Die Rache des Bombenlegers
die
Beruhigungstropfen aus der Hausapotheke. Einen Arzt wollte und brauchte Elly
nicht. Und den Vorschlag, die Polizei zu verständigen, sprach Tarzan wohlweislich
nicht aus. Wußte er denn, ob dieser Überfall nicht aufs engste mit einem
TKKG-Fall verknüpft war und damit in die Zuständigkeit der vier Freunde fiel?
Die Klavierlehrerin erholte sich
zusehends.
„Für diese Gemeinheit“, sagte sie, „kommt
nur einer in Frage: mein ehemaliger Mann.“
„Wieso?“ fragte Tarzan. „Wissen Sie
denn nicht, wer Sie überfallen hat?“
Sie schüttelte den Kopf. „Es muß
zwischen sechs und halb sieben gewesen sein. Ich saß am Tisch. Vor mir hatte
ich die Edelsteine. Ja, die besagten von Adolf. Ich wollte sie mir noch einmal
ansehen, bevor ich sie morgen in ein Bankfach gebe — wie du ganz richtig
empfohlen hast, Tarzan. Draußen fuhr — ja, ich erinnere mich — ein schwerer
Lastwagen vorbei. Der donnerte und röhrte und rumpelte. Es war ein Höllenlärm.
Deshalb habe ich den Eindringling nicht gehört. Ich wurde erst aufmerksam, als
Pedro plötzlich wild fauchte und aufs Klavier sprang. Zwei Hände packten mich
hinterrücks. Das war im selben Moment. Ich spürte noch einen fürchterlichen
Druck — seitlich am Hals. Dann habe ich das Bewußtsein verloren.“
„Es gibt da so Griffe“, sagte Tarzan. „Wer
die kennt... naja... Sie haben also nichts von dem Einbrecher gesehen?“
„Nichts. Nur gerochen habe ich ihn.
Rasierwasser, glaube ich. Ach so, das noch! Bevor ich ohnmächtig wurde,
steigerte sich Pedros Fauchen zum Kreischen. Ich glaube, er hat den Einbrecher
angegriffen.“
„Bestimmt sogar. Sehen Sie seine Pfoten
an! Alles Blut. Da läuft jetzt einer mit wüst zerkratzten Händen rum. Sie
meinen, das ist Ihr ehemaliger Mann?“
„Wer denn sonst? Nur er wußte, daß ich
die Edelsteine hatte.“
„Sehen wir uns erstmal im Haus um.
Vielleicht wurde irgendwo ein Fenster geknackt, oder die Hintertür steht offen.
Dann könnte es auch ein anderer Einbrecher gewesen sein.“
Sie suchten gemeinsam. Doch alles war
in Ordnung.
„Daraus ergibt sich“, meinte Tarzan,
als sie wieder im Wohnraum waren: „Der Verbrecher hat den Hausschlüssel gehabt.
Ihre Vermutung trifft zu. Es muß Ihr Ex-Mann gewesen sein. Mit dem Schlüssel
konnte er nahezu lautlos eindringen und Sie dann überrumpeln. Sicherlich glaubt
er, die Polizei wird das für einen Überfall der Mittagsräuber halten — die
einfach mal Überstunden machen und auch abends noch tätig sind. Aber seine
zerkratzten Hände werden ihn verraten. Mag Pedro ihn nicht?“
„Pedro hat ihn nie gemocht.“
„Mich wundert“, schaltete Gaby sich
ein, „daß eine so hübsche Schmusekatze so angriffslustig ist.“
„Dazu mußt du wissen, Gaby, daß in
diesen Katzen noch der Instinkt von Raubtieren steckt. Früher waren Siam-Katzen
im Orient darauf abgerichtet, Tempel zu bewachen. Sie sprangen Eindringlinge an
und zerkratzten sie. Das hat auch Pedro getan, als er mich jetzt bedroht sah.
Nur hatte es nicht den gewünschten Erfolg. Leider.“
Die Jungs staunten. Klößchen sah Pedro
ehrfürchtig an und meinte: „Dich habe ich aber unterschätzt. Verwechsele mich
nur nicht mit einem Tempelräuber!“
Lachend sagte Tarzan: „Daß du einen
Tempel ausraubst, ist nicht zu befürchten. Es sei denn, es handelt sich um
einen sogenannten Freßtempel. Aber das fällt dann unter Mundraub, und Pedro
läßt dich ungeschoren, solange du nichts aus seiner Futterschüssel klaust.“
„Soweit bin ich fast“, murmelte
Klößchen.
Sicherlich war das eine schüchterne
Anspielung auf seinen fürchterlichen Hunger. Aber seine Freunde stellten sich
taub. Elly begriff nicht, was gemeint war. Und deutlichere Hinweise wagte
Klößchen angesichts der Situation nicht.
Tarzan straffte sich. „Die Edelsteine,
Frau Burkert, holen wir Ihnen auf der Stelle zurück. Adolf wird sich wundern.
Die Polizei... äh... sollten wir erst später verständigen. In Ordnung?“
Elly nickte.
„Mir ist klar, was er sich gedacht hat“,
fuhr Tarzan fort. „Nach der Plünderung in seinem Haus wollte er den Verlust
möglichst rasch ausgleichen und holte sich deshalb von Ihnen die Edelsteine
zurück. Ist schon ein mieser Typ, dieser Typ.“
„Plünderung?“ fragte Elly erstaunt.
Dann endlich erfuhr sie, was sich am
Nachmittag ereignet hatte.
*
Tintenschwarze Nacht lag über dem
Villen-Viertel. In der Fritz-Meier-Straße brannten Laternen. Auch die
Telefonzelle war beleuchtet.
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