie herabrief:
    »Beeilt euch, ihr Idioten! Kommt herauf! Kommt herauf! Gaynor ist hier! Er hat die Schwestern gefangengenommen!«

DAS ZWEITE KAPITEL
     
    Eine wiedergefundene Rose; weitere Familienfreuden; Gaynors Schandtat wird vereitelt, und endlich werden die Schwestern gefunden - eine weitere sonderbare Wendung des Schicksalsrades.
     
    »Koropith, Freude meines Herzens! Oh, mein Schöner! Oh meine Leibesfrucht!« Fallogard Phatt spähte durch die sich kreuzenden Lichtbalken, durch die Galerien aus grünem Laub und dunklem Fels, durch die duftschweren Blumen und streckte die schlanken Finger nach seinem Sohn aus.
    »Rasch, Vater! Ihr alle! Dort oben! Wir dürfen ihn nicht gewinnen lassen!« Die Stimme des Jungen erklang so klar wie eine Bergquelle. Sie klang verzweifelt.
    Elric hatte Stufen entdeckt, die in die Höhlenwand geschnitten waren. Ohne zu überlegen, begann er sie zu erklettern; Fallogard und Charion Phatt folgten ihm

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